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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Schwert Bar-Schevet.
    Felin hielt den Zweihänder hoch und betrachtete ihn. »Es ist seltsam«, meinte er. »Es hat überhaupt kein Gewicht. Das heißt, ich spüre sein Gewicht schon, aber… es fällt mir schwer, das zu beschreiben, Yonathan.«
    »Das Schwert wiegt gerade so viel, wie es dir nützlich erscheint?«
    »Woher weißt du…?«
    Yonathan lächelte. »Es ist der Sohn Haschevets. Der Stab ist mir auch nie eine Last gewesen. Aber wenn ich ihn benutze, dann hat er immer das rechte Gewicht. Bar-Schevet scheint das geerbt zu haben.«
    »Und noch einiges mehr, wie mir scheint.«
    Yonathan nickte. Er erinnerte sich, wie schnell Felin alle Zweifel an der Brauchbarkeit des Schwertes beseitigt hatte. Der Prinz war vom Springbrunnen zu Barasadans diebstahlsicheren Gartenmöbeln hinübergegangen und hatte mit einem einzigen Schwertstreich den Sockel eines Sedin-Sessels durchtrennt. Man sah nur die Ausholbewegung und vernahm ein wohltönendes Klingen. Der Kaiser wollte schon spöttische Bemerkungen machen, aber dann musste er zu seinem Erstaunen sehen, wie der Prinz das massive Steinmöbel einfach zur Seite kippte. Das Schwert hatte den Sedin glatt durchtrennt. Felin und Yonathan verließen daraufhin diesen Teil des Parks und ließen eine Gruppe sprachloser, verstörter Menschen zurück.
    »Glaubst du wirklich, nur ich kann dieses Schwert berühren, ohne Schaden zu nehmen?«
    »Wer Haschevet berührt, zerfällt zu einem Häuflein Asche. Vielleicht ist es mit dem Schwert genauso.«
    Der Prinz schauderte bei der Vorstellung. »Ich hoffe, dazu wird es nie kommen! Aber jetzt habe ich Hunger. Lass uns mal nachschauen, was es zu essen gibt. Lammkeule wäre nicht schlecht.«
    Es war bereits Mittag und die Speisen, die innerhalb und außerhalb des Großen Kubus an verschiedenen Tafeln dargeboten wurden, waren vielfältig und auserlesen. Selbst des Kaisers Lieblingsgericht, Drachenkopfsülze, fehlte nicht. Es gab viel Rätselraten, ob diese Speise tatsächlich von Drachen stammte, denn diese Geschöpfe galten als ausgestorben. Aber schließlich war dies ja auch kein gewöhnliches Essen: Der Kaiser hatte zu Tisch geladen und die Sülze schmeckte hervorragend, egal, welches Tier dafür den Kopf hatte hinhalten müssen.
    Yonathan und Felin suchten eine Weile, bis sie etwas abseits eine Tafel fanden, wo man etwas gewöhnlichere Speisen anbot, wie etwa am Spieß geröstete Ochsen, gefüllte Wildenten und gebratene Lammkeulen.
    Inzwischen drängten sich um die zweitausend Festteilnehmer in den Palastanlagen, während das Volk unten, in den Straßen von Cedanor, ausgelassen feierte. Hier oben im Palast waren Gesandte aus allen Regionen Neschans vertreten, darunter auch Gäste, die noch nicht einmal menschliches Aussehen hatten. Während Yonathan seine Augen umherwandern ließ, erstarb plötzlich das Gemurmel. Er folgte den vielen gebannten Blicken, und dann sah er sie: eine unheimliche Prozession, die durch das Haupttor in den Palastbezirk kroch.
    Zuerst sah man nur ein wallendes schwarzes Gewand, aus dem ein bleicher, kahler Schädel herausragte. Für einen Moment glaubte Yonathan, den schwarzen Priester wieder zu erkennen, mit dem er bei seiner Abreise aus Kitvar zusammengeprallt war: die blasse Haut, der haarlose Schädel, die farblosen Augen, das weite Gewand, die skelettartige Statur – alles stimmte. Aber die sechsunddreißig finsteren Gestalten, die dem geistigen Würdenträger folgten, zeigten, dass dieser Typus im dunklen Land des Südens wohl kein Einzelfall war.
    »Das ist Ffarthor, der neue Botschafter Temánahs«, flüsterte jemand in der Nähe seinem Begleiter zu. »Man erzählt sich, er und seine sechs mal sechs Mitpriester sollen hier in Cedanor eine ständige Gesandtschaft einrichten. Das Ganze sei eine offizielle Friedensgeste des Südlandes. Angeblich will Zirgis diesen Ffarthor an seinem Tisch speisen lassen.«
    »Du meinst, er will ihn zu seinem Berater machen?«, fragte der andere angewidert.
    »Jedenfalls so etwas Ähnliches.«
    Dann war die Prozession vorübergezogen. Ffarthor und die hinterdrein schlurfenden Schwärzlinge waren im Großen Kubus verschwunden. Im Nu loderten Hunderte von Streitgesprächen auf. Einige waren der Meinung, dies sei der Anfang einer neuen Epoche globalen Friedens, andere vertraten die Ansicht, in diesem Augenblick hätte der endgültige Verfall des Cedanischen Reiches begonnen.
    Yonathan hielt es eher mit den Letzteren. Aber er konnte wohl nichts daran ändern – jedenfalls nicht

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