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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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einfach ab.«
    Yonathan seufzte. »Wir kommen hier schon wieder raus, Yo. Irgendwie.«
    Yomis Einwand und die Idee mit den Wächtern beschäftigten Yonathan jedoch mehr, als er zugeben wollte und veranlassten ihn seinen Geist vorauseilen zu lassen. Als sie sich wieder erhoben, um ihren Weg fortzusetzen, sagte er so gelassen wie möglich: »Yomi, ich glaube, da vorn wartet ein kleines Problem auf uns.«
    Ihr Weg hatte sie kaum weiter als eine halbe Meile geführt, da öffnete sich der Gang abermals zu einer weiten Felsenhalle.
    Diese Höhle unterschied sich jedoch von der, in der sie dem Bergegel begegnet waren. Hier gab es keine tropfenden Säulen und Zapfen. Irgendwann vor langer Zeit musste die Decke herabgestürzt sein – überall lagen große und kleine Felsbrocken herum. Aber das eigentlich Schlimme war…
    »Der Fluss ist verschwunden!«, tönte Yonathans erschrockene Stimme durch die Finsternis.
    »Was meinst du damit? Er ist doch noch da. Ich höre ihn ja noch, hier, neben mir.«
    »Ja schon, aber das Wasser quillt vor uns aus vielen kleinen Ritzen und Spalten. Es kommt einfach aus dem Fels.«
    »Heißt das… der Weg führt nicht mehr weiter?«, fragte Yomi bestürzt.
    »So sieht es aus«, antwortete Yonathan. Er war nicht bereit sich damit abzufinden. Es durfte nicht sein, dass sie viele Stunden lang durch einen stockdunklen Tunnel gelaufen waren, der hier endete, in einer gigantischen Sackgasse, einer Falle ohne Ausweg. Yonathan bemühte seinen Wandernden Sinn, um vielleicht doch ein Loch zu finden. Still stand er da und ließ seinen Geist um Geröll und Gesteinsbrocken, in Spalten und Ritzen dringen.
    Bisher konnte er das Tasten des Wandernden Sinnes dem Lauf des kleinen Stromes folgen lassen, jetzt jedoch durchforschte er alle Winkel der Höhle.
    Yomi konnte die Ungewissheit nur schwer ertragen und trat von einem Fuß auf den anderen. Ungeduldig blickte er in die Schwärze, dorthin, wo er Yonathan vermutete. »Nun sag doch endlich was! Was sollen wir jetzt tun?«
    »Einen kleinen Moment noch«, sagte Yonathan, und dann: »Ich glaube, ich habe etwas gefunden. Ja! Da oben ist eineschmale Öffnung. Yo, jetzt musst du wieder mal zeigen, wie gut du klettern kannst.«
    Yomis Blick wanderte automatisch in die Höhe – obwohl völlige Finsternis sie umgab. Plötzlich fuhr er zusammen. »Yonathan, ich sehe etwas.«
    Yonathan öffnete die Augen. Tatsächlich! In der Richtung, die der Sinn ihm gewiesen hatte, sah er einen Fleck. Eigentlich war es nur ein unregelmäßiger schwarzer Kreis, der sich von der noch tieferen Schwärze der Umgebung abhob. »Jetzt sehe ich es auch!«, rief er aufgeregt. »Da müssen wir durch. Aber vorsichtig, der Weg ist ziemlich schwierig.«
    Während des gefährlichen Aufstiegs unterstützten Yonathans Hinweise seinen klettergewandten Freund. Viele Hindernisse waren zu überwinden und trotz Yonathans präziser Beschreibungen stieß sich Yomi nicht nur einmal Zehen, Knie oder Ellbogen an. Bald hatten sie die steil aufragendeFelswand erreicht, über der fahl die Öffnung schimmerte, auf die sich alle ihre Hoffnungen konzentrierten.
    »Das sind bestimmt fünfzig Fuß«, sagte Yomi ehrfürchtig.
    »Fünfzig Fuß in die Freiheit«, bestätigte Yonathan aufmunternd. Er unterdrückte das Unwohlsein, das ihn bei dem Gedanken an die hinter diesem Loch liegenden Dinge erfüllte. Der Wandernde Sinn war bereits weiter vorgedrungen und Yonathan wusste, dass diese Wand nicht ihr letztes Hindernis war.
    Schritt für Schritt, Griff für Griff arbeiteten sich die beiden die Wand empor. Yonathan erläuterte jeden Halt, den es zu ergreifen oder zu besteigen galt. Die Zeit floss so zäh voran wie Harz auf der Rinde eines Baumes. Doch endlich hatten sie es geschafft. Zuerst schob sich Yonathan, erschöpft underleichtert, durch die Öffnung, hinter der sich ihr Weg fortsetzen sollte, dann folgte Yomi.
    Der Gang vor den beiden Wanderern war schmaler als bisher. Ein schwacher, grünlicher Schimmer erfüllte den engen, steinernen Tunnel. Nun konnte auch Yomi grobe Konturen erkennen. »Da vorn muss irgendwo der Ausgang sein«, rief er.
    »Ja, aber das Licht, das du siehst, ist nicht das Licht der Sonne«, erwiderte Yonathan warnend. »Oder hast du schon einmal eine grüne Sonne gesehen?«
    »Selten«, meinte Yomi enttäuscht. »Hast du eine Vorstellung, was das da vor uns ist?«
    »Ich habe keine Ahnung – aber wir sollten vorsichtig sein.« Der Höhlengang machte etwa fünfzig Schritt voraus eine

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