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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Steinfigur mit der amputierten Hand.
    »Ganz einfach, Hauptmann«, erwiderte Gimbar drohend. »Wenn Ihr Euren Trupp nicht in kürzester Zeit aufteilt und Eure Männer in alle vier Himmelsrichtungen fortschickt, dann wird mein Freund ein wenig Euer Innenleben erforschen.«
    Die Augen des Anführers waren das Einzige, was sich noch bewegte. Er blickte abwechselnd auf Gimbar und dann wieder auf Felin. Wahrscheinlich wunderte er sich, wie der schlanke junge Mann ein so gewaltiges Schwert scheinbar mühelos mit ausgestrecktem Arm vor sich hinhalten konnte, ohne dabei zu ermüden. Der Soldat brauchte selbst jetzt noch eine Menge Zeit, um sich eine Entscheidung abringen zu können. Trotz der Nachtkühle schwitzte er nun, als er seinen Männern über die Schulter zurief: »Ihr habt gehört, was der Fremde verlangt hat. Geht! Verteilt euch!«
    Die Soldaten zögerten. Sie hätten wohl lieber einen Kräftevergleich mit den Fremden gewagt. Das Verhältnis stand etwa drei zu eins. Vielleicht würde man den manchmal recht lästigen Anführer verlieren, aber eine Menge Ruhm ernten. Allerdings erinnerten sie sich noch gut, wie dieses blauweiße, große Schwert den Steinarm der Figur durchtrennt hatte, als wäre er ein angefaultes Stück Zuckerrohr.
    »Geht schon endlich!«, brüllte der bedrohte Wachmann, um sein Leben bangend. »Wenn ihr nicht sofort geht, werdet ihr der Befehlsverweigerung angeklagt und man wird euch an der Stadtmauer aufhängen, als Warnung für alle störrischen Männer in der Truppe des Kaisers.«
    Murrend und sehr zögerlich setzten sich die bewaffneten Männer endlich in Bewegung. Zu dritt oder zu viert verschwanden sie allmählich im Dunkel der nächtlichen Gassen.
    »Was machen wir, wenn sie uns an der nächsten Ecke auflauern?«, fragte Yomi.
    »Das werden sie nicht«, versicherte der Anführer beflissen.
    »Vielleicht«, meinte Gimbar. »Aber wir wollen kein Risiko eingehen. Ihr werdet uns ein Stückchen begleiten, Soldat. Nur zur Sicherheit! Ihr versteht?«
    Der Befragte nickte eifrig, worauf die kleine Schar ihre nächtliche Stadtbegehung fortsetzte.
    Zu Yonathans Beruhigung hatten die Wachen wirklich das Weite gesucht. Aber Gimbar schlug nicht direkt die Richtung nach Osten ein, sondern wandte sich zunächst nach Süden. Nach einer Weile schickte er dann den verschleppten Wachmann mit der Bemerkung fort: »Wenn Ihr also unbedingt Euren Starrsinn behalten wollt, dann dürft Ihr jetzt gehen, Soldat. Sollte Euch allerdings der Sinn danach stehen, unsere Hilfe doch noch in Anspruch zu nehmen, dann…« Gimbar zog einen spitzen Dolch aus den Falten seines Gewandes.
    »Nein, nein!«, beeilte der Wachmann sich zu versichern. »Das ist sehr aufmerksam von Euch, aber ich bleibe lieber so, wie ich bin.«
    Gimbar bedeutete dem truppenlosen Anführer, dass er gehen dürfe, was dieser ohne jeden Widerspruch akzeptierte: Mit knallenden Sohlen eilte er davon.
    Gimbar atmete tief durch. »Geschafft! Allerdings wird bald die halbe Stadt nach uns suchen und wir wollen doch sicher, dass das eine Weile so bleibt. Je länger man uns hier sucht, umso mehr Zeit haben wir uns aus dem Staub zu machen.«
    »Du hast uns noch nicht verraten, wie wir die Stadt wieder verlassen sollen«, erinnerte Felin.
    Gimbar fühlte sich wie ein Fisch im Wasser. »Keine Angst, Prinz. Ich hatte heute genügend Zeit mich um alles zu kümmern. Es gibt etwas nördlich vom großen Osttor ein nettes, kleines Türchen – nichts für Karawanen, Wagen und Lemaks. Schon ein Maultier muss sich schlank machen, um da durchzukommen, aber für uns dürfte es gerade passend sein.«
    »Und da können wir so einfach raus?«, fragte Yonathan.
    »Ganz so einfach nun auch wieder nicht. Ich habe mit dem Nachtwächter gesprochen. Die Tür ist so unbedeutend, dass es keine richtige Wache gibt, die alle vier Stunden wechselt, sondern nur einen alten Mann, der oberhalb des Durchgangs wohnt und dafür sorgt, dass er während der Nacht geschlossen bleibt.« Gimbar griff in sein Wams und zog belustigt einen Schlüssel hervor. »Er hat mir das hier gegeben.«
    Yonathan schaute skeptisch. »Du hast ihm doch nichts angetan, Gimbar?«
    »Keine Angst, Yonathan. Nein, ich habe ihm sogar Geld gegeben.«
    »Du meinst, er hat dir den Stadtschlüssel verkauft?«, fragte Felin ungläubig.
    Gimbar grinste breit. »Na ja, ganz so war es nicht. Dicht bei dieser Tür befindet sich eine Schenke. Ich habe den Wagen Baltans mit den Tuchballen dort abgestellt und dem Wächter ein Goldstück

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