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Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Titel: Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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würdigen wissen. Es würde schon wieder gut werden. Eine regelrechte Erklärung hatte er ihr gemacht. Ja, aber sie hatte sich dazu doch nur mit einem kalten Wasserstrahl geäußert. Wenn er das nun als eine Zurückweisung auffaßte? Er war so wütend fortgegangen. O Gott, Ilse packte bittere Reue. »Die Leute auf dem Lande sind doch mächtig dämlich, Tante Ilse, daß sie die Wäsche erst trocknen lassen und nachher wieder naß machen«, philosophierte Vronli beim Gießen.
    Tante Ilse hörte nicht.
    »Iß Tatte Ise unatig dewest, hat Onte Laus se nich mehr pieb?« fragte Klein-Ursel mit großen Augen. Ilse vermochte keine Antwort zu geben. Sie starrte ein Loch in die blaue Luft, die die Schwalben in großem Bogen durchsegelten. Aber sie jubelten nicht mehr, die Schwälbchen. Ihr Quiewitt klang nicht mehr glückverheißend. »Tante Ilse, die niedliche deine Meckmeckziede weint noch immer.« Jämmerlich klang das Gemecker herüber. Ilse weinte unsichtbare Tränen mit der kleinen Meckmeckziege. Hinter Ilse aber stand der kleine Wicht, der geflügelte Liebesgott, und lachte sich ins Fäustchen. Dann jagte er spornstreichs hinter der nassen gelben Leinenjacke her und ballte Klaus' Hand zu einer Faust, die er in der Richtung nach Grotgenheide schüttelte. Denn daß der Peter ihm die Ilse fortgeschnappt hatte oder fortschnappen würde, das war ja jetzt sonnenklar. Und als er sich genug über den wütenden Klaus belustigt hatte, da machte der durchtriebene Schlingel kehrt und flog hinüber über den Erlengrund nach Grotgenheide zu, um dort weiter sein Spiel zu treiben.
    Tiefblau schillerte das Meer. Jetzt violett, jetzt smaragdgrün und nun wieder in den zartesten Perlmuttfarben. Unsagbar schön war es, so schön wie noch an keinem Tage. Eigentlich fand das aber Marlene immer wieder. Jeder Tag dünkte ihr schöner als der vorangegangene.
    »Ihre Augen sind unergründlich wie das blaue Meer, Fräulein Marlene ...«. Sie hörte wieder Peters Stimme. Warm und innig hatte sie geklungen. War es gestern gewesen oder vorgestern, als er hier beim Meeresrauschen neben ihr gesessen? Sie hatte jede Zeitbestimmung verloren. Sie fühlte sich eins mit dem Meer. Aber das wußte sie, wenn er heute wieder neben ihr säße - und er würde sicher kommen, das fühlte sie - wenn er wieder so gute Worte zu ihr spräche, so zaghafte Fragen stellte und auf halbem Wege, erschreckt über seine Kühnheit, innehielte, wie das seine Art war, dann mußte sie es ihm erleichtern, ihm zeigen, daß sie nicht das unnahbare Wesen war, für das er sie hielt.
    Von drüben erschallte das Jauchzen der badenden Kinder. Die Grotgenheider hatten den Lüttgenheidern heute den Rang abgelaufen. Aber jetzt schienen auch sie drüben am Familienstrand eingetroffen zu sein. Das laute Kreischen verriet es. Das konnten nur Annemaries Küken sein. Die drei Mädelchen von Elli waren stille Kinder, ihr Ältester mit seinen vierzehn Jahren schon recht verständig, Klein-Ursel brüllte - natürlich wollte sie wieder nicht »in das olle Bausewascher«. Marlene hatte ihr Bad schon hinter sich. Sie liebte es, gleich früh, wenn es noch ganz leer am Strand war, weit hinauszuschwimmen. Meist in Gemeinschaft mit ihrer Kusine. Aber heute war ihr Ilse untreu geworden. Wo blieb sie denn? Ließ sich ja gar nicht sehen. Sie kannte doch ihr Lieblingsplätzchen hier oben auf den Dünen, wo sie still für sich las und träumte. »Marlenenlug« hatte Peter Frenssen es getauft.
    Hier hatte er sie gefragt, ob ihr das ländliche Leben zusage. Um sich dann wieder auszuschweigen. Ein oder zwei Tage später, ob sie sich wohl vorstellen könne, wie einsam es im Winter auf Grotgenheide sei. Wollte er sie abschrecken? »Einsam mag es wohl sein, aber selbst die Wintereinsamkeit am Meer muß schön und erhaben sein«, hatte sie geantwortet.
    »Sie würden sicher Konzerte und Theater der Großstadt entbehren?« Das hatte wie eine halbe Frage geklungen. Und Marlene mit ihrer Ehrlichkeit hatte dies auch zugegeben, aber hinzugefügt, man müsse eben andern Ersatz dafür haben. »Was für einen Ersatz?« hatte er eifrig geforscht.
    »Nun ... gute Bücher zum Beispiel ...«, hatte sie sich schnell herausgeredet. Da war der warme Strahl in seinen Augen erloschen. Er war zu weltfremd, kannte zu wenig die Frauenseele, um zu wissen, daß selbst die ehrlichste in solchen Fällen sich hinter einer Mauer verschanzt. Aber daß sie gerade von den dummen Büchern hatte sprechen müssen, das war erzdämlich von ihr

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