Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
dafür gegeben, auf die Waren aufzupassen. Er sei ja sowieso da, hatte er versichert, da wäre das Ganze kein Problem. Ich umarmte ihn voller Dankbarkeit und betrat beruhigt die Schenke…«
    »Und vor lauter Schulterklopfen hat der Arme dann seinen Schlüssel verloren«, fiel ihm Yomi ins Wort.
    Gimbar lachte vergnügt. »Jedenfalls werden wir die Stadt verlassen können, ohne dass jemand etwas davon merkt. Und während man hier jeden Winkel umkrempelt, werden wir längst über alle Berge sein.«
    Die schwere, eisenbeschlagene Tür in der östlichen Stadtmauer von Beli-Mekesch war wirklich nicht besonders groß. Etwa fünf Fuß breit und höchstens sieben Fuß hoch, konnte man sie leicht übersehen, wenn man der schmalen Straße folgte, die sich eng an die Mauer schmiegte. Das nervöse Licht von Gimbars Fackel zeichnete schemenhaft ihre Umrisse. Über der Holztür hing gleich einem Schwalbennest eine klotzige Ausbuchtung, zu der eine schmale Stiege hinaufführte.
    »Das ist die Stube des Nachtwächters«, flüsterte Gimbar und deutete hinauf zur Mauer. »Jetzt gilt es, ihn herauszulocken, ohne gleich die ganze Stadt aufzuwecken.«
    »Warum willst du ihn denn wecken?«, verwunderte sich Yomi. »Es ist doch gut, wenn er schläft. Dann kann er uns nicht entdecken.«
    »Und was machen wir, wenn die Stadttür quietscht? Alte Leute haben einen leichten Schlaf. Es wäre doch sehr peinlich, wenn uns der Nachtwächter überraschte.«
    Yomi brummte etwas Unverständliches.
    Gimbar schilderte in knappen Worten, was er vorhatte, und schloss mit dem Hinweis: »Ihr bleibt hier in der Seitengasse versteckt, bis ich euch das Zeichen gebe. Alles klar?«
    Drei Köpfe nickten, ohne rechte Begeisterung.
    Im nächsten Moment war Gimbar verschwunden; die Finsternis hatte ihn verschluckt.
    Einen kurzen Augenblick trat der Vollmond hinter den Wolken hervor und verlieh der nächtlichen Szene einen silbernen Anstrich. Yonathan, Yomi und Felin duckten sich tiefer in die dunklen Schatten. Doch zum Glück schoben sich schnell wieder Wolken vor das Himmelslicht und erneut wurde die Straße vor der Stadtmauer in schützendes Dunkel getaucht. Jetzt, da auch die Fackel gelöscht war, konnte man kaum noch etwas erkennen. Yonathan gelang es jedoch mit Hilfe des Stabes, einen lautlosen Schatten unterhalb des »Schwalbennestes« auszumachen. Gimbar bückte sich, hob etwas auf und schleuderte es gegen die Tür des Nachtwächters.
    Ein kurzes Knallen. Der Stein prallte ab, fiel zu Boden, dann herrschte wieder Ruhe.
    Gimbar warf einen zweiten Stein. Wieder war kein Laut zu hören.
    Gerade bückte sich Gimbar nach einem dritten Kiesel, als in dem kleinen, gemauerten Zimmer ein Geräusch zu vernehmen war: ein Kratzen und Schlurfen, begleitet von verärgertem Murren. Licht zeigte sich in den Ritzen eines mit Lumpen verhangenen Loches.
    Gimbar zog sich lautlos wie ein geölter Schatten in Richtung der Schenke zurück, wo noch immer sein Pferdegespann wartete.
    »… nicht mal in Ruhe schlafen«, klagte die kleine, gebückte Gestalt, die sich in diesem Moment aus der erleuchteten Türöffnung schälte. Der Nachtwächter trug ein weites, speckiges Nachthemd, eine Zipfelmütze und eine kleineÖllampe. Er hielt das Lämpchen so weit in die Höhe, wie seine kleine Gestalt es ihm erlaubte. Aber die Mauerstraße blieb finster. Nur von der Schenke, in der längst kein Betrieb mehr herrschte, ertönte das nervöse Schnauben eines Pferdes.
    »Ist da wer?«, fragte der Nachtwächter unerschrocken.
    Die Pferde bewegten sich. Leises Klappern der Geschirre war zu vernehmen.
    »Seid Ihr es, der Tuchhändler? Macht keine Spielchen mit einem alten Mann!«, forderte der Wächter, jetzt noch energischer. »Entweder Ihr gebt Euch zu erkennen oder Ihr geht heim ins Bett. Sonst hole ich meine Hellebarde und dann gnade Euch Gott!«
    Das Pferdegespann setzte sich langsam in Bewegung.
    »Halt!«, rief der alte Wächter empört. »Das habe ich in meinem fünfzigjährigen Wachdienst noch nicht erlebt, dass einer unter meinen Augen einen Wagen stiehlt! Euch werde ich helfen!«, wetterte er noch einmal, ehe er in seiner Stube verschwand.
    »Er wird doch nicht einfach wieder schlafen gehen?«, flüsterte Yonathan besorgt.
    »Wie mir scheint, ist das noch einer vom alten Schlage«, vermutete Felin. »Der wird sich nicht so schnell kleinkriegen lassen.«
    Die Ahnung des Prinzen bestätigte sich. Die Gestalt des kleinen, untersetzten Nachtwächters erschien wieder unter der Tür der

Weitere Kostenlose Bücher