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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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fehlt.«
    »Das glaube ich kaum, in ihrem Zustand.« Er warf einen Knopf zu den schlummernden Wachen hinüber. Er traf einen Wächter auf die Nase. Der schnaubte, brummte unwillig und fuhr blitzartig hoch, als er sich seiner Situation bewusst wurde. Schnell weckte er auch seinen Kameraden und beide begaben sich taumelnd und schwankend wieder auf ihre Posten.
    Gimbar nickte seinen Gefährten zufrieden zu. »Jetzt weiter«, sagte er knapp. Sie überquerten das Großdeck und näherten sich der Stelle, wo steuerbords die Mücke im Wasser lag. »Hier ist es«, flüsterte Gimbar. »Jetzt müssen wir nur noch unentdeckt in das Schiff gelangen, dann haben wir es so gut wie geschafft.« Plötzlich duckte er sich noch tiefer. »Pst! Da hinten bewegt sich etwas.« Er deutete zum Achterdeck hin.
    Yonathan und Yomi konnten nichts erkennen.
    »Wenn ich euch ein Zeichen gebe, dann folgt ihr mir, so schnell ihr könnt.« Gimbar wartete die Antwort seiner Freunde nicht ab. Wie ein lautloser Schatten huschte er zur Bordwand. Dort legte er sich flach auf die Planken und befestigte die Leiter an der abgebrochenen Reling. Regungslos blickte er zum Achterdeck hinüber.
    Yonathan pochte das Herz im Halse. Angespannt wartete er auf das Zeichen Gimbars, während er auf verdächtige Geräusche achtete. Endlich! Ein kurzes Winken und schon war Gimbar hinter der Bordwand verschwunden. Yonathan stieß Yomi in die Seite. »Komm!«, flüsterte er und eilte geduckt zur Strickleiter. Sie glitten über das Schanzkleid, während Gimbar von der Mücke aus die Strickleiter straff hielt, um zu verhindern, dass sie gegen die Bordwand klapperte.
    »Das war’s wohl. Ade Narga!«, wisperte Gimbar vergnügt.
    Yomi löste bereits die Leine, als jäh eine eisige Stimme in ihr Bewusstsein drang.
    »Ihr Narren«, flüsterte sie. Aber das Flüstern kam nicht von Bord der Narga. Es schwebte in ihren Köpfen und fraß sich wie ätzende Säure durch ihren Geist. Und noch einmal: »Ihr dummen, kleinen Narren! Habt ihr wirklich geglaubt, ihr könntet mir entkommen?«
    »Was war das?«, keuchte Gimbar. Er kauerte auf dem Schiffsboden, sein Gesicht bleich vor Schreck und schlang die Arme um den Körper, als wäre es bitterkalt.
    »Er ist es. Sethur«, flüsterte Yomi. Er kannte diese Stimme, gegen die es keine Gegenwehr gab, nur zu gut. Auch ihm stand die Furcht ins Gesicht geschrieben. Er blickte um sich, als müsse Sethur jeden Moment als riesenhafter Geist über dem Wasser erscheinen.
    In diesem Moment ertönte die Schiffsglocke. Schnell war die gesamte Besatzung auf den Beinen.
    »Am besten wir bleiben hier sitzen und warten ab, was man uns sagt«, meinte Yonathan tief enttäuscht. »Fliehen können wir sowieso nicht mehr.«
    So war es. Schon tauchten Schwerter, Lanzen und Bogen über ihren Köpfen auf. Auch Sethur erschien, nicht als Geist, sondern sehr wirklich. Mit vor der Brust verschränkten Armen rief er zu ihnen hinab: »Es war töricht von euch, aber in gewisser Weise verständlich. Wie dem auch sei, euer Ausflug ist beendet. Ihr könnt jetzt zurück an Bord kommen.« Seine Stimme klang wieder normal: mitleidslos, geschäftsmäßig, mit einem Hauch von Zorn.
    Als die drei Freunde zur Mitte des Hauptdecks geführt wurden, holte man gerade von der anderen Seite die pflichtvergessenen Wächter herbei. Sie wurden links wie rechts von einem Soldaten gestützt, da ihnen die Beine offenbar den Dienst versagten.
    »Seid mir gegrüßt, Sethur, alter Junge«, rief der eine gut gelaunt und versuchte eine weit ausholende Geste, die ihn ohne Zweifel von den Füßen gerissen hätte, wären da nicht seine Begleiter gewesen.
    »Ihr seht aus, als wäre Euch eine Laus über die Leber gelaufen. Ist Euch das Abendessen nicht bekommen?«, lallte der andere und kicherte fröhlich.
    Yonathan, Yomi und Gimbar waren von einer Anzahl Wachen umringt, die das eigentümliche Verhalten ihrer Kameraden fassungslos beobachteten. »Was hast du mit ihnen angestellt?«, flüsterte Yonathan Gimbar zu.
    Gimbar zuckte die Achseln. »Ich habe ihnen Bier zu trinken gegeben – mit etwas drin.«
    Yonathans Blick wanderte skeptisch zu den beiden Männern hinüber, die offenbar jeglichen Respekt verloren hatten. Er hätte gerne gewusst, was dieses Etwas denn gewesen sei, das solches bewirken konnte. Doch in diesem Augenblick ergriff Sethur das Wort.
    Der Heeroberste hatte die beiden Wächter eine kurze Zeit lang mit versteinerter Miene betrachtet. Nur seine mahlenden Kiefer verrieten seine Erregung.

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