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Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Titel: Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Schneefedern. Ursel stürmte die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal. Oben läutete sie Sturm.
    »Herreje«, sagte die mit Gemütsruhe angeschlurft kommende Hanne, »biste denn janz und jar von Jon verlassen, Urselchen, so'n Spektakel zu machen.« »Tag Hanne - ist Milton zu Hause?«
    »Du meinst woll Omaman« - verbesserte Hanne grimmig. »Jeh' man jleich rein bei ihr.« Ursel zögerte nur sekundenlang. Natürlich mußte sie zur Großmama. Sie hätte nur so brennend gern Milton die große Neuigkeit als erstem erzählt. Da wurde bereits die Tür der Tavares aufgerissen. Milton hatte ihre Stimme erkannt.
    »Oh, das ist gutt - serrgutt das.« Er griff erfreut nach ihren Händen. »Ich sitze in Zimmer und denke an blondes liebes Mädchen, da ich höre ihre Stimme. Bitte geben Sie nasse Mütz.« Er nahm ihr die schneebestreuten Sachen ab.
    »Ich habe nicht lange Zeit, Milton.« Seit dem Novembertage, da sie miteinander »verknurrt« gewesen waren, nannten sie sich stillschweigend beim Vornamen.
    »Nur erzählen muß ich es Ihnen, daß ich der glücklichste Mensch auf der Erde bin.«
    »Warrum glücklichste Mensch auf Errde?« fragte er, ein wenig mißtrauisch.
    »Von allen Hochschülerinnen hat Professor Lange mich ausgewählt, am neunzehnten im Meisterkonzert öffentlich aufzutreten. Das erste Konzert, Milton - nun werde ich bald eine berühmte Sängerin. Was sagen Sie bloß dazu?« Ursels Worte überstürzten sich.
    Aber der Widerhall ihrer Freude, den sie erwartet hatte, blieb aus. Milton Tavares zupfte stumm an seiner Krawatte, ein Zeichen, daß ihn etwas stark erregte.
    »Nanu, Milton? Freuen Sie sich denn gar nicht, daß Ihre Freundin nun bald berühmt sein wird? Und wenn ich erst an die Oper darf - wenn ich den ersten Lorbeerkranz bekommen werde -«
    »Nicht berrühmt - nicht Oper - nicht Lorrbeerkrranz. Deutsche Mädchen tragt Kranz von Myrrten«, sagte er voll Lebhaftigkeit. »Urrsel, liebe, liebe Urrsel muß haben Kranz von Myrten.« Wieder griff er nach ihren Händen.
    »Ich denke ja gar nicht dran«, lachte Ursel lustig, um das Gefühl der Beklemmung, das ihr plötzlich das Herz einengte, nicht aufkommen zu lassen. »Erst kommt der Lorbeerkranz - zu einem Myrtenkranz habe ich noch lange, lange Zeit.« Es klang doch nicht ganz so keck wie sonst.
    »Nicht Zeit - gar nicht Zeit lange. Vater schreibt aus Sao Paulo, ist nicht gesund, Kinder sollen kommen heim, Sohn muß helfen ihm in Kaffee-Export, oh, ein serr, serr großes Export!« Er zog ihre Hände, die plötzlich eiskalt waren, an sein Herz. »Urrsel - liebe, liebe Urrsel, wenn Frrühling kommt, ich muß forrt auf grroße Schiff und Schwester Marga auch.«
    »Fort -«, wiederholte Ursel tonlos. »Milton, das ist ja gar nicht möglich!«
    Als Milton sah, daß in den sonst so übermütigen Blauaugen Tränen standen, preßte er seine Lippen auf Ursels Hände.
    »Nicht weinen - oh, nicht weinen wegen mir. Ich fahrre nicht forrt ohne Urrsel, ohne meine Urrsel.«
    »Na, nu sag mal, Urselchen, jehste nu heute noch bei deine Frau Omaman oder jehste nich!«
    Energisch öffnete Hanne die Tür zum Wohnzimmer, daß helles Licht in den dämmerigen Korridor hinausflutete. Ganz blaß sah es aus, das Kind!
    »Jeh man rein, Urselchen. Omamachen is drinne und freut sich auf dir.« Sie schob Ursel energisch vor sich her in das Zimmer hinein.
    »Ei, mein Urselchen, das ist aber eine freudige Überraschung. Heute war ich gar nicht auf deinen Besuch vorbereitet«, empfing sie die Omama, die in ihrem Lehnstuhl mit einem Strickzeug saß und in das Schneetreiben hinausblickte, erfreut.
    Ursel mußte sich zusammenreißen, um die Großmama so herzlich wie sonst zu begrüßen. In ihr war alles in Aufruhr.
    Die alten Augen hatten über die Brille hinweg schon verschiedene Male prüfend die Enkelin gestreift. Was war mit dem Kinde?
    »Nun, Urselchen, wie ist es dir heute in der Hochschule ergangen?« sondierte die Großmama das Terrain. Hatte Ursel dort Unannehmlichkeiten gehabt? »Ach, Omamachen - !« Ursels Gedanken mußten sich aus Brasilien, wohin sie entschlüpft waren, erst wieder zurücktasten - die Hochschule - ja, war das denn wirklich noch keine halbe Stunde her, daß sie sich als glücklichster Mensch der ganzen Welt wähnte? »Professor Lange hat mich heute dazu auserwählt, im nächsten Meisterkonzert - am 19. Dezember findet es statt - für eine Sängerin, die abgesagt hat, einzuspringen. Ich soll zum ersten Mal öffentlich singen, Omamachen. Ihr müßt alle kommen,

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