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Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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öffnete sich die Tür zum Keller Nr.
7. Ich ließ den Schein meiner Taschenlampe über den Boden gleiten.
    „Ach du Scheiße!“ rief der Arbeitslose. „Haben
Sie ‘n Tip gekriegt, ‘n anonymen Brief oder so was? Ich schwöre Ihnen, ich...“
    „Schon gut“, beruhigte ich ihn. „Der Militärbefehlshaber wird ganz bestimmt nichts davon erfahren.“
    Ich bückte mich, um die Browning aufzuheben.
     
    * * *
     
    Hinter der gepolsterten Tür meines Büros und der
einer Abstellkammer, die zum Labor avanciert war, untersuchte ich meinen Fund.
Die Glühbirne war so stark, daß jeden Moment die Sicherung rausspringen konnte.
    Es war eine 7,65er Automatic. Drei Kugeln
fehlten im Magazin. Zwei waren verschossen worden, eine steckte noch im Lauf.
Die Waffe war vor ungefähr vier Tagen zum letzten Mal benutzt worden. Ich hielt
mich nicht damit auf, nach Fingerabdrücken zu suchen (denn die Browning war mit
Handschuhen angefaßt worden!). Auch sonst gab es keine Spuren. Nicht mal die
eines aufmontierten Schalldämpfers!
    Nachdenklich ging ich hinüber in mein Büro. Die
Browning legte ich in eine Schublade, und die schloß ich ab. Sofort riß ich sie
jedoch wieder auf und holte die Waffe raus, um meine eigenen Fingerabdrücke
abzuwischen. Dann schloß ich sie endgültig ein.
    Ich schnappte mir das Telefon und wählte die
Nummer des Deux-Jumeaux. Man sagte mir, Mac Guffine sei „von seiner Reise
zurück“ und habe „unverzüglich seine Arbeit im Médrano wiederaufgenommen“.
    Es war Samstag. Bis zur Kindervorstellung hatte
ich noch eine Stunde Zeit.
    Unterwegs kaufte ich mir eine Zeitung. Man hatte
den Journalisten freie Hand gelassen. Julien Bourguet verdrängte die aktuellen
Kriegsereignisse von der ersten Seite. Hatte wohl seine guten Beziehungen von
1938 verloren! Im Augenblick wurde er von der Kripo verhört. Die tragische
Geliebte , lautete die Schlagzeile. Kommissar Martinot hatte was für seine
eigene Publizität getan und ein Interview über den Fall Barton gegeben. Ich
fragte mich warum: Er hatte die Sammlung nichtssagender Allgemeinplätze um
einige weitere bereichert, ohne auch nur eine einzige interessante Neuigkeit
preiszugeben.

19

Die Tatzeit
     
    Gegen fünf war ich wieder in der Agentur. Den
Zwerg hatte ich nicht getroffen.
    Laurent Gaillard und Hélène saßen da, als würden
sie für einen Fotografen posieren, der sich auf romantische Kitschfotos
spezialisiert hat. Ich unterbrach ihre Zweisamkeit.
    „Gehen Sie bitte nach nebenan“, bat ich die neue
Attraktion unserer Agentur.
    Als er meiner Bitte nachgekommen war, wählte ich
die Nummer des Bistros gegenüber.
    „Ich möchte mit Monsieur Reboul sprechen“, sagte
ich. „Ja, er ist bei Ihnen im Lokal.“ Kurz darauf hörte ich die Stimme meines
einarmigen Mitarbeiters. „Hallo, Reboul! Bringen Sie bitte Monsieur Thiry
rauf.“
    Hélène sah mich beunruhigt an. Mein
Feiertagsgesicht und ihr siebter Sinn warnten sie vor einer drohenden Gefahr.
    „Suchen Sie sich einen anderen Liebhaber“, riet
ich ihr. „Der hier wird eventuell bald aus dem... Verkehr gezogen.“ Grinsend
fügte ich hinzu: „Sie können ja wieder’ne Anzeige aufgeben...“
    Mit diesen Worten ging ich hinüber in mein Büro,
wo es sich Laurent Gaillard in einem Sessel bequem gemacht hatte. Ich setzte
mich ihm gegenüber hin, und wir redeten über den Fall, mit dem er beauftragt
war. Plötzlich ging eine Tür auf. Herein spazierte Reboul mit einem Herrn,
dessen seriöses Aussehen durch den Regenschirm an seinem Arm noch unterstrichen
wurde. Seine Haltung war so unbeugsam wie Justitia. Es war Monsieur Thiry, der
heißersehnte Ohrenzeuge.
    „Und?“ fragte ich ihn.
    „Er ist es“, sagte der Mann mit dem Schirm.
„Genau dieselbe Stimme! Irrtum ausgeschlossen. Außerdem...“ Er kniff die Augen
zusammen. „Ich erkenne in diesem Mann einen häufigen Gast von Monsieur Chabrot
wieder.“
    „Was haben Sie dazu zu sagen, Monsieur
Gaillard?“ wandte ich mich an den Charmeur, der in seinem Sessel nervös hin-
und herrutschte.
    Er stand auf. Inzwischen hatte er seine Brille
aufgesetzt. Leider zu spät! Durch das Fensterglas warf er dem Zeugen einen
vernichtenden Blick zu. Einen Blick, der mit dem sonst so gewinnenden Lächeln
nichts mehr gemeinsam hatte.
    „Nun, Monsieur Gaillard? Ich warte!“
    Plötzlich machte er einen Satz, rannte mich um
und stürzte auf die Verbindungstür zu Hélènes Büro zu. Beherzt schwang Monsieur
Thiry seinen Regenschirm und versperrte dem

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