Nesser, Hakan
hartnäckigen Metallgeschmack auf der
Zunge.
»Und
es war ganz und gar nicht unsere Absicht, es zur Sprache zu bringen. Aber es
war kein Unfall, bei dem die Tochter gestorben ist. Er hat sie getötet.«
»Was?«
»Ja,
genau. So war es.«
»Wer?«
»Aron
Fischer. Ihr Mann. Er hat das Mädchen getötet und versucht, auch Ursula zu
töten. Aber sie ist davongekommen, es war eine ganz schreckliche Geschichte.
Ja, Aron Fischer hieß er.«
»Hieß?«,
frage ich.
»Heißt«,
korrigiert Barbara Kripnik sich. »Nehme ich an.«
»Guter
Kaffee«, sagt Fingal Kripnik. »Du kochst wirklich außergewöhnlich guten Kaffee.«
Teil
III
33
Ich
sitze in einem alten Ledersessel in der Bank Street und höre zu.
Mr.
Edwards sitzt an seinem Schreibtisch, mit dem Rücken zu mir, und spricht ins
Telefon. Ihm höre ich zu. Versuche anhand seiner spärlichen Kommentare zu
deuten und zu interpretieren, was da besprochen wird.
Yes.
No. Maybe.
Of
course not.
Ich
bekomme nicht viel von dem Gespräch mit. Es ist in erster Linie Inspektor
Tupolkys am anderen Ende der Leitung, der redet. Er glaubt, er spräche mit Detective Sergeant Edwards von Manhattans Sechstem Polizeirevier. Mr.
Edwards und ich, wir haben uns gemeinsam für dieses Modell entschieden; so ist
es am einfachsten, und wir entfernen uns auch gar nicht so weit von der
Wahrheit. Den Namen haben wir nicht verändert, und das Polizeirevier liegt in
der Zehnten Straße, nur wenige Minuten von uns entfernt.
Wir
sind nicht allein im Zimmer. Auf dem Tisch vor mir liegt Trouble, einer der größten Kater, mit denen ich jemals Bekanntschaft
gemacht habe. Mr. Edwards behauptet, er sei fast zwanzig Jahre alt, habe
hellseherische Kräfte, und ihm gefalle Gershwin. Keine andere Musik. Aber ich
weiß nicht, Tierbesitzern gefällt es oft, ihre Kuscheltiere auf diese Art und
Weise zu mythologisieren, das habe ich schon bei verschiedenen Gelegenheiten
erlebt.
Trouble interessiert mich nicht besonders. Was auf Gegenseitigkeit
beruht, wir scheinen in dieser Beziehung wortlos eine Übereinkunft getroffen zu
haben.
Es
ist Freitagvormittag. Es sind zwei Wochen vergangen, seit mich meine Ehefrau
Winnie verlassen hat. Es sind vier Tage vergangen, seit das Ehepaar Kripnik
mich über Aron Fischer aufgeklärt hat.
Es
ist eine ganze Menge im Laufe dieser Tage aufgedeckt worden. Insbesondere durch
Mr. Edwards' Bemühungen, ich weiß wirklich nicht, was ich ohne seine Raffinesse
und seinen freundlichen Einsatz getan hätte. Langsam begreife ich, dass er zu
seinen Zeiten seinen Beruf vorzüglich ausgeübt haben muss. Wirklich vorzüglich.
Meine
Ehefrau hieß vor fünfzehn Jahren eigentlich Ursula Fischer.
Bevor
sie Aron Fischer 1992 heiratete, hieß sie Ursula Nedomanska.
Ursula
Winnifred Nedomanska genau gesagt. Mason ist
ganz einfach ein Anagramm aus fünf Buchstaben ihres Mädchennamens.
Sie
hat ihn sich selbst ausgesucht, als sie nach den Ereignissen 1997 eine neue
Identität bekam. Ursula Winnifred Fischer wurde zu Winnie Mason.
Es
fällt mir schwer zu verstehen, was wirklich geschehen ist. Schwer zu akzeptieren,
dass ich sieben Jahre mit einer Frau gelebt habe mit so einer geheimnisvollen
Vergangenheit im Gepäck.
Und
nichts davon bemerkt habe. Nichts verstanden habe; es ist nicht leicht, mit
meiner Ahnungslosigkeit zurechtzukommen - andererseits: meine Ahnungslosigkeit
hat momentan absolut keine Priorität, und wie hätte ich es denn auch wissen
sollen? Winnie hatte sich dazu entschieden, mich aus diesem Teil der
Geschichte außen vor zu lassen. Das war ihr Entschluss, nicht meiner. Ich weiß
nicht, ob ich das Recht habe, ihr deshalb Vorwürfe zu machen, vielleicht war
es für sie notwendig, um überhaupt weiterleben zu können. Vielleicht war es der
einzige Weg.
Aber
das stellt sie in ein neues Licht. Ein scharfes, sonderbar blendendes Licht ist
das, und erst wenn ich nicht mehr von ihm geblendet werde, kann ich anfangen,
mir eine Vorstellung davon zu machen, was es bedeutet.
Gleichzeitig
denke ich aber, dass es auch etwas Gutes haben kann, dieses neue Licht, es gibt
Anzeichen dafür. Wenn ich sie eines Tages wiedertreffe, werde ich das mit
Gewissheit sagen können.
Winnie,
meine Ehefrau.
Und
Sarah? Ist das möglich?
Sie
heirateten am 20. Juni 1992 kirchlich in der kleinen französischen Stadt
Cambroix. Nachdem Inspektor Tupolsky die Schweigepflicht gut umschifft hatte,
war es nicht schwer für ihn, an Informationen zu kommen. Ursula Nedomanska ist
die Tochter des
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