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Nesbø, Jo - Harry Hole - 02

Nesbø, Jo - Harry Hole - 02

Titel: Nesbø, Jo - Harry Hole - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kakerlaken
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hatte.
    Er ließ es unangetastet stehe n, bezahlte und rief vom Telefon neben der Herrentoilette im Präsidium an. Er sah keine Tür für Damen.

    199

    KAPITEL 26
    Eine leichte Brise strich durch seine kurzen Haare. Harry s tand auf einem Mauervorsprung am Rand des Daches und blickte über die Stadt. Wenn er die Augen zusammenkniff, verwandelte sich das Bild in einen zusamm enhängenden Lichterteppich, der glitzerte und blinkte.
    »Komm da runter«, sagte eine Stimme hinter ihm. »Du machst mich nervös.«
    Liz saß mit einer Bierdose in der Hand auf einem Klappstuhl.
    Harry war zurück zum Präsidium gefahren und traf sie begraben unter einem Stapel von Berichten an, die sie lesen sollte. Es war fast Mitternacht und sie sah ein, dass es für diesen Tag an der Zeit war, die Segel zu streichen. Sie schlo ss das Büro ab und dann fuhren sie m it dem Fahrst uhl gemeinsam in die zwölfte Etage. Die Tür zur Dachterrasse war versch lossen, weshalb sie aus einem Fenster kletterten und üb er die Feuerleiter nach oben stiegen.
    Das Horn eines Schiffes heulte plötzlich durch den Verkehrslärm.
    »Hast du das gehört?«, fragte Liz. »Als ich klein war, hat mein Vater immer gesagt, dass m an in Bangkok hören konnte, wie sich die Elefanten zuriefen, we nn sie auf die S chiffe gebracht wurden. Sie kam en aus Malaysia , denn die Wälder in Borneo waren abgeholzt. Die T iere waren an Deck der Schi ffe festge-kettet, die sich auf dem W
    eg zu den W äldern im Norden
    Thailands befanden. Als ich hierher kam, glaubte ich lange, dass diese Geräusche von den Elefanten kommen.«
    Das Echo erstarb.

    200

    »Frau Molnes hat ein Motiv, ab er ist das gut genug? «, fragte Harry und sprang nach unten. »W ürdest du jemanden töten, um sechs Jahre lang über fünfzig Millionen Kronen zu verfügen?«
    »Kommt darauf an, wen ich tö ten müsste«, sagte Liz. »Ich kenne ein paar Leute, die ich gut für weniger beseitigen könn-te.«
    »Ich meine: Sind f ünfzig Millionen über se chs Jahre das Gleiche wie fünf Millionen über sechzig Jahre?«
    »Negativ.«
    »Eben. Verflucht!«
    »Hättest du gerne, dass sie es ist? Frau Molnes?«
    »Am liebsten gar keiner. Ich wi ll bloß, dass wir den Mörder finden, damit ich zurück in die Hölle zu Hause kann.«
    Liz rülpste beeindruckend laut, nickte sich anerkennend zu und stellte die Bierdose ab:
    »Arme Tochter. Runa heißt die, oder? Stell dir m al vor, die Mutter würde verurteilt, den Vater wegen des Geldes ermordet zu haben.«
    »Ich weiß, aber sie ist zum Glück ein toughes Mädchen.«
    »Bist du dir da so sicher?«
    Er zuckte m it den Sc hultern und streckte einen Ar m zum Himmel.
    »Was machst du?«, fragte sie.
    »Denken.«
    »Ich meine das mit der Hand, was soll das?«
    »Energie. Ich nehme die Energie all dieser Menschen auf. Das soll einem irgendwie ewiges Leben geben. Glaubst du an so etwas?«
    »Den Glauben an das ewige Leben habe ich schon m it sechzehn verloren, Harry.«

    201

    Harry drehte sich um, konnte ihr Gesicht im Dunkel der Nacht aber nicht erkennen.
    »Dein Vater?«, fragte er.
    Er konnte den scharfen Umriss ihres Kopfes nicken sehen.
    »Jau. Er trug die Welt auf seinen Schultern. Mein Vater. Nur schade, dass sie so schwer war.«
    »Wie …« Er hielt inne.
    Es knackte, als sie die Bierdose zusammendrückte.
    »Das ist nur eine weitere Geschichte über einen Vietnam
    -
    Veteranen, Harry. W ir haben i hn in der Garage gefunden, in voller Uniform und m it der Dienst waffe neben sich. Er hatte einen langen Brief geschrieben, nicht an uns, sondern an die U.S. Army. Darin stand, dass er es nicht ertragen konnte, vor der Verantwortung davongelaufen zu sein. Er hatte das bereits erkannt, als er in der T ür des Helikopters gestanden hatte, der 1973 vom Dach der am erikanischen Botschaft in Saigon abhob und er unter sich sah, wie die verzw eifelten Südvietnamesen die Botschaft stürmten, um Schutz vor den Truppen zu suchen, die auf dem Weg in d ie Stadt waren. Er schrieb, dass er ebenso verantwortlich sei wie die Militä rpolizei, die die anstürm enden Massen mit ihren Gewehrkolben abzuhalten versuchte. Sie hatten ihnen allen versproche n, den Krieg zu gewinnen, sie hatten ihnen die Demokratie versprochen. Als Offizier erachtete er es als seine Mitverantwort ung, dass das am erikanische Heer die Priorität darauf legte, seine eigenen Leute zu evakuieren auf Kosten der Vietnamesen, die mit ihnen gekämpft hatten. Vater widmete Letzteren sein en militärischen Einsatz und

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