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Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Runde schickte, drehte sich der Gast zu mir um. Es war Marc Covet, der
sensationslüsterne und trinkfreudige Journalist. Er war hocherfreut, mich zu
sehen. Ich auch.
    „Haben Sie neulich gekriegt, was Sie wollten?“
fragte er.
    Er meinte den Tabak. Ja, antwortete ich, und bei
meiner Grippe werde er bestimmt lange reichen. Auf das Stichwort „Grippe“ hin
verlangte ich einen Grog, aber Mademoiselle Marguerite blieb hart. Ich mußte
mich mit einem Ersatzkaffee begnügen. Zum Trost gab es zwei Stücke echten
Zucker.
    Während Marc weiter den leicht angesäuselten Don
Juan spielte, nahm ich eine Zeitung von der nassen Theke und überflog sie. Auch
sie ließ sich lang und breit über den Mord an Barton aus. Ich unterbrach die
Annäherungsversuche meines Freundes.
    „Scheint ja die Sache im Moment“, sagte
ich und zeigte auf den Artikel.
    „Pah!“ stieß Covet abfällig hervor. „Nur für die
Anfänger. Die haben die glorreichen Zeiten nicht miterlebt! Machen sich noch
Illusionen...“
    Er unterstrich seine Meinung mit einer
wegwerfenden Handbewegung. Das Ganze war für ihn lächerlicher Kleinkram.
    „Den Crépu hab ich noch nicht in die
Finger gekriegt“, sagte ich. „Aber Sie haben doch sicher auch was von sich
gegeben, oder?“
    „Kein Wort! Das überlaß ich den Bürohengsten.
Aber... Wenn ich wollte, wie ich könnte... Würd sie alle an die Wand schreiben!
Aber sagen Sie mal, Nestor Burma, das ist ja komisch... daß Sie darauf zu
sprechen kommen, meine ich. Interessieren Sie sich zufällig für den Fall?“
    „Inzwischen nicht mehr.“
    Er kniff seine wässrigen Augen zusammen und
brach dann in schallendes Gelächter aus, wobei er den Mund weit aufriß. Man
kann sehr gut auf Zahnpasta verzichten, aber die Zähne werden dadurch nicht
grade weißer!
    „Ach“, sagte er, als er sich wieder beruhigt
hatte, „dann hab ich also eins Ihrer berühmten Geheimnisse angetickt?! Aber Sie
können Ihre Verschwörermiene ruhig wieder absetzen. Das macht keinen Eindruck
auf mich. Hab lange genug um Informationen gebettelt. Heute pfeif ich drauf!
Ich habe nämlich andere Quellen, jedenfalls was diesen Fall betrifft. Wie
gesagt, ich kann die jungen Kollegen alle in die Tasche stecken. Bin mit der
Goldzugaffäre sozusagen groß geworden. Was ich nicht weiß, ist nicht viel.“
    „Sie werden ja beinahe lyrisch“, sagte ich
lachend. „Hatte Sie schon immer in Verdacht, mediterrane Vorfahren zu haben.
Ich glaube, Sie sind ein kleiner Schaumschläger.“
    „Haha! Sie wollen mir wohl Würmer aus der Nase
ziehen, was? Aber ich bin besser als Ihr Ruf, Burma. Wenn Sie einen
ordentlichen Drink spendieren, will ich mal nicht so sein.“
    „Kaffee?“ schlug ich vor.
    „Von wegen! Die Grippe verdirbt wohl völlig
Ihren Geschmack. Gehen wir nach hinten, da ist es dunkler. In diesem Jahr ist
der Alkohol so schüchtern wie’n kleines Mädchen.“ Kurz darauf saßen wir im
Hinterzimmer, und Marc Covet eröffnete die Gesprächsrunde.
    Im großen und ganzen unterschied sich seine
Version nicht sonderlich von Faroux’ Bericht über den Goldraub. Der Stil war
ein anderer, aber die Substanz blieb dieselbe. Ich bedauerte, mich in Unkosten
gestürzt zu haben. Nur eins — leider was Nebensächliches — erfuhr ich: Mac
Duffine war es gewesen, der Thévenons Foto zu früh in der Zeitung
veröffentlicht hatte. Seine Verbindungen zur Präfektur verhalfen ihm zu den
nötigen Informationen über bevorstehende Polizeiaktionen.
    „Wenn ich das richtig sehe“, stellte ich fest,
um meine Gesprächspause zu füllen, „dann ist die Sache mit dem Goldraub von
einem Zufall in den anderen gestolpert.“
    „Das sehen Sie richtig“, sagte Covet und
schlürfte seinen fünften Calvados. „Und dann noch das mit dem Revolver...“
    „Was für’n Revolver?“
    „Der durch die Post geschickt wurde.“
    „An wen?“
    „An die Flics. Ich bin der einzige Journalist,
der davon weiß. War nämlich streng geheim, müssen Sie wissen. Aber wie schon
gesagt: Ich hab meine Augen und Ohren überall! Gebracht hat es übrigens nichts,
keine Zeitung hätte es drucken können. Hätte nur Ärger gegeben... Und ich mußte
mich besonders zurückhalten, nach meinem Sensationsartikel damals..
    „Also, was war mit der Kanone?“
    „Der Revolver, den Thévenon dem Kripochef so
bühnenreif auf den Schreibtisch geschmissen hatte, war nagelneu. Der konnte
bestimmt nicht bei dem Überfall benutzt worden sein. Drei der Kugeln, die in
den Leichen der Wachposten steckten,

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