Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
Lehmann.« Der Spieß lachte. »Kann mich kaum noch beherrschen. Das ist mein erster Fall von KDV seit fünf Jahren, Lehmann. Und wenn Sie durchkommen, dann sind Sie der erste seit ‘69. Hätte nicht übel Lust, mit irgendwem auf Sie zu wetten.« Er lachte wieder, verschluckte sich dabei und begann zu husten, er hörte gar nicht mehr damit auf und wurde dabei immer röter im Gesicht. Schließlich zeigte er mit der Hand auf seinen Rücken und Frank ging um den Schreibtisch herum und haute dem Spieß ordentlich was zwischen die Schulterblätter.
»Danke, danke«, rief der Spieß, als er wieder Luft bekam. Frank ging wieder um den Schreibtisch herum auf die andere Seite. »Wenn Sie so weitermachen, Lehmann, dann bringen Sie mich noch ins Grab. Ach so, da war noch was … «
Der Spieß hob einen Briefumschlag in C5-Größe hoch und wedelte damit.
»Da ist Ihre G-Karte drin, Lehmann. Die haben mir Ihre G-Karte geschickt. Was sagen Sie dazu?«
»Nix.«
»Kann ich mir denken. Sie sind schon fünf Wochen hier, und jetzt schicken die uns Ihre G-Karte. Da stimmt doch was nicht. Das muß doch bei der Einstellungsuntersuchung aufgefallen sein.«
»Ja.«
»Ja, was, Lehmann?«
»Ja, Herr Hauptfeld.«
»Quatsch, nicht das. Was war denn nun bei der Einstellungsuntersuchung?«
»Die G-Karte war nicht da«, sagte Frank. »Die konnten keine Einstellungsuntersuchung machen.«
»Was soll das heißen, die konnten keine Einstellungsuntersuchung machen? Das geht doch gar nicht. Das müssen die doch. Sie können hier doch nicht ohne Einstellungsuntersuchung herumhüpfen, was glauben Sie denn, wo Sie hier sind? Warum haben Sie mir das nicht gemeldet?«
»Ich hab’s ja gemeldet.«
»Bei wem?«
»Bei mir im Zug.«
»Bei wem da?«
»Bei den Fahnenjunkern.«
»Bei welchem Fahnenjunker? Bei Fahnenjunker Tietz?« »Weiß ich nicht mehr«, log Frank.
»Oder der andere, Fahnenjunker Heitmann?«
»Weiß ich nicht mehr.«
»Und dann soll ich Ihnen glauben, daß Sie das gemeldet haben?«
»Ja.«
»Stimmt das auch, Lehmann?«
Frank nickte.
»Fahnenjunker!« Der Spieß verzog angewidert das Gesicht »Wegen sowas müssen Sie immer zu mir kommen, Lehmann, das ist doch wichtig. Jetzt haben Sie noch keine Einstellungsuntersuchung, das hätte böse enden können, Lehmann, stellen Sie sich nur vor, Sie haben vielleicht einen Herzfehler und klappen uns hier zusammen, das geht doch nicht, da gehen Sie gleich mal rüber und holen das nach, aber ganz schnell.«
Er reichte Frank den Umschlag.
»Und nehmen Sie das mit für den Arzt. Und kommen Sie gleich danach wieder zu mir.«
Frank nahm den Umschlag und war etwas unschlüssig.
»Ist noch was, Lehmann?«
»Soll ich da jetzt einfach so rübergehen?«
»Ja was ist denn, Lehmann? Ist das so schwierig, den San-Bereich zu finden? Soll ich einen rufen, der Sie da hinmarschieren läßt, oder was? Könnt ihr Jungs denn gar nichts mehr selbständig?«
»Okay«, sagte Frank und wandte sich zum Gehen. »Bis gleich dann.«
»Ja, ja. Und nicht vergessen: vorher Sportzeug anziehen, Lehmann. Zum San-Bereich immer im Sportzeug. Und melden Sie sich bloß nicht ab, verdammt noch mal!«
»Pionier Lehmann, melde mich ab zum San-Bereich.«
»Ja, ja … Ach, und Lehmann?!«
»Ja?«
»Ich will nur hoffen, daß der andere auch was abgekriegt hat.«
»Wovon?«
»Das mit dem Auge!«
»Ich bin hingefallen, Herr Hauptfeld.«
»Wie Sie wollen, Lehmann«, seufzte der Spieß und zündete sich eine Zigarette an. »Aber vergessen Sie nicht: Es ist Ihre Pflicht als Soldat, auf Ihre Gesundheit zu achten.« Er lachte los und begann wieder zu husten, dabei bedeutete er aber Frank mit einer winkenden Hand, endlich zu verschwinden.
»Was fehlt denn?« fragte der Assistent des Stabsarztes, den Frank noch von damals kannte und der, wie Frank jetzt, da er Bescheid wußte, feststellen konnte, auch bloß ein Obergefreiter war. Er stand in der Tür zum Behandlungszimmer und schaute Frank nicht einmal an, er schaffte es irgendwie, haarscharf an ihm vorbeizusehen.
»Einstellungsuntersuchung!«
»Wie, Einstellungsuntersuchung?«
»Es fehlt an einer Einstellungsuntersuchung, dafür ist jetzt die G-Karte vorhanden«, sagte Frank und wedelte mit dem Umschlag vor des anderen Gesicht.
»Wie, G-Karte?«
»Meine G-Karte ist da«, sagte Frank. »Ich konnte vor ein paar Wochen keine Einstellungsuntersuchung bekommen, weil meine G-Karte nicht da war, und jetzt ist sie angekommen, und jetzt kann ich auch eine
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