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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Einäugige Piraten entsprechen ja dem allgemeinen Geschmack. Jetzt aber los! Wir haben noch eine kleine Stadtbesichtigung vor uns.«
    Die Straßen und Gassen von Beli-Mekesch waren nicht besonders sehenswert, zumal der schwankende Lichtkreis der Fackel kaum einen umfassenden Überblick erlaubte. Nur eines fiel Yonathan auf.
    »Die Häuser hier sind ungewöhnlich hoch.«
    »Das kommt von der ungewöhnlichen Lage der Stadt«, erklärte Felin. »Beli-Mekesch liegt in einer schmalen Schlucht, die der Cedan fast völlig für sich beansprucht. Da bleibt wenig Platz, um sich auszudehnen. Deshalb hat man Beli-Mekesch in die Höhe gebaut. Es gibt hier Häuser mit acht Stockwerken!«
    Yonathan staunte. Er musste an die Fischerkate denken, die er in Kitvar mit Navran bewohnte. Je weiter er sich von zu Hause entfernte, umso gemütlicher erschien sie in seinen Erinnerungen.
    Eine geraume Zeit lang wanderten die vier schweigend durch nachtschwarze Gassen. Yonathan staunte, wie gut Gimbar das Terrain sondiert hatte. Er geleitete seine Gefährten abseits der Hauptwege immer weiter nach Osten. Kein Mensch war auf der ganzen Wegstrecke zu sehen.
    Vor ihnen öffnete sich eine Art Torbogen, der von zwei Steinfiguren gebildet wurde. Im flackernden Fackellicht erkannten sie einen Mann und eine Frau, beide mit hoch erhobenen Armen; er reichte ihr gerade ein Füllhorn. Genau unter diesem Torbogen stießen sie auf einen Trupp Soldaten. Yonathan verschlug es den Atem.
    »Aha!«, ergriff Gimbar geistesgegenwärtig das Wort. »Da kommt ja endlich die Verstärkung. Hauptmann Gorzan wird nicht sehr erfreut sein, dass das so lange gedauert hat.«
    Der Anführer der zehn oder zwölf Mann glotzte die Nachtwandler einen Moment lang verständnislos an. Dann kam er langsam zu sich und entgegnete in energischem Tonfall: »Was soll das? Was tut Ihr um diese Zeit auf der Straße? Und woher wisst Ihr von unserem Befehl?«
    Gimbar lächelte. »So viele Fragen! Welche soll ich zuerst beantworten? Lasst mich nur so viel sagen: Wir haben es, wie Ihr übrigens auch, Hauptmann Gorzan zu verdanken, dass wir nicht gemütlich in unseren warmen Betten liegen dürfen.«
    Dem Anführer kam das Ganze verdächtig vor; er wusste nur nicht, was falsch war. Dann fiel sein Blick auf Yonathan, Yomi und das Pferd.
    »Warum habt Ihr die Hufe mit Tüchern umwickelt?«, fragte er barsch.
    »Wenn uns schon der Schlaf versagt bleiben soll, dann wollen wir ihn doch wenigstens nicht den braven Bürgern stehlen, die sich ihre Ruhe bestimmt durch harte Arbeit verdient haben.«
    Dem Wachmann wurde es langsam zu dumm. Er hatte eine Entscheidung getroffen – eine, die Gimbar überhaupt nicht schmeckte.
    »Ihr kommt mit! Gorzan wird uns sagen können, was er mit Euch vorhatte.«
    »Das wird nicht gehen«, wandte Gimbar ein und Yonathan bemerkte, dass der Tonfall des kleinen Mannes schärfer wurde. »Wir haben einen Auftrag, der keinen Aufschub duldet.«
    »Was für einen Auftrag?«
    »Er ist geheim.«
    »Dann muss dieser Auftrag warten, bis wir bei Gorzan waren.«
    »Ihr wollt uns also nicht passieren lassen?«
    »Nein!«
    Gimbar schaute zu Felin auf und sagte im Plauderton: »Wie es scheint, ist unser Herr Anführer mit Starrsinn vollgestopft. Wir sollten ihn davon befreien.«
    Der Wachsoldat runzelte finster die Stirn.
    Felin hob eine Augenbraue, sah zu dem Anführer hinüber und blinzelte dann Gimbar zu: »Du meinst…?«
    Gimbar nickte und streifte ebenfalls den Soldaten mit einem Blick. »Wir müssten ihn allerdings ein wenig aufschneiden.«
    Die Augen des Wachführers traten ein Stück aus den Höhlen. Er glaubte nicht recht, was er da hörte.
    Felin langte über die Schulter und zog das beinahe mannsgroße Schwert mühelos aus der Scheide. Scheinbar ungewollt streifte er mit der Klinge das Handgelenk der Steinfigur im Torbogen. Ein leises klirrendes Geräusch und laut polternd fiel das steinerne Füllhorn im Rücken des Prinzen zu Boden. Felin tat, als hätte er nichts bemerkt, und wandte sich freundlich lächelnd dem Wachsoldaten zu. »Vielleicht sollte man hier«, er zeigte mit der Schwertspitze auf dessen linkes Schlüsselbein, »einen kleinen Schnitt anbringen, damit der Starrsinn entweichen kann.«
    Gimbar legte den Kopf schief und musterte den Soldaten prüfend. »Ja, das könnte klappen.«
    Felin hielt das mächtige Schwert lang ausgestreckt an die Kehle des Anführers.
    »Was soll das?«, stammelte dieser, in Bewegungslosigkeit erstarrt wie die über ihm schwebende

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