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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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»Ich muss zugeben, fliegen kann mein Herr, Sethur, noch nicht. Aber er hat mich tatsächlich gebeten dich noch einmal zu fragen, ob du nicht mit ihm nach Temánah gehen willst, ansonsten…«
    »Ansonsten was?«
    »Soll ich dir die Flügel stutzen.« Zirah ging wieder in einen kreisförmigen Gleitflug über.
    Wie oft schon hatte Yonathan geglaubt sich seines Verfolgers endgültig entledigt zu haben und immer wieder war es Sethur gelungen, ihn einzuholen – entweder selbst oder durch seine Helfershelfer.
    »Nein…!«, wollte er gerade sagen, aber Zirah war aus seinem Blickfeld verschwunden. »Wo ist das Biest?«, flüsterte er beunruhigt.
    »Ich weiß nicht«, antwortete Yomi. »Es war plötzlich verschwunden.«
    »Das Vieh muss noch in der Nähe sein; ich spüre es ganz deutlich.«
    »Ich denke, dieses Wesen – was immer es ist – befindet sich über uns«, stellte Felin fest. Er hielt bereits seinen Jagdbogen in der Hand.
    Direkt über ihren Köpfen hörten sie ein nicht sehr lautes, aber beunruhigendes Geräusch.
    »Sie reißt Löcher in die Bespannung!«, rief Yomi.
    »O weh, o weh!«, erscholl es von Gimbar her.
    »Das ist erst der Anfang«, krächzte die schwarze Kreatur.
    Doch ehe Felin sie genau sehen konnte, war sie schon wieder aus dem Blickfeld verschwunden.
    Gurgi rührte sich angespannt auf Yonathans Schulter. Das kleine Tier spürte die Gefahr.
    »Wir müssen etwas unternehmen!«, rief Yonathan. Er zog Haschevet aus seinem Behältnis. »Wenn wir dieses Vieh da nicht runterholen, dann wird es uns den ganzen Segelkasten zerhacken. Ihr könnt euch ja vorstellen, was das für uns bedeutet.«
    »Wenn ich sie nur zu Gesicht bekäme!«, raunte Felin. »Nur für einen Augenblick, dann könnte ich mit meinem Bogen…«
    Ratsch! Ein zweites Loch klaffte hoch oben in der Seide. Aus der Höhe ertönte ein hässliches Lachen. »Wie gefällt dir das, mein Goldstück?«
    Yonathan umklammerte den Stab. Er wünschte, er hätte einen Blitz aussenden können, um Zirah damit vom Himmel zu fegen. Aber wie? Könnte er nicht…?
    »Felin! Wenn ich dir sage, wo Zirah sich befindet, könntest du sie dann treffen?«
    »Lass es uns versuchen!«
    »Stell dich vor mich und peile einfach die Öffnung an, durch die die heiße Luft hochsteigt. Ich sage dir, wohin du zielen musst.«
    Felin legte einen Pfeil auf, spannte die Sehne des Bogens leicht und zielte in die Höhe. Das bereits erlöschende Feuer im Kessel tauchte die Innenseite des großen seidenen Kastens in ein gespenstisches Licht. »Ich kann kaum etwas erkennen«, sagte der Prinz. »Nur Rauch!«
    »Du musst auch nichts sehen«, beruhigte ihn Yonathan. »Das übernehme ich.«
    Yonathan schloss die Augen. Seine Finger spannten sich fester um den Stab. Er richtete sein Gesicht in die Höhe und die Dunkelheit lichtete sich. In bläulichem Licht sah er den Kessel, drang weiter nach oben vor und erkannte die Verstrebungen im Segelkasten; tastete sich noch weiter in die Höhe – und gewahrte einen dunklen, kreisenden Schatten.
    »Ich sehe sie!«
    »Wo?«
    »Warte noch einen Augenblick. Ziele einfach gerade nach oben. Aber warte noch!«
    Während Felin den Bogen voll auszog, sandte Yonathan seinen Blick am Schaft des Pfeiles entlang und folgte dem Schatten des Vogelwesens.
    »Jetzt steht sie genau über uns«, flüsterte Yonathan. »Etwas weiter links… nein, nicht so weit… weiter oben… ja… nein, wieder etwas zurück – jetzt!«
    Der Pfeil schoss mit hellem Sirren in den Qualm hinein. Dann zerfetzte ein markerschütternder Schrei die gespannte Stille. Das scharfe Geräusch von zerreißender Seide mischte sich in den Laut des Todes, der auf sie niederraste. Im nächsten Moment stürzte Zirahs zuckender Körper samt dem Pfeil, der ihre Brust durchbohrt hatte, mitten in den Feuerkessel hinein. Eine hohe Fontäne feuriger Glut schoss empor. Reglos beobachteten die Gefährten den Todeskampf der schwarzen Kreatur. Wieder und wieder schnitten die grässlichen Schreie wie scharfe Klingen in ihre Ohren. Doch dann wurden die Bewegungen schwächer und erstarben schließlich ganz. Nur noch der betäubende Gestank von verbranntem Fleisch lag in der Luft.
    Für einige Herzschläge herrschte Stille. Selbst der Wind schien gelähmt.
    »Seltsam«, sagte Yomi dann, »dass dieses Geschöpf der Finsternis schließlich im Licht sein Ende findet.«
    »Nicht im Licht, Yo. Durch das Licht. So wird es allen ergehen, die dem Weg der Finsternis folgen.«
    Wieder Schweigen. Bis plötzlich Gimbars

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