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Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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meine Berufskollegen in Paris anzurufen und sie zu fragen,
ob ein gewisser Pierre Friant schon einmal bei ihnen gearbeitet habe.
    Die ersten beiden verneinten. Der dritte Kollege
fing sofort an, eine fünf Jahre alte Geschichte, bei der wir gegeneinander
gearbeitet hatten, wieder aufzuwärmen. Entmutigt legte Hélène auf. Sie war
sogar rot geworden. Der Kollege schien noch ruppiger zu sein als ich. Mit der
vierten Telefonnummer hatten wir endlich Glück. Hätten sofort mit ihr anfangen
sollen! Lucien Arribore — „Hört alles, sieht alles, versteht alles... und alle
merken’s!“ — hatte Friant schon mal beschäftigt. Er sei kein schlechter Agent,
habe nur die ärgerliche Neigung, die ihm anvertrauten Fälle an Land zu ziehen
und auf eigene Rechnung zu bearbeiten. Ein zweifelhafter Charakter also.
Arribore hatte ihn rausgeschmissen. Das war jetzt etwa ein Jahr her.
    „Behalten wir ihn?“ fragte Hélène, bereit, Arribores
Beispiel zu folgen.
    „Im Augenblick, ja“, entschied ich. „Wenn sich
ein passabler Bewerber vorstellt, können wir Friant immer noch ersetzen.“
    Es war Zeit zum Mittagessen. Ich traf Lydia in
einem Lokal für Verliebte, wo Cupido Pfeil und Bogen gegen ein Maschinengewehr
ausgetauscht hatte. Unterwegs kaufte ich mir Paris-Midi. Die Zeitung
brachte eine kurze Notiz über den Mord an Barton. Die Polizei vermute, daß eine
Frau die Tat begangen habe. Warum die Flics das vermuteten, stand nicht dabei.
     
    * * *
     
    Ich verabschiedete mich von Lydia vor einem
Plakat des Zirkus’ Médrano. Der Name Mac Guffine war darauf verschwunden. Ich
trat in das erstbeste Bistro, um mich in dem Hotel nach dem Zwerg zu
erkundigen. Man sagte mir, er sei verreist. Als nächstes wählte ich die Nummer
eines Restaurants an der Place Dauphine, in dem ich Faroux vermutete. Ich
vermutete richtig.
    „Hören Sie mal, wechseln Sie Ihre Mörder jetzt
täglich?“ fragte ich ihn. „Momentan war’s also eine Frau... Wie sind Sie denn
auf so was gekommen?“
    „Das Parfüm“ knurrte der Inspektor. Hörte sich
nicht grade gutgelaunt an.
    „Ich dachte, das Wässerchen hätte das
Erdmännchen reingerissen“, erinnerte ich mich.
    „Das Erdmännchen, wie Sie ihn nennen, ist aus
dem Schneider.“ Faroux’ Stimme klang immer düsterer. „Einer meiner geschätzten
Kollegen hat ihm nicht geglaubt.“ Also, dieser Kollege war bestimmt nicht der
beste Freund meines Freundes! „Hat nach dem Alibi geforscht, das Mac uns nicht
liefern wollte. Und hat’s auch gefunden! Während des Bombenalarms, d.h. zur Tatzeit,
hat der Zwerg im Keller seines Hotels mit den Zähnen geklappert. Ein
bombensicheres Alibi, wenn ich das mal so sagen darf.“
    Sein Bedauern darüber war nicht zu überhören.
    „Ach! Kriegt der Kleine schnell Schiß?“
    „Bei Bombenalarm, ja.“
    „Hab vielleicht ‘ne interessante Neuigkeit für
Sie, Faroux: Mac Guffine ist abgehaun! In seinem Hotel jedenfalls gilt er als
verreist.“
    „Woher wissen Sie das denn?“
    „Hab im Deux-Jumeaux angerufen.“
    „Warum? Ach, richtig! Sie wollten mit ihm
sprechen. Warum?“
    „Nur so.“
    „Na ja, dann ist es ja nicht so dringend“, sagte
Faroux und lachte hämisch. „Gedulden Sie sich ein paar Tage. Wir behalten ihn
noch etwas bei uns. Von wegen uns aufs Kreuz legen wollen...!“
    Der Inspektor legte auf. Seine schlechte Laune
war ansteckend. Dementsprechend kam ich in der Agentur an. Als Hélène Pierrre
Friant bei mir anmeldete, hatte sich meine Laune immer noch nicht gebessert.
    Unser neuer Angestellter machte einen
vorteilhafteren Eindruck als heute morgen. Rasiert, gekämmt und gebürstet
erstattete er mir sehr präzise Bericht über den Fall, auf den er angesetzt
worden war. Zwei- oder dreimal faßte er nervös an seine Manteltasche, so als
wolle er etwas hervorholen, zog seine Hand aber immer wieder zurück. Seine
Finger waren vorne ganz gelb. Als er zu Ende berichtet hatte, rief ich Hélène
herein.
    „Haben Sie Monsieur einen Vorschuß gegeben?“
fragte ich sie.
    „Nein.“
    Ich stand auf. Friants flinke Äuglein blitzten
seltsam. Ich packte ihn an den Revers seines Mantels und zog ihn aus dem
Sessel. Unsere Gesichter berührten sich beinahe. Sein Atem stank nach Tabak.
Ich griff in seine Manteltasche und förderte ein frisch angebrochenes Päckchen
Zigaretten zutage. In der anderen Tasche fand ich ein leeres Päckchen, in dem
er bis zum äußersten Ende aufgerauchte Kippen gesammelt hatte. Ich warf meinen
Fund auf den Schreibtisch. Ohne

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