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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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wissen, ob er es sich nicht im letzten Augenblick anders überlegte und doch lieber schwieg. Aber alles ging gut.
    Endlich öffnete der Schützende Schatten den Mund und begann mit seiner Erzählung.
    »Das Unglück deutete sich an, als Elir das Amt des dritten Richters von Neschan ausübte – so viel werdet ihr bereits wissen. Es geschah vor zweitausend Jahren. Elir war schon alt, als Mesag zum König gekrönt wurde, in jener Stadt, deren Name heute niemand mehr kennt. Mesag war noch sehr jung, gerade mal zwanzig Jahre alt. Und er war sehr töricht, wie es nicht wenige junge Menschen sind. Allerdings konnte man ihm das kaum vorwerfen, denn er hatte von seinem Vater nichts Besseres gelernt. Menganes, der alte König, hinterließ seinem Sohn das Erbe einer Schreckensherrschaft. Nie hatte es so viele Sklaven gegeben wie damals, nie so viele verarmte Menschen. Umso reicher waren diejenigen, die sich in der Gunst des Königs sonnten und vom Schweiß und Blut ihrer Leibeigenen lebten. Das Schlimmste jedoch war die Gottlosigkeit Menganes’. Ja, man sagt sogar, der König habe einen Bund mit dem Bösen geschlossen; der einzige Grund, warum er von Temánah nicht behelligt wurde, läge ganz einfach darin, dass er dem dunklen Reich des Südens schon in anderer Form Tür und Tor geöffnet hatte. Auf einer Anhöhe inmitten seiner Stadt stand ein gewaltiger schwarzer Tempel – Menganes’ ganzer Stolz. Es war keine Gebetsstätte für das gewöhnliche Volk. Nur eine ausgewählte Priesterschaft durfte die heiligen Stätten betreten.« Yehsir benutzte die Bezeichnung »heilige Stätten« mit unüberhörbarer Verachtung. »Doch die Gerüchte, die sich um die Vorgänge in diesem Tempel rankten, waren alles andere als gottgefällig: Man behauptete sogar, dass dort Menschen geopfert wurden!«
    Der Karawanenführer legte eine wirkungsvolle Pause ein. Während er seine Lippen mit einem Schluck aus dem Wasserschlauch benetzte, schüttelten sich die Zuhörer entrüstet. Das bittere Pas-Wasser brachte den Erzähler nun erst in die richtige Stimmung.
    »Ja«, fuhr Yehsir fort, »Menschenopfer! Das Blut all jener Unschuldigen schrie zu Yehwoh und als der junge König Mesag keine Anstalten machte sich von den Handlungen seines Vaters abzukehren, da beschloss der Allmächtige den König, die Stadt und das Land vom Erdboden zu tilgen. Doch wie ihr wisst, ist Yehwohs Barmherzigkeit größer als sein Zorn. So sandte er Elir in die verdorbene Stadt, um den herannahenden Untergang vorauszusagen. Vielleicht würden sich ja noch Menschen finden, die sich vom schlechten Vorbild ihres Königs abwenden und auf die Warnung hören würden. Zuerst rief Elir seine Prophezeiung auf den Straßen und Plätzen der verurteilten Stadt aus. Dann berichtete man auch dem König von der Botschaft des ›zornigen Propheten‹, wie man Elir bald überall nannte. Mesag war bestürzt. Er ließ Elir sofort zu sich rufen. ›Was kann ich tun, um dieses Unglück von meinem Volk, meiner Stadt und von meinem Haus abzuwenden?‹, fragte der König den dritten Richter. Elir dachte zunächst an eine List. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ein König, den eine solche Wolke von Schlechtigkeit umgab, ernsthaft daran dachte, seinen Lebenswandel aufzugeben. Die Legende ist an dieser Stelle etwas ungenau«, merkte Yehsir an. »Eine Version sagt, Elir hätte wutschnaubend den Palast verlassen, andere erzählen, er wollte gerade zu einer Tirade von Verfluchungen ausholen, als etwas Merkwürdiges ihn bremste. In einem anderen Bericht heißt es, das Menschengesicht am Knauf Haschevets habe plötzlich zu Elir gesprochen und ihn daran gehindert, vorschnell über Mesag zu urteilen. Auf jeden Fall kam es dann dazu, dass Elir dem König die drei Rätselfragen stellte, die ja auch im Sepher Schophetim aufgezeichnet sind: Was ist Liebe? Was ist Glück? Was ist der Sinn des Lebens? Der König antwortete voller Stolz: ›Liebe ist, wenn mein Weib mein Blut derart in Wallung bringt, dass ich selbst den Winterfrost nicht spüre.‹ Aber Elir erwiderte nur: ›Welch erbärmliche Antwort!‹ Dann schickte er Mesag zu Tugrim, dem Drachenfürsten. Mit Mut, List und nach allerlei Abenteuern gelang es Mesag schließlich, das Wesen wahrer Liebe zu ergründen. Und als ihm das gelungen war, hatte sich seine Persönlichkeit ein klein wenig verändert:Er hatte gelernt zu lieben. Ähnlich verhielt es sich mit den anderen beiden Rätseln. Zu jeder Antwort musste Mesag Tapferkeit, Geschicklichkeit sowie

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