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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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seiner geflickten Kleidung wie ein Fürst vorkam, boten mit lautem Geschrei ihre Waren feil; Soldaten eilten wachsamen Blickes vorüber, von unbekannten Befehlen getrieben. Yonathan zog unwillkürlich den Kopf ein; man wusste nie, wonach die Ordnungshüter Ausschau hielten.
    Ansonsten aber genoss er das Durcheinander. Wie ein Fisch schwamm er in dem Meer aus Menschen, Lärm und Farben. Ja, Farben gab es hier! Wenn ihn auch viel an den Großen Markttag von Kitvar erinnerte – das verbissene Feilschen, das ausgelassene Geschrei und Gelächter, die Schlägereien und die selbst zu dieser frühen Stunde schon vereinzelt herumliegenden Betrunkenen – so erschien hier doch alles bunter, schriller, lebendiger. Die langen Winter in der Nordregion machten die Menschen dort bedächtig – manche behaupteten schwerfällig. Die heißen Sommer und die milden Winter hier im Süden schienen dagegen das Blut der Menschen unablässig am Sieden zu halten.
    Yonathan und seine Freunde genehmigten sich ein üppiges Frühstück aus frischen Früchten, von denen Yonathan einige noch nie gesehen hatte, Käse, Brot und in Streifen geschnittenem knusprig gebratenem Fleisch. Um die Mittagszeit gönnten sie sich eine weitere Mahlzeit, ein Reisgericht, das mitten auf der Straße in einer gewaltigen Pfanne zubereitet wurde und schon von weitem herrlich duftete.
    Mit runden Bäuchen und beladen mit Proviant für die weitere Seereise, lenkten sie ihre Schritte auf Drängen Yomis nach Westen, zum Hafenviertel hin.
    »Warum hast du es so eilig, zum Hafen hinabzukommen?«, fragte Gimbar. »Willst dir wohl noch ein blaues Auge zulegen, bevor wir wieder aufbrechen. Du weißt ja, das Viertel vor den Stadtmauern Meresins hat nicht gerade den besten Ruf.«
    »Das ist mir bekannt«, erwiderte Yomi. »Auch wenn wir hier nie überwintert haben, so hat die Weltwind doch schon ziemlich oft ihre Ladung in Meresin gelöscht. Ich will mich ein wenig umhören, ob ich etwas über Kaldek und unser Schiff erfahre.«
    »Glaubst du, sie hat die Verfolgungsjagd mit der Narga überstanden? Ich würde es dir ja wünschen, aber…«
    »Die Narga hat es selbst unheimlich hart getroffen. Wenn einem der Großmast wegknickt wie ein morsches Holzbein, dann denkt man an andere Dinge als an Wettrennen.«
    »Er hat Recht«, meinte Yonathan.
    »Sicher«, schnaubte Gimbar und rieb sich die Nase. »Doch wie Yo sagt, er war schon oft hier. Vielleicht erkennt man ihn.«
    Yonathan zupfte sich am Ohrläppchen. »Wie wär’s, wenn du zum Hafen gehen und dich nach Kapitän Kaldek und der Weltwind erkundigen würdest, Gimbar? Dich kennt doch hier niemand, oder?«
    Gimbar schaute nachdenklich zu Boden. Dann warf er die Arme in die Höhe. »Also gut«, rief er. »Ich tu’s. Auf eure Verantwortung. In zwei Stunden treffen wir uns hier wieder!«
    Noch ehe seine beiden Begleiter etwas sagen konnten, war Gimbar davongeeilt, dem Hafen entgegen.
    Yonathan und Yomi drehten sich um und gingen auf einen Stand zu, an dem man süßes Gebäck bekommen konnte.
    Mit fettigen Fingern und glücklicher Miene betrachtete Yonathan den Stand der Sonne. Die zwei Stunden bis zur Rückkehr Gimbars würden wie im Fluge vergehen.
    »Du solltest diese Kuchen wirklich probieren, Yo. Sie sind ein Gedicht«, schwärmte er.
    »Du wirst noch die wenigen Münzen, die uns geblieben sind, für deine Fresssucht ausgeben, Yonathan!«
    »Wir haben Münzen genug«, lachte der und glaubte im nächsten Moment unzählige Ohren und Augen auf sich gerichtet. »Wir haben Münzen genug«, wiederholte er flüsternd. »Blodok hat Gimbar und Benith einiges mitgegeben. Und Gimbars Eltern haben ihrem Sohn so viel zugesteckt, wie er tragen konnte, ohne allzu sehr aufzufallen. Also was ist? Magst du noch was?«
    Yomi wandte sich an den feisten Standbesitzer: »Gebt mir drei von Euren Kuchen.«
    An eine Hauswand am Rande des Platzes gelehnt genossen Yonathan und Yomi das Gebäck. Es wärmte sie von innen, die Spätherbstsonne wärmte sie von außen und das fröhlich-bunte Treiben wärmte ihren Geist. Yonathan steckte einige Krumen in sein Hemd, wo sie Gurgi gierig entgegennahm.
    »Wenn sie so weiter frisst, passt sie bald nicht mehr in mein Hemd«, amüsierte er sich.
    Interessiert beobachteten sie das Treiben auf dem Markt, das Handeln und Feilschen, das bunte Gewirr von Menschen und Waren aller Art, als Yonathan ein bekanntes Kribbeln auf der Kopfhaut spürte. Sein Blick schweifte über die Gestalten in seiner Umgebung und blieb

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