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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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es gar nicht erst, ich war ganz glücklich, so unglücklich zu sein. Deswegen war es ein etwas grobes Erwachen, als ich eines Morgens aufwachte und mich sehr gut fühlte. Es dauerte einen Moment, bis ich das Gefühl deuten konnte, so unvertraut war es.
    Plötzlich sah ich die Sache mit Owen in einem anderen Licht: Es war Zeit gewesen, dass er auf seinen Planeten zurückkehrte, den Planeten für jüngere Männer, wo Lorna darauf wartete, ihn willkommen zu heißen.
    Und ich war bereit, den Zeitpunkt seines Abgangs zu würdigen: Er hatte mit mir Schluss gemacht an dem Tag, als Dad nach Hause gekommen war. Es schien, als wäre er mir geschickt worden für die Zeit, die ich ihn brauchen würde. Normalerweise glaube ich nicht an einen gütigen Gott (normalerweise glaube ich an gar keinen Gott), aber jetzt musste ich doch nachdenken. Ich hörte auf, Owen zu vermissen, und war stattdessen dankbar, dass ich ihn so lange gehabt hatte.
    Ich war zwar immer noch ein bisschen zittrig und den Tränen nahe, aber die Veränderung war unglaublich – als hätte ich ein Vierundzwanzig-Stunden-Grippevirus gehabt. Wenn es einen attackiert, denkt man, es wirft einen für lange Zeit um, und am nächsten Morgen wacht man auf und ist wieder gesund. Ich bat Cody, mit mir einen trinken zu gehen, um über meinen verwirrenden Zustand zu sprechen, und dankenswerterweise sagte er zu.
    »Ich verspreche dir, dass ich nicht weinen werde.« Aber das hatte ich das letzte Mal auch gesagt.
    »Wir gehen irgendwo in die Vororte, aus Sicherheitsgründen«, sagte er, und eine Stunde später, in einem uninteressanten Pub in Blackrock, erzählte ich ihm von meinem neuen inneren Frieden.
    »Und wo ist dein Problem?«
    »Ich mache mir Sorgen, dass ich oberflächlich bin«, sagte ich. »Weil ich ihn so schnell verwunden habe. Letzte Woche, und auch noch vor zwei Tagen, war ich am Boden zerstört, und heute geht es mir gut. Ich vermisse ihn, aber ich habe nicht das Gefühl, dass mir das Herz bricht.«
    »Du hast so viel geweint, das reicht für ein Jahr. Außerdem warst du nicht nur über den Verlust traurig. Ich habe mit Eugene gesprochen.«
    »Wer ist Eugene?«
    »Eugene Furlong.« Einer von Irlands berühmtesten Psychiatern, der oft im Fernsehen auftritt. »Er sagt, deine Reaktion war so ausufernd, weil du um deinen Vater getrauert hast.«
    »Aber mein Dad war wieder da.«
    »Genau. Deswegen konntest du um ihn trauern.«
    »Das ergibt keinen Sinn.«
    Cody zuckte die Schultern. »Finde ich auch. Kompletter Blödsinn. Mir gefällt die Theorie, dass du oberflächlich bist, viel besser.«
     
    Es kam dann doch nicht dazu, dass Anton einen Film aus meinem Buch machte. Irgendwas war mit der Schauspielerin, und der Vertrag kam nicht zustande. Ich war enttäuscht – aber nur, weil ich dachte, es hätte dem Buch gut getan, und weil es Spaß gemacht hätte, zu den Drehterminen zu erscheinen, bei der Premiere ein atemberaubendes Kleid zu tragen und Selbstbräunungscreme zu benutzen, und nicht, weil ich nun doch nicht an Anton herankommen würde. Als ich die kleine Enttäuschung abschüttelte, entdeckte ich, dass ich eher erleichtert war.

Lily
    Draußen war es noch dunkel, als ich aus dem Schlaf auftauchte und die Hand nach Anton ausstreckte. Ich stellte fest, dass er nicht da war, und einen Moment lang, bevor mir wieder einfiel, was geschehen war, war ich überrascht.
    In der nächsten Nacht wachte ich wieder auf, und diesmal musste ich sogar weinen, weil er nicht da war. Ich verstand nicht, warum das ausgerechnet jetzt geschah, wo wir doch dem Ende des Prozesses so nah waren, dass wir schon beinahe Freunde sein konnten.
    Bevor ich ihn verließ, hatte ich mich schon mit unserer Situation abgefunden. Die Trauer machte mich nicht handlungsunfähig, und ich kam gar nicht auf die Idee zu fragen, warum ich so gut zurechtkam. Ich war einfach nur dankbar, dass es so gut ging.
    Warum also war ich zwei Monate nach unserer Trennung trauriger als je zuvor?
    Als am folgenden Morgen die Post kam, reichte Irina mir einen amtlich wirkenden Umschlag, und ich fragte: »Sonst nichts?«
    »Nein.«
    »Nichts? Keine Postkarte?«
    »Ich habe gesagt nein.«
    Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf: Ich sollte eine Weile verreisen.
    Ein Besuch bei Mum in Warwickshire war wirklich überfällig, es war schon lange her, dass sie Angst haben musste, ich würde wieder bei ihr einziehen.
    Ich wusste, dass ich kein Einkommen haben würde, wenn ich verreiste, aber als ich den amtlich aussehenden

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