Nett ist die kleine Schwester von Scheiße
sind, und wer ein klassisches Konzert besucht, sollte in der Pause nicht über Musik reden, sondern darüber, wie komisch die anderen Besucher angezogen sind.
So erzielte beispielsweise ein Mann, der gerne isst, bei seiner Begleiterin großen Erfolg, als er ihr während der Opernaufführung zuflüsterte, was er jetzt am liebsten verzehren würde. Meine Mitschülerinnen und ich liebten gerade den Deutschlehrer besonders, der bei den Theaterbesuchen im Hamburger Schauspielhaus regelmäßig einschlief und laut schnarchend und mit offenem Mund in seinem Sessel lag.
Der Regisseur Alfred Hitchcock erklärte einmal gegenüber Truffaut seine Vorliebe für Blondinnen wie folgt: »Ich finde, die englischen Frauen, die Schwedinnen, die Norddeutschen und die Skandinavierinnen sind interessanter als die romanischen, die Italienerinnen und die Französinnen. Der Sex darf nicht gleich ins Auge stechen. Eine junge Engländerin mag daherkommen wie eine Lehrerin, aber wenn Sie mit ihr in ein Taxi steigen, überrascht sie Sie damit, dass sie Ihnen in den Hosenschlitz greift.«
Dietlind Tornieporth macht zum Thema »Kontraste bilden« folgende Vorschläge:
»Ein Bodybuilder-Typ oder ein Mann mit Tätowierungen und Rocker-Outfit macht einen ganz anderen Eindruck auf Frauen, wenn er auch mal über philosophische Themen spricht, als es ein Mann tut, von dem man das sowieso erwartet. Ein Mann, von dem man erwartet, dass er Philosoph ist, kann wiederum wie ein Macho auftreten. Das macht interessant. Auch Frauen wirken interessanter, wenn sie nicht über Frauenthemen sprechen, sondern zum Beispiel über Musik und gute Boxen. Allerdings sollten sie auch nicht übertreiben. Als Frau mit Männern über Fußball und Autos zu sprechen, kann schon wieder sehr anbiedernd wirken.«
Das von ihr propagierte freche Auftreten kann besonders bei kleinen und zierlichen Frauen einen schönen Kontrast bilden.
Wer aber keinen Kontrast aufbauen kann, der sollte ihrer Meinung nach wenigstens overdressed unterwegs sein, also im Glitzertop im Biergarten erscheinen, im Abendkleid zu einem Punkrock-Konzert gehen oder im Anzug oder Kostüm in den Supermarkt. Und dann die vielen Blicke genießen, die dieses Erscheinungsbild unweigerlich auf sich zieht.
Weil wirklich nur noch wenige Leute sehr gut angezogen sind, kann ein perfektes Outfit im falschen Moment schon recht schrill wirken. So wie bei Pit, dem Berliner Opernsänger, der im Pelzmantel zu seinem Nebenjob im Hotel erschien, oder den berühmten Charlottenburger Damen, die mit Hüten voller Blumenputz und langen Handschuhen nachmittags im Café sitzen.
Asfa-Wossen Asserate, Autor des Buches Manieren , rät dazu, seine Erscheinung mit einem kleinen Fehler zu brechen. Der Gastgeberin im Smoking einen großen Blumentopf mit Petersilie zu überreichen – so viel Souveränität sollte seiner Meinung nach jeder besitzen.
Unsexy ist dagegen Kleidung, die lediglich gesund und praktisch ist: denn hier soll wieder Risiko minimiert werden. Anstatt ungeschützt und unvernünftig den Gefahren des Lebens zu trotzen, tragen die Menschen ohne Sexappeal
ein Leder-Rucksäckchen, weil das gesünder für den Rücken ist;
Sandalen mit anatomisch geformtem Fußbett, weil die Füße in ihnen besser atmen können;
bunte Fahrradhelme, weil sie als Mutter oder Vater schließlich Vorbildfunktion haben;
atmungsaktive Windjacken und Ähnliches;
einen Regenschirm;
Ohrenschützer.
Glamour ist immer Übertreibung, und wer
übertreibt, fordert mehr Aufmerksamkeit,
als ihm zusteht.
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Wer Kontraste bildet, fällt natürlich auf und muss dies auch aushalten können. Von der Kritik der Unauffälligen braucht sich jedenfalls kein Glamouröser beirren lassen.
Manche haben Glück und werden quasi vom Schicksal gezwungen, Kontraste zu ihrem Äußeren zu bilden. Der Schauspieler Helmut Berger berichtet in seiner Autobiografie mit dem schlichten Titel »Ich« beispielsweise davon, wie er auf einem Rot-Kreuz-Ball in Monaco in Schwierigkeiten kam, weil er vor der Festivität zu viel und zu schlechtes Koks geschnieft hatte. Als er in seinem weißen Smoking an der Tafel saß, machten sich die Nebenwirkungen bemerkbar, und er machte sich in die Hose. Nun war er umweht von einem entsetzlichen Gestank an seinen Platz gefesselt, und zu allem Unglück wurde er auch noch von irgendwelchen Prinzessinnen und Bankiersgattinnen zum Tanzen aufgefordert. Eine grobe Unhöflichkeit, dieses Ansinnen zurückzuweisen, und natürlich irritierte
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