Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
gar nicht genug bewundernde Augen für ihn
haben. Es war in der Tat sehr attraktiv, geschniegelt und gebügelt, mit wachem
Blick hinter seinen Brillengläsern. Ausgesprochen sympathisch. Wollte er sich
um die freie Stelle bewerben? Vielleicht hatte er sich in der Etage geirrt. Die
Filmproduzenten Grimault haben ihr Büro direkt unter uns. Der Besucher war
jedenfalls genau der Typ des jugendlichen Liebhabers.
    Laurent Gaillard — so hatte er sich vorgestellt
— lächelte, als ich ihm meine Vermutung mitteilte. Mit ruhiger, leicht
singender Stimme sagte er, daß man bei Auguste mit der Tradition schlecht
gekleideter Detektive gebrochen habe.
    „Sie haben bei Auguste gearbeitet?“ rief ich
erfreut.
    „In Lyon?“
    „Ich hatte die Ehre“, antwortete er und reichte
mir seine Zeugnisse.
    „Ich zögere, Sie einzustellen“, sagte ich,
nachdem ich die Blätter kurz überflogen hatte. „Ein guter Detektiv muß
unauffällig sein und darf... äh... keine körperlichen Gebrechen haben. Ihre
Brille...“
    Er lachte laut auf, fröhlich wie ein kleiner
Junge.
    „Fensterglas“, erklärte er und gab mir die
Brille, damit ich mich davon überzeugen konnte. „Mal trag ich sie, mal setz ich
sie ab, wie es die Situation erfordert...“
    „Wunderbar“, sagte ich begeistert und schüttelte
ihm die Hand. „Hiermit sind Sie engagiert, Monsieur Gaillard, und gehören von
nun an zur Belegschaft der Agentur Fiat Lux. Meine Sekretärin“, stellte
ich ihm die errötende Hélène vor.
    „Das weiß ich bereits“, sagte unsere neueste
Errungenschaft mit einem etwas zu selbstgefälligen Lächeln.
    „Sie sind ja verdammt flott“, bemerkte ich. „Wir
werden uns bestimmt gut verstehen.“
    Versehen mit den nötigen Anweisungen seines
neuen Chefs und gefolgt von einem schmachtenden Blick Hélènes, verließ er das
Büro. Ich zog einen Mantel über und schickte mich an, es ihm nachzutun. Das
Telefon klingelte. Hélène nahm ab. Reboul war am anderen Ende. Er brauchte
einige Zusatzinformationen. Nachdem Hélène sie ihm gegeben hatte, nahm ich den
Hörer in die Hand.
    „Hallo! Wie läuft’s?“
    „Es läuft.“
    „Nichts Besonderes?“
    „Nein, nichts.“
    „Gabeln Sie noch mal den Ohrenzeugen des Mordes
an Chabrot auf und veranlassen Sie ihn, morgen früh zu mir ins Büro zu
kommen... oder besser, ins Bistro gegenüber. Werd ihn dann holen lassen.
Verstanden?“
    „Ja. “
    Ich legte auf.
    „Sie haben inzwischen nicht zufällig meinen
Stierkopf gefunden?“ fragte ich Hélène.
    „Hab gar nicht gesucht“, gestand sie.
    „Macht nichts, ich geh in die Bibliothèque
Nationale. Und da darf man sowieso nicht rauchen.“
    „Was wollen Sie denn schon wieder in der Nationale ?“
    „Die Sache mit dem Überfall auf den Goldzug
auswendig lernen. Da ist noch so einiges, was ich schlecht behalten habe.“

16

Der Selbstmord
     
    Am selben Abend noch war meine Pfeife der Grund
für den ersten Ehekrach zwischen Lydia und mir.
    Ich konnte den Krautkocher einfach nicht finden.
Alles Fluchen half nichts. Ich schob die anderen Pfeifen, die ich in meinen
Schubladen fand, einfach zur Seite. Eine Ropp, mit der ich sowieso
unzufrieden war, beförderte ich per Fußtritt in eine Zimmerecke. Lydia sagte,
es könne ja lustig mit mir werden, wenn ich häufiger eine solche Stinklaune
hätte. Sie wickelte sich in ihren eleganten Morgenmantel, den sie aus der
Wohnung ihrer Freundin geholt hatte — denn warum sollte sie nicht eine Zeitlang
bei mir wohnen? — , seufzte tief, zuckte die Achseln, nahm ein Buch in die Hand
und war nicht mehr zu sprechen.
    Ich legte den feierlichen Schwur ab, das
schönste Stück meiner Pfeifensammlung wiederzufinden, koste es, was es wolle.
Auch wenn die Sucherei bis zur nächsten Revolution dauern sollte!
    Nach einer Viertelstunde war das Chaos perfekt.
Ich mußte mir neue Flüche ausdenken, die immer länger und lauter wurden.
    Schließlich nahm ich mir den Kleiderschrank vor.
Bei meinem behutsamen Vorgehen flog eine Schachtel aus einem Fach. Eine
Staubwolke hüllte mich ein. Nase, Mund und Augen kriegten was ab.
Dementsprechend kräftig fielen meine Flüche aus.
    Plötzlich sah ich mein noch etwas feuchtes
Jackett und wußte sofort: In einer der beiden Taschen hatte ich das gute Stück
vergraben. Ich irrte mich nicht.
    Der Stierkopf war ganz staubig. Ich wollte mich
gerade daranmachen, die Pfeife zu säubern, als...
    Donnerwetter! Ich war platt! Ich... Nein, nicht
mal zu einem gepfefferten Fluch reichte es, so

Weitere Kostenlose Bücher