Nestor Burma in der Klemme
schon da,
quietschvergnügt. Hatte schon einen gezwitschert. Ich sollte unbedingt mit ihm
anstoßen. ,Danke für den Tip’, hat er gesagt. ,Ihr Freund ist ‘n richtiger
Zauberer, der Heilige Antonius von Padua in Person!’ Briancourt hat hier
gegessen und ist erst spät abgehauen. Hatte ordentlich Schlagseite!“
* * *
Zum Essen gingen Hélène und ich woandershin. Die
Preise im Ile de la Tortue vertrugen sich nämlich nicht mit meiner
Brieftasche. Beim Nachtisch versuchten wir, aus den Informationen ein Puzzle
zusammenzubasteln. Hélène glaubte weiterhin, daß Barton und die unbekannte
Schöne aus dem Taxi wußten, wo die Barren lagen.
„Thévenon ging davon aus, daß die Frau als erste
an das Versteck kommen würde, vor Barton, der ja in Haft saß und trotz allem
nicht so bald rauskommen würde. Und so war’s dann auch: Die ehemalige Geliebte
holte sich die Barren, Barton kommt später nach Paris zurück und macht sich auf
die Suche nach der Frau. Dazu braucht er einen seriösen, diskreten
Privatdetektiv. Bevor er sich mit Ihnen in Verbindung setzen kann, findet er die
Gesuchte. Wahrscheinlich wechseln die beiden süßsaure Worte, was mit Bartons
Tod endet...“
„Auf der Straße?“ warf ich ungläubig ein.
„Sie können sich doch für den nächsten Tag in
Bartons Wohnung verabredet haben, oder?“ gab Hélène ärgerlich zurück. „Als Bartons
Freunde dann von dem Mord erfahren, laufen sie zu der Mörderin, um mit ihr ein
paar passende Worte zu wechseln. Und genau in dem Augenblick tauchen Sie auf,
Chef!“
„Wenn ich recht verstehe, wäre Lydia Verbois die
Mörderin?“
„Ja.“
„Und gleichzeitig die verschleierte Frau aus dem
Taxi?“
„Ja.“
„Nach den Vorsichtsmaßnahmen bei und nach der
Taxifahrt zu urteilen, muß die Unbekannte eine gewisse gesellschaftliche
Stellung innehaben und verheiratet sein. Außerdem dürfte sie kein Kind mehr
gewesen sein. Sonst hätte sie sich an der Episode durch Angst verraten oder
sich mit dem Abenteuer gebrüstet. Lydia Verbois ist ja jetzt noch ein halbes
Kind. Vor drei Jahren war sie ein ganzes... Um aber auf gestern morgen
zurückzukommen: Barton hat sich von einem speziellen Medizinmann seinen
Brummschädel kurieren lassen. In seiner Todesstunde befand sich Lydia Verbois
nämlich mit mir zusammen im Luftschutzkeller.“
„Woher kennen Sie so präzise Bartons
Todesstunde?“
„Niemand in dem Gebäude hat die Schüsse gehört.
Sie können nur gleichzeitig mit den Bomben gefallen sein.“
„Und das Sirenengeheul vorher?“
„Das Sirenengeheul hätte nicht ausgereicht, die
Schüsse zu übertönen. Als es so richtig losging, stand das Mädchen schon auf
der Straße.“
„Auf jeden Fall hatte sie Angst vor der
Polizei“, beharrte Hélène.
„Da muß ich Ihnen allerdings zustimmen. Dafür
gibt es mindestens drei Beweise. Erstens die Szene mit dem Flic, dem sie nur
gehorchte, um nicht aufs Revier geschleppt zu werden. Dann die Szene in der
Metro. Offensichtlich paßte es ihr nicht, daß ihr jemand folgte. Und
schließlich die Szene in Bois-le-Roi. Nachdem die Gangster — sicherlich keine
Einbrecher! — weggefahren waren und ich mich nicht sofort verabschieden wollte,
hätte sie die Flics anrufen können. Stattdessen wählte sie eine weniger legale
Lösung.“
„Sehen Sie!“
„Ja, ich sehe. Und falls die Frau Staatsanwalt
noch weitere Argumente hören will, bitte, Euer Ehren: Lydia Verbois war
dermaßen lärmempfindlich, daß sie nicht mal auf ihre Peiniger geschossen hat.
Sie wollte auf keinen Fall die Nachbarn aufscheuchen. Hat auch nicht geschrien,
als der Fliehende mit seinem Boxer in ihre Wohnung eingedrungen ist. Ihre
Erklärung dafür paßte hinten und vorne nicht. Das Haus steht nicht einsam, und
der Bewohner gegenüber war auch nicht ausgeflogen, obwohl sie das Gegenteil
behauptet. Aber das alles beweist noch gar nichts. Ich bin gestern ebenfalls
vor der Polizei weggelaufen und hab trotzdem niemanden umgebracht. Außerdem
fürchten sich ‘ne Menge Leute vor den Flics, aus den verschiedensten Gründen.
In unserem Land gibt’s nicht nur unsere gute alte Sûreté .
Nein, die Deutschen haben uns ihre Gestapo auf den Hals geschickt. Monsieur
I.D.U.S. wird Ihnen gerne mehr darüber erzählen. Was halten Sie übrigens von
dem Erpresserlein?“ Hélène zuckte die Achseln.
„Monsieur I.D.U.S.“, sagte ich, „ist ganz
versessen darauf, mich aus Paris zu vertreiben. Seine Geschichte mit dem
möglichen Klienten ist reiner
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