Netha-Chrome
sie nicht alleine. Auch wenn die Normalität langsam aber sicher wieder zurückkehrte, war mein Gedächtnis immer noch lückenhaft. Ich wusste immer noch nicht, was passiert war und die Ungewissheit nagte an mir wie eine fette Ratte an einem Stück Käse.
Sydney und ich schlichen durch die Reihen der Menschen, die nun aus den Geschäften und Büros traten wie Höhlenmenschen. Sie blinzelten, schauten sich verwirrt um oder redeten aufgeregt durch ihre Nano-Bosse mit anderen Menschen, um die sie sich gesorgt hatten.
Fast lautlos hielt nun ein schwarzes Einsatzfahrzeug der MSS neben uns. Zwei Einsatzbeamte stiegen vorsichtig aus, einer von ihnen sicherte die Umgebung mit einer Mikrowellenwaffe.
„ Ist bei Ihnen alles in Ordnung?“, fragte uns der andere. Seine Stimme klang blechern unter dem konturlosen Helm. Sydney trat vor und zückte ihren Holo-Ausweis.
„Bei uns ist alles in Ordnung. Wir sind Angehörige des MSS. Würden Sie so freundlich sein, und uns ins Office bringen?“ Der Beamte neigte den Kopf zur Seite.
„ Ja, kann ich. Aber ich muss Sie warnen. Da läuft im Moment alles drunter und drüber. Die First Agents laufen die Wände hoch, weil nichts mehr funktioniert. Die Notrufzentrale ist vollkommen überlastet, die Menschen rennen uns die Bude ein. Da ist es hier auf der Straße fast entspannend.“
„Die ganzen Plündereien nennen Sie entspannend?“, brüskierte sich Sydney. Der Beamte zuckte mit den Schultern.
„ Jeder von denen wird im Nachhinein identifiziert werden. Die Überwachungskameras waren zwar offline, haben aber trotzdem weiter aufgezeichnet. Das Bildmaterial wird bereits nachträglich auf die MSS-Server überspielt. Wenn das alles hier vorbei ist, wird es eine ganze Reihe von Verhaftungen geben, das kann ich Ihnen sagen.“
„Na, wenn ich mich hier umschaue, wird das so schnell nicht passieren“, knurrte ich und schaute den Einsatzagenten vorwurfsvoll an. „Sie sind die erste Streife, die wir in der letzten Stunde gesehen haben. Wo haben Sie so lange gesteckt?“
„ Wir können nicht überall sein“, antwortete er hörbar gereizt. „ Und schließlich war nicht nur die Zivilbevölkerung vom Blackout betroffen!“
„Schon gut“, sprang Sydney in die Bresche. „Mein Kollege hier ist ein wenig überreizt. Würden Sie uns nun bitte ins Office bringen?“ Der Beamte nickte und wir stiegen alle zusammen ins das Einsatzfahrzeug. Während die beiden Security-Leute vorne platznahmen, quetschten Sydney und ich uns auf die schmale Sitzbank im Fond.
„Ein wenig überreizt?“, fragte ich sie leise mit vorwurfsvollem Blick. Die KI zuckte die Achseln.
„Was hätte ich sagen sollen? Man sollte niemals die Helfer ärgern, Mr. Arkansas“, antwortete sie ebenso leise. Dann beugte sie sich zu unseren „Helfern“ vor. „Wissen Sie, was genau passiert ist?“
„ Wie es scheint, war es ein terroristischer Anschlag. Wir haben bereits ein Bekenner-Video bekommen“, antwortete einer der Agenten ohne sich umzudrehen.
„Ein Bekenner-Video?“, fragte ich atemlos. Mich überlief ein kalter Schauder, dachte ich doch sofort an Asharow. Niemand hatte seinen Tod bisher bestätigen können. Also lag es immer noch im Bereich des Möglichen, dass er den Absturz des Raumers überlebt hatte. War das vielleicht die Rache eines Totgeglaubten? Hatte der terranische Terrorist wirklich seine Finger in diesem Spiel? Oder gab es vielleicht bereits einen neuen Spieler?
„Wer?“, wollte ich aufgeregt wissen. Der Agent, der direkt vor mir saß, zuckte mit den Schultern.
„ Das kann ich Ihnen nicht sagen “, antwortete er. „ Momentan wird das Video noch geprüft. Bislang sind keine Informationen bekanntgegeben worden. Nicht einmal an die Einsatzkräfte vor Ort.“
Ich ließ mich geräuschvoll zurück in den Sitz des Einsatzfahrzeugs fallen. Sydney schaute mich sorgenvoll an.
„Denken Sie an Asharow?“, fragte sie leise. Ich kaute auf den Lippen herum und nickte langsam.
„An diesen Scheißkerl werde ich wohl noch mein gesamtes restliches Leben denken“, knurrte ich. „Da können noch hunderte von Amnesien mein Hirn vernebeln.“
Sydney lächelte leicht. „Und Sie glauben, dass er noch lebt und eventuell dahinterstecken könnte?“
„Ich weiß nicht. Kann sein. Er wurde, soweit ich weiß, noch von keiner offiziellen Stelle für tot erklärt. Und das alles hier trägt seine Handschrift.“ Sydney verzog ihr Gesicht.
„Ich hoffe nicht.“ Ich schaute sie an.
„Kommt ihr Gedächtnis
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