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Neu-Erscheinung

Neu-Erscheinung

Titel: Neu-Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gantenberg
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ich.
    »Mein Tag?«
    »Glaub mir. Nimm’s einfach so hin. Heute ist dein Tag.«
    »Ich muss aber leider ...«
    »Du musst gar nichts, du musst mir nur Gesellschaft leisten.«
    Resis Körperspannung gleicht mit einem Mal der einer Antilope, die vor einem sehr hungrigen Löwen steht.
    »Ich weiß nicht, vielleicht sollte ich jetzt besser gehen.«
    »Keine Angst, ich will nichts von dir ... ich möchte nur nicht alleine sein.«
    Resi braucht nicht lange, um zu begreifen, dass meine Absichten völlig okay sind und dass ich wirklich nicht alleine sein will.
    »Eigentlich darf ich aber nicht mit Gästen ...«
    Ich gieße uns ein. Mit dem entsprechenden Blick.
    »Wenn die Chefin, die Frau Nadlhu ... –«
    Ich führe ihr das Glas zum Mund. »Prost. Ich bin die Hannah.«
    »Aber ... –«
    Sie trinkt und vergisst schon nach dem ersten Schluck ihre Bedenken.
    »Siehste, geht doch.«
    »Schon, aber ...«
    »Nix aber, geht doch.«
    »Schon.«
    »Siehste?!«
    Gemeinsam starren wir zum Fernseher, wo noch immer der Versuch unternommen wird, die Emanzipation der Frau zu einer Erfolgsgeschichte zu machen. Immerhin entledigt sich Resi auch endlich ihres Eimers, was ihr ein beachtliches Maß an Restwürde verleiht, wenn man mal davon absieht, dass ein Zimmermädchen sonst niemals mit einer völlig übermüdeten Tochter Gottes sinnentleerte Talkshows auf einem Doppelbett schauen würde.
    Acht Piccolos später, die Resi aus den Minibars der Nachbarzimmer organisiert hat, ist das Ganze im Fernseher noch immer keine Erfolgsgeschichte, dafür sind Resi und ich so in Form, dass wir das laute Klopfen an unserer Tür für Applaus halten.
    »Erst wenn die Rolle der Frau auch in der katholischen Kirche eine umfassende Bedeutung bekommt, erst dann hat die Emanzipation wirklich einen großen Schritt gemacht«, erkläre ich Resi, die sich große Mühe gibt, meinen Worten zu folgen.
    »Tja.«
    »Was bewegen wir denn in der Kirche, was denn?«
    »Was wir bewegen?« Resis Frage ist keine Antwort. Aber eine Aufforderung, meine Ausführungen fortzusetzen. Ich würde aber auch ohne jegliche Aufforderung weitermachen.
    Das vehemente Poltern an der Tür nehme ich als pure Zustimmung meines Publikums. Es heizt mich unfassbar an. Ich rolle. Ich habe Energie, und die muss raus, wie aus einem überhitzten Schnellkochtopf.
    »Ich sag dir, was wir bewegen, Resi! Wir bewegen den Klingelbeutel während der Kollekte, und wenn es richtig gut für uns läuft, dann bewegen wir vielleicht auch noch die Bettpfannen im Rahmen unserer ehrenamtlichen Tätigkeit in einem Altenheim unseres Vertrauens. Das bewegen wir. Und? Wonach klingt das?«
    Resi schüttelt den Kopf und kippt den Rest des Proseccos mit großer Geste hinunter.
    »Soll ich’s dir sagen?«
    Wieder schüttelt Resi den Kopf, korrigiert sich dann aber schnell und nickt.
    »Dann sag ich es dir!«
    Große Sätze muss man ankündigen.
    »Ich sag’s dir!«
    Gerne auch zweimal.
    »Das klingt nach Männerwirtschaft! Die ganze Kirche ist eine einzige Männerwirtschaft, in der wir keine Rolle spielen! So sieht’s aus!«
    Resi hat verstanden, zumindest tut sie so und stellt keine weiteren Fragen mehr.
    »Weißt du eigentlich, wer ich bin, Resi?«, frage ich das unschuldige Kind.
    »Äh ... wieso?«, lallt Resi.
    »Ich bin die Messias.«
    »Gut.«
    »Die Schwester von Jesus.«
    »Auch gut.«
    »Du weißt, was das bedeutet?«
    »Freilich.«
    Sie weiß es nicht.
    »Und ... du willst keinen Beweis?«
    »Wozu?«
    »Damit du mir glauben kannst, dass ich wirklich die Messias bin.
    Glaubt mir nämlich nie einer.«
    »Echt?«
    »Echt!«
    Resis Unbedarftheit ist atemberaubend.
    »Pass auf, Resi, woran denkst du gerade?«
    »An nichts.«
    »Stimmt!«
    »Gut.«
    Wie kann man nur so schnell so zufrieden sein. Mir reicht das nicht. Ich will mehr, aber so komme ich nicht weiter, ich will sie überzeugen, und zwar richtig.
    »Pass auf, sag mir, wie du mich findest ... oder, nee, sag mir, wie du meine Figur findest.«
    »Ich finde ... ich finde, gute Figur, finde ich!«
    »Du lügst, du findest mich fett!«
    »Boah ...« Ihr Staunen ist echt und aufrichtig.
    »Siehste, ich kann die Wahrheit erkennen, kann nicht jeder. Ich bin die Messias!«
    »Ich weiß!«
    »Und ich bin zu dick.«
    »Ich weiß.«
    Sie gehört wirklich zu den Menschen, denen Zweifel völlig fremd sind.
    Das Türklopfen ist längst zu einem Hämmern geworden.
    »Dann ist gut, Resi!«
    »Ist das schlimm, dass ich gelogen habe?«
    »Nein, nur menschlich.«
    »Dann ist

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