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Nesbø, Jo - Harry Hole - 02

Nesbø, Jo - Harry Hole - 02

Titel: Nesbø, Jo - Harry Hole - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kakerlaken
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behalten wollte, falls irgendetwas geschah. Sie hatte die Andeutungen verstanden und gesagt, dass sie möglichst wenig darüber wissen wolle, Sunthorn aber eine wirklich angenehme Gesellschaft sei.
    »Warten Sie unten im Auto«, flüsterte Harry Sunthorn zu.
    »Wenn Løken auftaucht, rufen S ie vom Handy aus Løkens Nummer an und lassen es dreimal klingeln, o.k.?«
    Sunthorn nickte und war auch schon verschwunden.
    Harry schaltete das Licht ein, nachdem er sich versichert hatte, dass es keine Fenster zur Straße gab, suchte das Telefon und überprüfte das Freizeichen. Dann sah er s ich um. Es war eine Junggesellenwohnung, ohne jeglichen Nippes und W ärme. Drei nackte Wände, die v ierte mit einem Regal ve rstellt, in d em neben einem bescheidenen Reisefernseher die Bücher kreuz und quer standen. Das natürliche Ze ntrum des großen, offenen Raumes war ein m assiver Holztisch auf Böcken und eine Lampe, wie er sie schon an den Zeiche nbrettern von Architekten gesehen hatte.
    In einer Ecke lagen zwei offene Fototaschen und an die W and gelehnt ein Kam erastativ. Der Tisc h war überf üllt mit Papier-streifen, vermutlich abgeschnittene Bildränder, denn mitten auf dem Tisch lagen zwei Scheren, eine große und eine kleine.

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    Zwei Kameras, eine Leica und eine Nikon F5 mit Teleobjek-tiv, starrten Harry blind an. Ne
    ben den Kam eras lag ein
    Nachtsichtgerät. Harry hatte so etw as schon einmal gesehen, es war ein israelisches Fabrikat, das sie selbst schon einm al bei einigen Observierungen benutzt hatten. Batterien verstärkten das wenige einfallende Licht, so dass m an sogar dort noch etwas sehen konnte, wo man mit bloßem Auge nur stockfinstere Nacht ausmachte.
    Die andere Tür der W ohnung führte ins Schlafzimm er. Das Bett war ungem acht, woraus er schloss, dass Løken zu den wenigen Ausländern in Bangkok gehörte, die keine Haushalts-hilfe hatten. Das kostete nicht viel und Harry hatte herausgehört, dass es von einem Ausländer fast erwartet wu rde, auf diese Weise zum wirtschaftlichen Wohlergehen des Landes beizutra-gen.
    Neben dem Schlafzimmer befand sich das Bad.
    Er schaltete das L icht ein und erkannte sofort, warum Løken keine Putzfrau hatte.
    Das Bad fungierte ganz offensichtlich als Dunkelkamm er, es stank nach Chemikalien und die Wände waren dicht behängt mit Schwarz-weiß-Fotos. An eine r Schur über der Badewanne hingen einige Bilder zum Trocknen. Sie zeigten einen Mann von der Seite, brustabwärts, und Harry konnte jetzt erkennen, dass es nicht der Fensterrahmen gewesen war, der verhinderte, dass ihn das Bild ganz zeigte, sondern da ss der obere Te il des Fensters aus einem säuberlich ausgeführte n Glasmosaik mit Lotus- und Buddhamotiven bestand.
    Ein Junge, der kaum älter als zehn Jahre sein konnte, m achte es ihm m it dem Mund, und die Ka mera hatte sich so nah herangezoomt, dass er den Blick des Jungen erkennen konnte.
    Er war ausdruckslos, abwesend und vermutlich auf nichts Konkretes gerichtet. Er trug ein T-Shirt m it dem wohlbekannten Nike-Slogan.

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    »Just do it«, m urmelte Harry vor sich hin. Er versuchte sich vorzustellen, was de m Jungen in diesem Moment durch den Kopf ging.
    Abgesehen von de m T-Shirt war der Junge nackt. Harry sah sich das grobkörnige Bild noch genauer an. Der Mann hatte eine Hand auf die Hüfte gestemm t, die andere lag hinter dem Kopf des Jungen. Harry sah hinter dem Glasmosaik den Schatten eines Profils, aber es war unm öglich, irgendwelche Gesichtszü-
    ge auszumachen. Er hatte plötz lich das Gefühl, dass das kleine, stinkende Badezimmer zusammenschrumpfte und die Bilder auf ihn zukamen. Harry gab de m Impuls nach und riss die Bilder teils aus Wut, teils aus Ve rzweiflung von der W and. Seine Schläfen pochten. Er sah sein eigenes Ge sicht im Spiegel aufblitzen, ehe er m it einem Stapel Bilder unter dem Arm, von Schwindel gepackt, rücklings aus d em Bad tau melte. Er se tzte sich auf einen Stuhl.
    »Scheißamateur!«, rief er, als er wieder richtig atmen konnte.
    Das war vollkommen gegen den Plan. Da sie keinen Durchsuchungsbefehl hatten, wollten sie keine Spuren hinterlassen, sondern nur herausfinden, was sich in der Wohnung befand, um dann später, sollten sie etwas finden, mit einem Durchsuchungsbefehl zurückkehren zu können.
    Harry versuchte, einen Fleck an der Wand zu finden, auf den er starren konnte, und sich se
    lbst zu überzeugen, dass es
    notwendig war, konkrete Beweise m itzunehmen, um diesen Dickschädel von Polizeichef zu

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