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neue SF 1

neue SF 1

Titel: neue SF 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langdon Jones
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Das mit Lügenpropaganda vollgestopft hat?«
    Oben auf der Treppe blieb er stehen. Von der Straße drang eine Vielzahl von Geräuschen herein; Geräusche, wie sie Menschen machen, nicht Verkehr. Im Hotel selbst – Stille. Er ging in sein Zimmer und schloß die Tür. Stand in der Dunkelheit, noch immer zitternd. Der Feind. Kommunistischer Genosse. Als der Schuß aufdröhnte, fiel er gegen den Tisch und glitt zu Boden, während seine Bestellbücher – soundsoviele Pumpen, soundsoviele Traktoren … Nein!
    Slansky schaltete die Lampe ein und versorgte sich aus dem Getränkefach mit frischem Limonensaft und einem guten Glas Gin. Auf einem Regal an der Wand standen Bücher. Bihari Das’ persönliches Eigentum, aussortierte Bände wahrscheinlich, aber wenigstens machten sie das Zimmer wohnlicher.
    Dostojewski, Kafka, Koestler, überholte Theorien der Ästhetik, Reiks Der unbekannte Mörder. Er schlief schwer und wie betäubt. Als ich mich an sein Bett schlich, sah ich den grauen Puls an seinem Hals schlagen. Ich warf mich auf ihn und drückte meine gekrümmten Finger in seinen Hals. »Dies ist für Böhmen und die Wahrheit!« schrie ich. Der arme alte Mann, der dem Jungen einen Gutenachtkuß gab. Was für eine Liebe in dieser Geste lag, alles lag darin, in den alten, verkrümmten Händen, die den Jungen hielten. »Tata«, nannte ihn der Junge. »Großvater.« Vielleicht war der Mann gar nicht sein wirklicher Großvater. Der harmlose alte Mann, der sein ganzes Leben lang Tore öffnete und schloß. Kennt Bihari Das überhaupt seinen Namen?
    Und wenn ich Iwan da unten umbrächte, würde das Bihari die Augen öffnen? Berühmter tschechischer Regisseur unter Mordanklage. Als ich seine Tür öffnete, verriet mich eine quietschende Diele. Er feuerte aus seinem Bett, durch das Moskitonetz, durch die offene Tür. Ich stürzte schmerzgepeinigt zu Boden.
    Es hat nichts mit Prinzipien zu tun. Ich kann ihn einfach nicht umbringen. Er ist eine Privatperson.
    Aber wenn ich ihn gefangennähme, ihn hier als Geisel behielte zum Austausch gegen Alexander Dubcek? Aber er ist nicht wichtig genug. Er bringt nicht mehr als der alte Wächter. Kämpfend stürzten wir zu Boden. Ich griff nach der schweren Holzstatue auf dem Tisch. Als sie schon über den Platz rannte, eröffnete die Panzerbesatzung erneut das Feuer.
    »Nein!«
    Ich ziehe mich ordentlich an und gehe nach unten und spreche Russisch mit ihm, diskutiere mit ihm. Überzeuge einen von ihnen. So etwas sollte ein zivilisierter Mensch tun. Sollte mich benehmen, als wäre ich in Prag mit dem Feind konfrontiert. Immer korrekt.
    Hastig trank er den Gin und nippte dann von dem kalten Limonensaft.
    Er wollte sich nichts mehr sagen lassen! »Ihr Tschechen habt durch euren revisionistischen Kurs den Warschauer Pakt verraten«, sagte er. »Im Gegenteil«, sagte er kühl, »ihr Russen habt ihn verraten, wie auch viele andere unausgesprochene Freundschaftspakte. Wir wußten, daß ihr euch altmodisch und schwerfällig anstellt. Wir wußten aber nicht, daß ihr Lügner und Schwindler und Mörder seid … Ich möchte nicht beleidigend werden, Sir, oder Ihnen den Besuch in Indien verderben, aber einige Freunde von Ihnen, die als ungebetene Gäste in Prag waren, haben meine Frau vergewaltigt und umgebracht.«
    Er setzte das Glas ab und ging zur Tür. Als er sich der Tür näherte, wurde sie von der anderen Seite geöffnet. Der junge Russe stand dort. »Ich wollte mich für die Handlungen meiner Regierung entschuldigen«, sagte er. Als er die Tür öffnete, stand dort der Russe mit zwei bewaffneten Männern. »Sie sind Tscheche?« fragte er kalt. Eine Gestalt stand auf dem Treppenabsatz. »Kommen Sie mit.«
    Es war die alte Dame. »Wir servieren in zehn Minuten das Abendessen, Sir. Möchten Sie herunterkommen oder ihn Ihrem Zimmer essen?«
    Sie saßen sich am Tisch gegenüber. Nein, es müßte eine kühle, dialektische Auseinandersetzung werden. »Wie rechtfertigen Sie einen Akt bewaffneter Aggression gegen ein friedliches Bruderland, das zu keiner Zeit gegen die sozialistische Moral verstoßen oder sich imperialistischen Mächten genähert hat?«
    »Essen noch andere Gäste unten, Madam?«
    »Nur der andere Gast, Mr. Dabrynin, der russische Herr.« Kein Melodrama. Es war einfach. Gordana, sieh dich vor, ich komme dich holen.
    »Dann esse ich unten mit Mr. Dabrynin. Vielleicht sind Sie so nett und sagen ihm, daß ich komme.«
    »Nein, Mr. Dabrynin, es bestand keinerlei Gefahr von westdeutschen

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