Nesbø, Jo - Harry Hole - 02
auszufragen, aber mehr wollte er nicht sagen.«
»Womit hat er gedroht?«
»Gedroht? Wie meinen Sie das?«
»Er hat Sie doch wohl nicht bl oß freundlich gebeten, sich von einer Frau zu trennen, die Sie, wie ich annehme, gern haben?«
»Doch, doch, wirklich. Ich glaub s ogar, dass er dieses W ort benutzt hat.«
»Welches Wort?«
»Freundlichst.« Brekke faltete die Hände vor sich auf de m Tisch. »Er war ein seltsam er Mann. Freundlichst.« Er lächelte blass.
»Ja, ich gehe davon aus, dass Sie dieses Wort in Ihrer Branche nicht allzu oft zu hören bekommen.«
»Sie in Ihrer wohl auch nicht, oder?«
Harry blickte kurz auf, aber in Brekkes Blick lag keine Herausforderung.
»Konnten Sie sich auf etwas einigen?«
»Nein. Ich habe gesagt, ich müsse darüber nachdenken. Was sollte ich sagen? Der Mann sah aus, als wäre er den Tränen nahe.«
»Haben Sie in Erwägung gezogen, das Verhältnis zu beenden?«
Brekke zog die Augenbrauen zusamm en, als sei das ein neuer Gedanke für ihn.
»Nein, ich … es würde m ir wirklich sehr schwerfallen, sie nicht mehr zu sehen.«
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»Sie haben mir gesagt, dass Sie nach de m Treffen gemeinsam mit dem Botschafter in die Tief garage gegangen sind, wo sein Wagen stand. Wollen Sie diese Aussage jetzt ändern?«
»Nein …« Brekke sah ihn verwundert an.
»Wir haben die Videoaufzeichnung für diesen Tag überprüft, von 15 Uhr 50 bis 17 Uhr 15. Der Wagen des Botschafters stand nicht auf d em Gästeparkplatz. Wollen Sie Ihre Aussage ändern?«
»Ändern …?« Brekke starrte i hn ungläubig an. »Nein, aber mein Gott, wir sind aus dem Aufzug gekomm en und haben seinen Wagen da stehen sehen. W ir müssen doch beide auf der Aufzeichnung sein. Ich erinnere mich sogar noch daran, dass wir noch ein paar W orte gewechselt haben, ehe er in den W agen stieg. Ich habe dem Botschafter versprochen, Hilde nichts von unserem Gespräch zu sagen.«
»Wir können aber beweisen, dass das nicht so war. Zum letzten Mal, wollen Sie Ihre Aussage ändern?«
»Nein!«
Harry hörte in Brekkes Stimm e eine Entschlossenheit, die zu Beginn des Verhörs nicht da gewesen war.
»Was haben Sie gem acht, nachdem Sie, wie Sie behaupten, den Botschafter in die Tiefgarage begleitet haben?«
Brekke erklärte, dass er wieder nach oben ins Büro gegangen sei, um einige Zwischenberichte fertig zu m achen und dass er bis etwa um Mitternacht da gewesen und dann m it einem Taxi nach Hause gefahren sei. Harry fragte, ob jem and während
dieser Zeit zu ihm gekommen sei oder angerufen habe, aber Brekke erklärte ihm, dass niemand ohne den Kartencode in sein Büro kommen konnte und dass er da s Telefon abgestellt hatte, um in Ruhe arbeiten zu können. Das tue er öfter, wenn er an Berichten sitze.
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»Es gibt niem anden, der Ihnen ein Alibi geben kann? Niemand, der Sie nach Hause kommen sah, zum Beispiel?«
»Ben, der Wachm ann bei m ir zu Hause. Der erinnert sich vielleicht. In der Regel bem erkt er es, wenn ich spät aben ds im Anzug nach Hause komme.«
»Ein Wachmann, der Sie gegen Mitternacht nach Haus kom -
men sah, das ist alles?«
Brekke versuchte nachzudenken.
»Ich fürchte, ja.«
»O.k.«, sagte Harry. »Jetzt we rden andere weiterm achen.
Wollen Sie etwas zu trinken? Kaffee? Wasser?«
»Nein, danke.«
Harry stand auf, um zu gehen.
»Harry?«
Er drehte sich um. »Es ist besser, wenn Sie mich Hole nennen.
Oder Kommissar.«
»O.k. Bin ich in Schwierigkeiten? « Er fragte das auf Norwegisch.
Harry kniff die Augen zusammen. Brekke war ein trau riger Anblick, er saß so zusammengesunken da wie ein Kleidersack.
»Wenn ich Sie wäre, würde ich jetzt, glaube ich, m einen
Anwalt anrufen.«
»Ich verstehe. Danke.«
Harry blieb in der Tür stehen. »Ach ja, wie war das mit dem Versprechen, dass Sie dem Botschafter in der Tiefgarage gegeben haben, haben Sie das gehalten?«
Brekke warf ihm einen beinahe entschuldigenden Blick zu.
»Idiotisch. Ich hatte schon vor, das Hilde zu erzählen, ich meine, das musste ich ja. Aber als ich er fuhr, dass er tot war, da … Ja, er war so ein seltsamer Mann und irgendwie dachte ich, dass ich 220
dieses Versprechen halten sollte . Es hatte jetzt ja au ch keine praktische Bedeutung mehr.«
»Einen Moment, ich schalte mein Telefon auf Lautsprecher.«
»Hallo?«
»Wir hören dich, Harry, leg los.«
Bjarne Møller, Dagfinn Torhus und die Polizeipräsidentin hörten sich Harrys telefonisc hen Bericht an, ohne ihn zu unterbrechen.
Anschließend
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