Netha-Chrome
nichts. Es gab niemanden, den ich kontaktieren musste. Ich sondierte stattdessen die Gegend.
Wir befanden uns im Süden der Stadt, soviel konnte ich dank des zurückgekehrten Navigationsservices feststellen. Ich wusste nun auch, dass wir nicht weit vom Office entfernt waren. Ich versuchte nun, die Stream-Nachrichten abzurufen um zu erfahren, was genau passiert war. Aber der Nachrichtendienst blieb bis auf weiteres ohne Funktion. Vielleicht wussten die Nachrichtenleute nicht mehr, wie sie Nachrichten zu machen haben. Vielleicht kämpften sie auch noch mit technischen Problemen.
Ich schaute Sydney an, die bereits den MSS an der Strippe zu haben schien.
„Weiß der MSS, was passiert ist?“, wollte ich wissen. „Die Nachrichten geben noch nichts her.“ Sydney schüttelte den Kopf.
„Nein, beim MSS herrscht derzeit immer noch Chaos. Sie versuchen gerade, die Lage wieder in den Griff zu bekommen. Ich konnte noch nicht in Erfahrung bringen, was genau passiert ist.“
„Arizona geht es gut“, trällerte Ti. Ihr fiel sichtlich ein schwerer Stein vom Herz. „Sie wurde in die Notaufnahme beordert. Da ist die Hölle los. Die Menschen sind dort, wo sie gingen und standen, einfach ohnmächtig geworden. Viele haben sich dabei verletzt.“
„Die stecken eine Forensikerin in die Notaufnahme?“, murmelte ich stirnrunzelnd. Tijuana verschränkte knurrig die Arme vor der Brust.
„Arizona hat eine Ausbildung zur Ersthelferin, falls es dich beruhigt. Außerdem ist das Fellowship chronisch unterbesetzt, nachdem sie die Raten für die Medizin-KIs nicht mehr zahlen konnten, und die Devlin Corporation alle wieder zurückgeholt hat. Diese Bastarde denken nur an ihre Kredite und nicht an Menschenleben!“ Tja, wer tat das heutzutage schon noch?
„Schon gut“, beruhigte ich sie sofort und verhinderte damit eine typische Tijuana-Sanchez-Schimpftirade. Wenn die Kleine erst einmal in Fahrt kam, hörte sie meistens nicht so schnell wieder auf. „Hast du Arizona zu den Gedächtnisverlusten befragt?“ Die Latina nickte.
„Ja. Medizinisch gesehen kann sie es nicht erklären. Vor allem, weil Kurz,- sowie auch Langzeitgedächtnis gleichermaßen betroffen zu sein scheinen und die fehlenden Informationen unterschiedliche Gewichtung haben. Manche Menschen können sich haarklein daran erinnern, was sie am vorherigen Tag gegessen haben, wissen aber weder wo sie wohnen noch wie sie heißen. Aber die Erinnerungen scheinen bei den meisten sehr schnell wiederzukommen.“
„So wie bei uns“, murmelte ich. „Sind alle ihre Patienten davon betroffen?“ Tijuana schüttelte überraschenderweise den Kopf.
„Nein, seltsamerweise nicht. Und sie ist es auch nicht. Arizona vermutet, dass die Amnesien durch einen Teilsystemabsturz der Nano-Bosse verursacht wurden, als der Stream zusammenbrach. Der zentrale Cortex-Verteiler ist dabei komplett durcheinandergeraten. Bei den KIs scheint es zu den Ausfällen gekommen zu sein, weil ihre Bi-Trigulären Synapsen auf ähnliche Weise mit dem Stream vernetzt sind wie die Nano-Bosse.“
Sie stockte und schaute mich von unten her an. „Sergeant, ich…“
„Geh zu ihr, Corporal“, beendete ich ihre Bitte. Ich wusste, was sie sagen wollte. „Schau, ob du helfen kannst. Sydney und ich machen uns auf den Weg ins Office.“ Ich schaute die Agentin an. Diese nickte zustimmend.
„Danke, Ark“, sagte Tijuana lächelnd. „Wenn ich noch irgendetwas in Erfahrung bringen kann, melde ich mich bei euch.“ Sie reichte mir meine Sixton zurück, aber ich schüttelte den Kopf.
„Nein, bis zum Fellowship ist es noch ein ganzes Stück. Es ist besser, wenn du sie behältst. Der Stream ist zwar wieder da, aber da draußen werden immer noch genügend Schwachsinnige herumlaufen.“
„Er hat Recht“, bestätigte Sydney. „Es wird noch einige Zeit vergehen, bis die allgemeine Ordnung wieder hergestellt ist.“
„Okay“, sagte Tijuana knapp und steckte die Waffe zurück in ihren Hosenbund. „Passt auf euch auf, ihr Süßen.“ Sie zwinkerte mir zu und war kurz darauf auch schon verschwunden.
Nachdem sich unsere Wege getrennt hatten und Sydney und ich uns in die entgegengesetzte Richtung abgesetzt hatten, füllten sich die Straßen Cydonias langsam wieder. Die Menschen hatten sich während des Blackouts in die umstehenden Gebäude geflüchtet und traten nun, immer noch leicht verängstigt, wieder hinaus. Viele von ihnen weinten immer noch und konnten nicht begreifen, was gerade geschehen war. Und damit waren
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