Neue Schuhe zum Dessert
ruhig, ganz ruhig. Keine hastigen Atemstöße. »Das ist ein sehr großzügiges Angebot«, sagte Jojo. Ruhig, ganz ruhig. »Ich spreche mit Nathan und rufe dich wieder an.«
»Das Angebot gilt vierundzwanzig Stunden«, sagte Patricia. Nicht ganz so ruhig, ruhig. Im Gegenteil, sie klang ziemlich sauer darüber, dass Jojo nicht sofort ›JA!‹ geschrien hatte. »Danach ziehen wir es zurück.«
»Verstehe. Danke, Patsy. Ich melde mich.«
Sie legte auf.
Wenn das Adrenalin durch sie hindurchschoss, waren ihre Gedanken glasklar. Vierundzwanzig Stunden, um das Angebot von Pelham anzunehmen. Wenn sie es ablehnte, konnte Pelham immer noch in der Auktion mitbieten. Aber sie wusste aus der Vergangenheit, dass sie, wenn sie mitbieten würden, ein viel niedrigeres Gebot machen würden – als kleine Rache. Außerdem bestand die Möglichkeit, dass sie gar nicht in die Auktion einsteigen würden. Im Moment befanden sich die Lektoren im ersten Rausch der Verliebtheit, aber nächste Woche um diese Zeit war vielleicht der Drang, das Buch zu kaufen, verflogen, und sie könnten zu dem Schluss kommen, dass das Buch doch nicht so gut war, wie sie ursprünglich gedacht hatten, oder nicht den erwarteten kommerziellen Erfolg bringen würde oder was auch immer.
Aber auch alle anderen Verlage könnten abwinken, und dann hätte Jojo keinen Vertrag für Nathan Frey. Genau diese Situation hatte es schon gegeben, sie war nicht ihr passiert, aber es hatte sie gegeben. Eine katastrophale Situation – alle waren mit Eiern beworfen worden, und niemandem hatte es auch nur einen Penny gebracht.
Sie konnte beratend wirken, aber letztlich war es Nathans Entscheidung. Sie wählte seine Nummer.
»Nathan, hier ist Jojo. Wir haben ein Angebot von Pelham Press. Ziemlich hoch.«
»Wie viel?«
»Eine Million.«
Sie hörte ein Klappern – vielleicht war das Telefon runtergefallen –, dann ein Würgen. Sie wartete geduldig, bis er wieder am Apparat war. Er fragte mit schwacher Stimme: »Kann ich Sie zurückrufen?«
Eine halbe Stunde später rief Nathan wieder an. »Entschuldigen Sie bitte. Mir war plötzlich schwindlig. Inzwischen habe ich nachgedacht.«
Das glaube ich gern.
»Wenn der Verlag ein so hohes Angebot macht, machen das andere vielleicht auch.«
»Dafür gibt es keine Garantie, aber ich denke da wie Sie.«
»Was meinen Sie? Was für ein Verlag ist Pelham Press?«
»Ein sehr kommerzieller, sehr aggressiv, sie machen viele Bestseller.«
»Aha. Klingt ziemlich scheußlich.«
»Das, was sie machen, machen sie sehr gut.« Und das war Massenproduktion zu billigen Preisen.
»Wissen Sie, ich habe ja keine Ahnung, Jojo. Bitte sagen Sie nicht, ich soll entscheiden, Sie müssen das entscheiden.« Er klang, als würde er gleich losweinen.
»Nathan, bitte hören Sie mir gut zu. Es ist wie beim Poker. Wir können dieses Angebot ablehnen, aber vielleicht kriegen wir in der Auktion keinen so guten Preis.«
Mit tränenerstickter Stimme sagte er: »Wollen Sie wissen, was ich letztes Jahr verdient habe? Neuntausend. Neuntausend . Alles, was Sie für mich erreichen, wird meine kühnsten Träume übersteigen.«
Er würde eine Million ausschlagen? Er musste ein komischer Kauz sein. Aber schließlich hatte er als Frau verkleidet sechs Monate in Afghanistan gelebt. Vielleicht passte das zusammen.
»Sie müssen nicht jetzt entscheiden. Warten Sie bis morgen.«
»Ich habe entschieden. Ich verstehe nichts davon. Sie sind die Agentin, die Expertin. Ich vertraue Ihnen.«
»Nathan, eine Buchauktion kann man nicht vorausberechnen. Es gibt immer auch die Möglichkeit, dass nichts passiert und Sie leer ausgehen.«
»Ich vertraue Ihnen«, wiederholte er.
Jojo musste also allein handeln, sie musste die Entscheidung selbst treffen.
Dienstagmorgen, 11.50 Uhr
Sie arbeitete weiter – und hatte recht produktive zwei Stunden: Sie prüfte den Umschlagentwurf für Kathleen Perrys neuen Roman und schickte ihn zurück – er war ihr zu seicht; sie rief Eamonn Farrells Lektorin an und sagte, sie müssten den Erscheinungstermin für Eamonns Buch ändern, wenn er nicht mit dem von Larson Kozas Buch kollidieren sollte; sie las eine schreckliche Besprechung von Iggy Gibsons neuestem Werk und rief an, um ihr Mitgefühl auszudrücken.
Doch die ganze Zeit arbeitete es auf einer anderen Ebene in ihr weiter, und dort spielte sie die verschiedenen Szenarien von Liebe und der Schleier durch. Annehmen, ja oder nein? Annehmen, ja oder nein? Pelham war ihr als Verlag
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