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Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit

Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit

Titel: Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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sollte man sich an der Bezahlung des Specks beteiligen?
    »Einer steuert einen Ärmel, einer einen Knopf und der dritte den Stiefelabsatz dazu«, neckte Klaus.
    Man überbot sich in lustigen Vorschlägen. Schließlich durfte Marianne ihren Speck allein behalten.
    »Wir kriegen schon noch mehr Speck, ohne mit Kleidern und Schuhen zahlen zu müssen«, trösteten sich die andern.
    Das Glück schien ihnen wirklich lächeln zu wollen. Ein Mann, mit dem sie auf der Landstraße ins Gespräch kamen und den sie um Auskunft baten, wo man nicht zu teuer Speck und Butter bekäme, meinte: »Das dritte Dorf von hier, Hauptstraße 11, wohnt die Kusine von meiner Großmutter. Rike Lehmann heißt sie. Der bestellen Sie einen schönen Gruß von mir, und sie soll Ihnen Schinken und Eier, Wurst und Speck recht billig geben; was Sie wollen.«
    Strahlend dankten sie dem netten Mann. Klaus teilte seine letzten Zigaretten mit ihm. Dann ging's weiter.
    Es war glutheiß auf der sonnigen, staubigen Landstraße. Die Rucksäcke fingen an unbequem zu werden. Man ging und ging, doch der Kirchturm des bezeichneten Dorfes schien immer weiterzurücken. Ob man es aufgab ? Nein ... nein! Zu verlockend war es, was Frau Rike Lehmann für ihre Hamstergier hatte. Ilses neue Schuhe begannen zu brennen. Vera war total ermattet und konnte nicht weiter. Da ließ Annemarie ihre Zupfgeige erklingen. Nun ging es wieder mit frischem Mut und neuen Kräften vorwärts.
    Endlich, es war schon Vesperzeit, war das Land, wo Milch und Honig fließen sollte, erreicht. Das Dorf schien nur eine einzige Straße zu haben. Sicher mußte das die Hauptstraße sein. Wo war nun die Nummer elf? Soviel man auch suchte, es gab keine Hauptstraße 11 in dem ganzen Dorf. Und eine Rike Lehmann erst recht nicht. Das ganze Dorf lief zusammen und half suchen.
    »Es hat sich gewiß jemand einen Spaß mit euch gemacht«, meinte schließlich einer der Bauern, die vor dem Wirtshaus saßen. Da lachten sie alle aus vollem Halse über die genasführten Berliner. Die aber lachten mit.
    Was schadete es, daß sie sich die Schuhsohlen umsonst nach den in Aussicht gestellten Herrlichkeiten abgelaufen hatten? Es war doch ein herrlicher Tag. Was machte es, daß sie von der nächsten Bahnstation keinen Zug mehr nach Berlin bekamen und mit einem Güterzug nach Hause befördert werden mußten? Das gab nur neuen Stoff zum Lachen.
    Schmerzlich war es bloß, daß Ilses neue Schuhe schwarz waren statt weiß, daß Mariannes mattblaues Kleid goldene Spuren des geknickten Eies aufzuweisen hatte und daß Klaus seinen halben Zentner Kartoffeln im Stich lassen mußte, da man unmöglich noch mal den weiten Weg zurückmachen konnte.
    Solch eine Hamsterfahrt zur Kirschblüte war doch wundervoll.

Berlin auf Rädern
     
    Es ging auf die großen Sommerferien zu. In der Schule wurde nirgends mehr ernst gelernt. Allenthalben spukten Badeanzüge, Nagelschuhe und Rucksack, Hängematten und Koffer in sämtlichen Größen durch die Köpfe der Schüler und Lehrer. Die Obersekunda des Schubertschen Lyzeums machte davon keine Ausnahme.
    Im Gegenteil, die Freundinnen schmiedeten eifrig Ferienpläne. Ulrichs gingen an die Ostsee und nahmen Ilse Hermann mit. War das eine Seligkeit, daß die beiden Unzertrennlichen nun Tag und Nacht zusammen sein konnten. Marianne reiste mit den Eltern in den Harz. »Da brauche ich zum Glück nur ein Lodencape, keinen Mantel.« Das schien Marianne das Beste von der Reise. Denn sie hatte die Strafpredigt wegen der ohne Erlaubnis verschenkten Kleidungsstücke noch nicht vergessen. Vera begleitete ihre Tante zur Kur nach Kissingen. Margot blieb zu Hause, da alles so schrecklich teuer in diesem Jahr war und die Familie kinderreich. Aber sie tröstete sich damit, daß Annemarie Braun wohl auch nicht verreisen würde. Dann konnte man täglich zusammen morgens mit Frühstücksbroten in den Grunewald hinausfahren; man würde nach Haiensee gemeinsam schwimmen gehen und auf dem Balkon nebeneinandersitzen mit Handarbeiten oder Büchern. Eigentlich war das noch viel schöner, Annemarie für sich ganz allein zu haben, als zu reisen. Dann war sie fünf Wochen lang ihre beste Freundin.
    Da machte ein Brief die schönen Pläne Margots zunichte. Die beiden Backfische saßen, mit Schularbeiten beschäftigt, jeder auf seinem Balkon. Durch die dünne Wand, welche sie voneinander trennte, verständigten sie sich ab und zu mittels ihrer Klopfsprache. Die stammte noch aus ihrer Kinderzeit her und wurde eifriger geübt als

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