Nesbø, Jo - Harry Hole - 02
Spuren langsam trockneten und verschwanden, aber noch imm er keine Spur vom Mercedes des Botschafters. Bei 17 Uhr 50 bat Harry ihn, den Recorder auszuschalten.
»Es hätte ein Diplom atenfahrzeug auf dem Gästeparkplatz stehen sollen«, sagte Harry.
»Tut mir leid«, sagte Jim. »Sieht so aus, als hätten Sie eine falsche Information bekommen.«
»Kann er woanders geparkt haben?«
»Natürlich. Aber alle ohne fe sten Platz werden über dies en Weg an der Kam era vorbeidirigiert, dann hätten wir das Auto also wenigstens vorbeifahren sehen.«
»Wir würden gern noch ein anderes Video sehen«, sagte Harry.
»Ja, welches denn?«
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Nho durchwühlte seine Taschen. »Wissen Sie, welchen Parkplatz das Auto m it diesem Kennzeichen hat?«, fragte er und reichte ihm einen Zettel. Jim starrte misstrauisch darauf.
»Mann, Sie sprechen ja doch Englisch.«
»Es handelt sich um einen roten Porsche«, sagte Nho.
Jim gab ihm den Zettel zurück. »Das m uss ich gar nicht überprüfen. Es gibt keinen Porsch e auf einem fest verm ieteten Platz.«
» Faen! « , rutschte es Harry heraus.
»Wie bitte?«, fragte Jim grinsend.
»Ein norwegisches Schimpfwort, das Sie nicht wirklich lernen wollen.«
Sie gingen wieder hinaus an die Sonne.
»Ich kann Ihnen für wenig Geld eine ordentliche besorgen«, sagte Jim und deutete auf Harrys Sonnenbrille.
»Nein, danke.«
»Oder brauchen Sie sonst etwa s?« Jim zwinkerte ihm lachend zu. Er hatte bereits begonnen, m it den Fingern zu schnippen, er freute sich wohl auf seinen Walkman.
»He, Kommissar!«, rief er ih m nach, als sie gingen. Harry drehte sich um. » Fa-an! «
Sie konnten sein Lachen bis zu ihrem Auto hören.
»Also, was wissen wir?«, fragte Liz und legte die Füße auf den Schreibtisch.
»Wir wissen, dass Brekke lügt«, sagte Harry. »Er hat behauptet, den Botschafter nach ihrem Treffen in die Garage beg leitet zu haben, wo dessen Auto stand.«
»Warum sollte er gerade in diesem Punkt lügen?«
»Am Telefon sagt der Botschaf ter bloß, dass er eine Bestätigung möchte, dass sie sich um 16 Uhr treffen. Es steht außer 212
Zweifel, dass der Botschafter im Büro war. W ir haben mit der Empfangsdame gesprochen und sie hat das bestätigt. S ie kann ebenfalls bestätigen, dass sie das Büro gemeinsam verlassen haben, denn Brekke kam bei ihr vorbei und gab ihr einen Auftrag.
Sie weiß das noch so genau, we il es gegen 17 Uhr war und sie selbst Feierabend machen wollte.«
»Gut, dass sich wenigstens einer an etwas erinnert.«
»Aber was Brekke und der Botschafter danach gemacht haben, wissen wir nicht.«
»Wo war das Auto? Ich kann nicht glauben, dass er das Risiko eingegangen ist, es in de r Gegend von Bangkok irgendwo am Straßenrand zu parken«, sagte Liz.
»Vielleicht hatten sie vereinbart, noch an einen anderen Ort zu fahren, so dass der Botschafter jem anden gebeten hat, auf sein Auto aufzupassen, während er oben war und Brekke geholt hat«, schlug Nho vor.
Rangsan räusperte sich leise und blätterte um:
»An einem Ort, an dem es nur so wimmelt von kleinen Gano-ven, die auf nichts anderes warten?«
»Das denke ich auch«, sagte Li z. »Es ist unlogisch, dass er nicht in die Tiefgarage gefahren ist, das ist am einfachsten und am sichersten. Da hätte er buchstäblich neben dem Fahrstuhl parken können.«
Ihr kleiner Finger rotierte in ihrem Ohr und sie bekam einen ekstatischen Gesichtsausdruck.
»Eine andere Sache ist, dass ich mich frage, worauf wir da mit eigentlich hinauswollen«, sagte sie.
Harry breitete resignierend die Arme aus.
»Ich hatte gehofft, wir könnten beweisen, dass Brekke das Büro für diesen Tag verlassen hat, als er gem einsam mit dem Botschafter gegen 17 Uhr gegangen und m it ihm in dessen Wagen weggefahren ist. Dass di e Videoaufzeichnung zeigt, wie 213
sein eigener roter Porsche die Nacht über in der Garage stand.
Ich hatte nicht gedacht, dass Br ekke nicht m it dem Auto z ur Arbeit fährt.«
»Lass uns die Autos mal kurz vergessen«, sagte Liz. »Was wir wissen, ist, dass Brekke lügt. Und was tun wir da?« Sie schnippte gegen Rangsans Zeitung.
»Das Alibi überprüfen«, kam es von der Rückseite.
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KAPITEL 28
Werden Menschen verhaftet, s ind ihre Reaktionen eb enso unterschiedlich wie unvorhersagbar.
Harry glaubte, die meisten Varianten bereits gesehen zu haben, und war deshalb nicht sonderlich überrascht, als er den Grau-schimmer in Jens Brekkes s onnengebräuntem Gesicht wahrnahm und bemerkte, dass seine
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