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Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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beeilen, können Sie sie noch dort antreffen.“
    „Und wie ich mich beeilen werde!“ versicherte
ich.
    Ich kritzelte hastig ein paar Zeilen auf einen
Zettel.
    „Geben Sie das an Covet weiter. Im Laufe des
Tages werd ich mehr erfahren.“
    Ich sprang die Treppe hinunter. Kaum hatte ich
einen Fuß auf den Bürgersteig gesetzt, als es passierte.
    Ein Wagen kam im Zickzack aus der Rue de Cramont
und beendete seine gefährliche Fahrt in einem Strauch. Ein Polizist kam
herbeigelaufen. Schaulustige sammelten sich. Ich drängte mich nach vorne. Der
Flic öffnete die Wagentür.
    Starr saß er auf dem Fahrersitz, die Arme
herunterhängend, die Wange auf dem Steuer: ein dicker Mann mit Stirnglatze. Der
dunkle Halbkreis unter dem linken Auge unterstrich noch den aschfahlen Teint.
    Seine fetten Hände und die elegante Hose waren
blutverschmiert. Auch auf dem Sitz und dem Boden klebte Blut.

11

Lydia lügt
     
    In Rekordtempo stürmte ich wieder hoch ins Büro.
Hélène hatte sich erbarmt und Reboul an der Underwood abgelöst.
    „Kommen Sie!“ rief ich Reboul zu. „Unten gibt’s
einen Dicken zu sehen. Er hat in der ersten Reihe gesessen, als blaue Bohnen
verteilt wurden. Ist gerade am Steuer eines Wagens krepiert. Sie gehen jetzt
runter, stellen sich zu der Menge und versuchen, soviel wie möglich
rauszukriegen.“
    Reboul sagte nur „O.K.“, rückte seinen Hut
zurecht, nahm im Vorbeigehen seinen Mantel vom Haken und ging hinaus.
    „Was ist los?“ fragte Hélène.
    „Die Solopartien des Emmanuel Chabrot, Direktor
von I.D.U.S., gehören der Vergangenheit an“, erklärte ich. „Der Erpresser hat
ausgepreßt. Man hat ihm das Lebenslicht ausgeblasen.“
    „Nein!“ rief Hélène. „Er...“
    Ich nickte.
    „Ja, er sitzt unten tot in seinem Wagen.“
    „Da kann man ja richtig nervös werden“, bemerkte
Hélène.
    „Wer nervös geworden ist, ist Chabrot. Und
jemand, der etwas kaltblütiger ist, hat das wieder in Ordnung gebracht.“
    „Waren Sie dabei?“
    „Nicht nötig, ist doch sonnenklar! Der
Fliehende, sein Boxer und Chabrot bildeten eine Interessengemeinschaft, die
Gemeinschaft der Goldsucher, wenn ich das mal so sagen darf. Vorgestern in
Bois-le-Roi haben die beiden ersten auf den dritten gewartet. Deswegen war die
Eingangstür nicht verschlossen. Und deswegen haben sie auch das Weite gesucht:
um ihrem Chef von meinem Überraschungsbesuch zu berichten. Kann sein, daß der
Fliehende mich kennt. Chabrot hatte den genialen Einfall, mich durch eine
hübsche kleine Erpressung auszuschalten. Seinen Komplizen hat das von Anfang an
nicht gefallen. Es kommt zum Streit. Ich wette mit Ihnen um eine
Lebensmittelmarke, daß Chabrot auf dem Weg zu mir war, um mir einen Vorschlag
zu machen. Hätte nicht viel gefehlt, und die Agentur wär in eine Leichenhalle
verwandelt worden. Da ist es mir schon lieber, daß sie ihn auf der Straße
abgeknallt haben.“
    „Ja, klar“, stimmte Hélène mir zu, „die Flics
haben sich schon mehr als genug für Sie interessiert... Aber eins muß man Ihnen
lassen: Sie haben ein Talent für abenteuerliche Hypothesen, Chef! Also, der
Fliehende ist der Mörder?“
    „Als der Fliehende mich vorgestern sah, fiel ihm
nichts anderes ein als... zu fliehen. Die Initiativen, die er ergreift, sind
durchweg Rückzieher. Nein, jemand anders hat mit Chabrot abgerechnet. Und wenn
ich dem in Bois-le-Roi begegnet wär, hätte ich keine Zeit gehabt, mich zu
erkälten.“
    „Also Monsieur X?“
    „Hören Sie mal, mein Schatz“, flüsterte ich und
beugte mich zu meiner Sekretärin vor. „Im Vertrauen gesagt...“
    Ein Blick auf ihre Armbanduhr ließ mich
aufspringen. „Später mehr!“ rief ich und rannte hinaus.
     
    * * *
     
    Ich setzte mich in einen Winkel des Komak, wo ich sehen konnte, ohne gesehen zu werden. Der Kellnerin sagte ich, mir
genüge das Menü zu 18 Francs 50, ich hätte es eilig. Ich zahlte sofort und gab
ein Trinkgeld, das genauso hoch war wie der Preis des Menüs. Das Lächeln kehrte
in das Gesicht der Kellnerin zurück. Als ich das billigste Menü bestellt hatte,
war es schlagartig verschwunden gewesen.
    Ich begann, auf dem Löschpapier herumzukauen,
das die irreführende Bezeichnung „Pastete“ trug. Im Spiegel sah ich den Rücken
von Lydia Verbois. Sie saß mit einer anderen jungen Frau und einem charmanten,
vielleicht etwas zu femininen Mann an einem Tisch. Das Trio schien sich zu
kennen. Der junge Mann bestellte drei Kaffee. Im selben Augenblick setzte mir
die Kellnerin ein

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