Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters
Bewohner von Kartan aus. Benith hat sich bestimmt nicht aus eigenem Antrieb zu dieser Reise gemeldet, aber ich wette, dass Blodok ihm die Anerkennung Sargas’ in Aussicht gestellt hat, wenn er mitmacht.«
Yonathan lächelte. »Weißt du, dass du mit deinem Vater viel gemeinsam hast?«
»Er ist eben doch mein Sohn«, stellte Gim grinsend fest.
»Ja, genauso durchtrieben wie du«, ergänzte Dagáh.
Die Familie Gim hatte sich zu später Stunde bei den Gefangenen eingefunden. Man wollte sich ein letztes Mal beratschlagen.
»Blodok will euch beide in den Sümpfen des Cedan-Deltas verstecken und nach dem Erhalt des Lösegeldes umbringen lassen«, sagte Gim.
»War sowieso ziemlich merkwürdig, dass er uns die Freiheit versprach, wo wir doch Kartans Geheimnis kennen«, bemerkte Yomi.
Gim schüttelte den Kopf. »Für mein Empfinden hat er diesem Plan viel zu schnell zugestimmt. Er schickt euch beide auf die Reise mit zwei unerfahrenen Männern; obendrein traut er einem davon – Gimbar – nicht einmal über den Weg.«
»Wir haben wohl keine andere Wahl«, sagte Yonathan.
»Ihr müsst wachsam sein«, warnte Gim. »Solltet ihr ohne Zwischenfälle die Sümpfe im Cedan-Delta erreichen, dann wäre es das Beste, Benith zu überwältigen. Du, Gimbar, und Yomi könnt dann Yonathan nach Cedanor begleiten undBaltan aufsuchen.« Gim lächelte wehmütig. »Übermittelt ihm schöne Grüße von mir.«
»Das werden wir tun, Gim«, versicherte Yonathan.
Yomi interessierten ganz andere Dinge. »Und was machen wir, wenn es Zwischenfälle gibt?«
»Auf Yehwoh und euer Glück vertrauen.«
»Ich hätte es nur zur Abwechslung gerne mal ein bisschen einfacher.«
»Was machen wir mit Benith, nachdem wir ihn überwältigt haben?«, fragte Gimbar.
»Übergebt ihn den Beamten des Kaisers. Die haben da so ihre eigenen Methoden, was den Umgang mit Piraten betrifft.«
Dagáh hob eine Augenbraue. »Das bedeutet sein Todesurteil, Gim.«
»Wenn Benith je nach Kartan zurückkehren würde, dann wäre es das unsrige.«
»Sind wir nicht schon seit dreiundzwanzig Jahren tot?«
»Mutter! Vater!«, protestierte Gimbar. »Für die Welt draußen seid ihr vielleicht tot. Vielleicht haben wir es nie leicht gehabt, aber ich möchte keine anderen Eltern als euch – so, wie ihr seid: lebendig und nicht tot.«
»Du hast Recht, mein Sohn.« Dagáh nahm Gimbars Hand. »All der Kummer, der aus mir das gemacht hat, was ich heute bin, der mich entstellt und gebeugt hat, wäre nicht zu ertragen gewesen, wenn ich dich nicht gehabt hätte.«
Gim räusperte sich verlegen und schluckte. »Ich glaube, dann ist alles besprochen. Ich wünsche euch viel Glück und vor allem Yehwohs Segen. Möge er eure Wege gerade machen.«
Auch in dieser Nacht schien Yonathan vergeblich dem Schlaf nachzujagen. Stundenlang lag er mit offenen Augen da und grübelte über die ungewisse Zukunft nach. Das Geräusch von Schritten und Stimmen ließ ihn schließlich aus seinem Dämmerzustand hochschrecken.
Kurz darauf stand Gimbar am Fuße der Stiege und servierte ein reichhaltiges Frühstück. »Mit schönem Gruß von meiner Mutter«, flüsterte er lächelnd. »Ich rate euch, alles aufzuessen. So etwas Gutes werdet ihr vorläufig nicht mehr bekommen.«
Yonathan und Yomi ließen sich das nicht zweimal sagen. Für Gurgi hatte Dagáh einige Nüsse aufgetrieben.
Etwa eine halbe Stunde später – gerade begann sich das Licht des neuen Tages durch die Planken des »Konferenzzentrums« zu zwängen – wurde die Luke erneut geöffnet. Diesmal klang Gimbars Stimme anders, sozusagen offizieller. »Auf, ihr Faulpelze! Es geht los.«
»Und ich sage dir, er ist doch ein Pirat«, beschwerte sich Yomi.
»Nun hör schon auf«, ermahnte ihn Yonathan. »Du weißt ganz genau, dass er barsch sein muss. Das gehört zu seiner Rolle. Und wenn er die nicht überzeugend spielt, dann könnte es uns sehr schnell sehr schlecht ergehen.«
»Ich finde, er spielt sie sehr überzeugend«, brummte Yomi.
Ein frischer Wind wehte Yonathan um die Nase, salzig und belebend. Die Aufregung trieb einen Schauer über seinen Rücken und ließ ihn für einen Augenblick die Fesseln vergessen, die man ihnen um die Handgelenke gelegt hatte. Endlich ging die Reise weiter, sogar mit einem richtigen Schiff!
Zugegeben, das war eine sehr schmeichelhafte Bezeichnung für den kleinen Einmaster mit seinem Lateinersegel. Kaum dreißig Fuß lang, erinnerte er eher an einen Halbwüchsigen, aus dem erst noch eine vernünftige
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