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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Hauptmann. Ihr seid ein gewissenhafter Diener Eures Kaisers. Er kann stolz auf Euch sein! Nur eines noch…«
    »Ja?«
    »Lauft nicht alle weg. Bis Ihr die Verstärkung aus der Kaserne zusammengerufen habt, könnten wir hier schon alle massakriert im Gras liegen.«
    »Natürlich!«, beeilte der Hauptmann sich zu versichern. »Ich glaube, ich kann es verantworten, einige Männer von der Westseite der Mauer hier zusammenzuziehen. So kann für Eure Sicherheit gesorgt werden.«
    »Ihr seid ein Ehrenmann, Hauptmann. Wie lautet übrigens Euer Name?«
    »Gorzan, ehrwürdiger Herr.«
    »Ich bin sicher, dass Euer Name bald dem Kaiser zu Ohren kommen wird, Hauptmann Gorzan.«
    Es dauerte nicht lange und die Stadtmauer lag nördlich und südlich des Westtores verwaist da. Einzig bei dem Eingang selbst, durch den tagsüber Pilger, Händler und andere Reisende strömten, hatte sich eine stattliche Anzahl von Bewaffneten versammelt, um über Baltan zu wachen.
    In diesem Augenblick bemerkte Yonathan eine Bewegung auf der Mauerkrone, als hätte der steinerne Wall eine Luftwurzel bekommen.
    »Das ist Gimbar!«, flüsterte er aufgeregt. »Er hat gerade eben das Seil hinuntergeworfen.«
    »Hoffentlich hat er wenigstens ein Ende oben behalten!«, witzelte Yomi. Alle drei waren bis zum Zerreißen angespannt und jeder hatte seine eigene Methode dem inneren Druck ein Ventil zu verschaffen.
    »Du gehst zuerst«, sagte Felin zu Yomi. »Sobald du oben bist, folge ich dir. Yonathan kommt zuletzt dran. Zu dritt können wir ihn leichter die Mauer hinaufziehen.«
    Yonathans Kräfte waren tatsächlich noch nicht wieder so weit hergestellt, dass er eine achtzig Fuß hohe Mauer hätte erklimmen können.
    Er beobachtete, wie Yomi mit wenigen langen Schritten den Fuß der Stadtmauer erreichte. In seiner unnachahmlichen, etwas unbeholfen wirkenden Art hatte der lange Seemann in kürzester Zeit die obere Kante der Mauer erklommen.
    »Bis gleich, mein Freund«, flüsterte Felin, nickte noch kurz und war auch verschwunden.
    Felin hangelte sich athletisch nur mit den Armen nach oben. Er floss geradezu das Seil hinauf, so schnell hatte er die enorme Höhe überwunden.
    Jetzt war Yonathan an der Reihe. Ein letzter Blick zu Baltans Lager hinüber. Der alte, listige Kaufmann veranstaltete mit seinen Begleitern ein gehöriges Spektakel, um die Aufmerksamkeit der Wachen ganz für sich in Anspruch zu nehmen. Noch ein tiefer Atemzug, dann sprang Yonathan auf und huschte zur Mauer vor. Im tiefen Schatten des Bollwerks fand er das Ende der Leine und stellte mit Erleichterung fest, dass Gimbar eine Schlaufe in das Tau geknotet hatte. Yonathan schlüpfte mit dem linken Fuß in die Schlinge und ruckte zweimal kurz am Strick. Das war das Zeichen. Während sechs kräftige Arme zogen, sorgte Yonathan für einen ausreichenden Abstand zur rauen Steinwand.
    Als er endlich von seinen Freunden über den Rand der Mauer gezerrt wurde, atmete er auf. »Jeden Tag möchte ich das nicht machen.«
    »Ich zeig dir bei Gelegenheit, wie man klettert; dann wird’s dir unheimlichen Spaß machen!«, meinte Yomi fröhlich.
    »Kommt jetzt, folgt mir!«, mahnte Gimbar. »Da drüben ist eine Treppe. Passt auf, dass ihr nicht hinunterfallt: Man kann sich nirgends fest halten. In wenigen Augenblicken sind wir in den Gassen von Beli-Mekesch verschwunden.«
    Yonathan, Yomi und Felin folgten Gimbar wortlos. Über eine endlose Anzahl von Steinstufen schlichen die vier Schatten in die Stadt hinab. Unten führte der ehemalige Pirat die Gruppe in eine gegenüberliegende Gasse: Beli-Mekesch hatte sie verschluckt.
    Nach einem kurzen Stück Weges fanden sie das Pferd.
    »Ich habe es hier festgebunden, damit Yonathan nicht den ganzen Weg durch die Stadt laufen muss«, erklärte Gimbar, während er eine Fackel entzündete.
    »Ist das nicht ziemlich auffällig?«, wandte Yomi ein. »Seine Hufe werden eine Menge Lärm verursachen.«
    »Keine Angst. Ich habe vorgesorgt.«
    Der Schein der Fackel zeigte, was Gimbar meinte: Er hatte Baltans Seidentücher, die eigentlich zu seiner Tarnung als fahrender Tuchhändler bestimmt waren, um die Hufe der Pferde gewickelt.
    Gimbar schaute sich noch einmal um. In der Gasse war alles still. »Was die Fackel angeht, haben wir wohl kaum etwas zu befürchten. Um diese Zeit dürfte ganz Beli-Mekesch schlafen
    – abgesehen von ein paar Dieben vielleicht.« »Na ja«, bemerkte Yomi trocken, »eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.«
    Gimbar grinste. »Und wenn schon:

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