Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
Einstellungsuntersuchung kriegen.«
»Da muß ich erstmal nachfragen«, sagte der Obergefreite und wollte wieder im Behandlungszimmer verschwinden.
»Nimm das mit«, sagte Frank und hielt ihm den Umschlag hin. »Der Spieß sagt, ich soll das hier abgeben.«
»Nee«, sagte der Obergefreite, »ich nehm lieber erstmal gar nichts an. Und du wartest hier.«
»Aber nicht mehr lange«, sagte Frank und warf den Umschlag mit der G-Karte dem Obergefreiten durch die sich schließende Tür hinterher.
»Was soll das denn«, rief der Obergefreite und schloß die Tür. Eine Minute später ging sie wieder auf.
»Komm mal rein.«
Frank ging in das Behandlungszimmer. An seinem Schreibtisch saß der Stabsarzt und schaute sich Franks G-Karte an.
»Setzen Sie sich«, sagte er zu Frank.
Frank setzte sich auf einen Stuhl.
»Das ist meiner«, sagte der Obergefreite.
Frank stand auf, der Obergefreite setzte sich, und Frank blieb stehen. Es gab sonst keinen Stuhl.
»Ach so«, sagte der Arzt und schaute wieder in die Karte. »Dann bleiben Sie mal stehen. Eigentlich müßte ich mich an Sie erinnern, keine G-Karte, sowas vergißt man ja nicht. Wieso erinnere ich mich nicht mehr daran?«
»Keine Ahnung. Vielleicht, weil ich so unauffällig bin.«
»Hm … Und wieso haben die jetzt Ihre G-Karte an Ihre Kompanie geschickt und nicht gleich an uns?«
»Keine Ahnung«, sagte Frank, »ich weiß ja nicht einmal, was eine G-Karte ist.«
»Das hier«, sagte der Arzt und hielt sie hoch.
»Habe ich’s mir doch gedacht«, sagte Frank.
»Lassen Sie mich mal Ihr Auge sehen«, sagte der Arzt, »das sieht ja interessant aus. Schauen Sie mal, Schäfer«, sagte er zu dem Obergefreiten, »klassischer geht’s nicht.«
Er stand auf, kam um seinen Schreibtisch herum und zog Frank ans Fenster. »Das gute alte blaue Auge«, sagte er, »schauen Sie mal, Schäfer. Wie ist denn das passiert?« fragte er Frank.
»Bin hingefallen.«
»Hingefallen? Na, Sie machen mir Spaß.«
»Ist das schon die Einstellungsuntersuchung?«
Der Arzt schaute seinen Obergefreiten an. »Er fragt, ob das schon die Einstellungsuntersuchung ist!« sagte er.
Der Obergefreite nickte.
»Ein echter Witzbold«, sagte der Arzt und ging zurück an seinen Schreibtisch. »Okay, Schäfer, schreiben Sie: … « Er hob wieder die G-Karte und schaute drauf. »Dieser Mann ist nicht pionierdiensttauglich.«
Der Obergefreite spannte ein Blatt in eine Schreibmaschine und begann zu tippen.
»Tauglichkeitsstufe drei steht hier«, fuhr der Arzt fort, »mit Einschränkungen in der Grundausbildung, da brauche ich nicht lange zu untersuchen. Schreiben Sie das mal so, wie sich das gehört, Schäfer.«
Schäfer nickte und tippte vor sich hin.
»So wie ich das sehe, hätte der hier nie hergeschickt werden dürfen«, fuhr der Arzt fort und sah Frank erwartungsvoll an, während Schäfer immer weiter tippte. Frank schwieg.
»Hören Sie, was ich sage?«
»Sie haben in der dritten Person gesprochen, da weiß man nie, wer gemeint ist.«
»Sie sind überhaupt nicht tauglich für Pioniere.«
»Soso.«
»Ab nächster Woche geht in der 4. Kompanie die Spezialausbildung für Pioniere los, da können Sie nicht mitmachen.«
»Und was heißt das?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich werden Sie versetzt.«
»Aha.«
»Okay. Geben Sie mal her, Schäfer.«
Der Obergefreite gab ihm das betippte Blatt Papier, und der Arzt unterschrieb es, und dann nahm er auch noch einen Stempel und haute ihn dazu. Dann faltete er das Blatt zusammen, steckte es in einen Umschlag, leckte ihn an, klebte ihn zu und reichte ihn Frank.
»Hier«, sagte er, »geben Sie das mal Ihrem Spieß. Die G-Karte bleibt bei uns. Muß ja alles seine Ordnung haben. Sonst noch irgendwas? Haben Sie schon Fußpilz bekommen?«
»Nein«, sagte Frank.
»Kommt noch.« Der Arzt lachte.
»Ja. Sehr lustig«, sagte Frank. »Ich geh dann mal.«
»Sagen Sie mal«, sagte der Arzt und lehnte sich zurück, »ich glaube, jetzt erinnere ich mich wieder an Sie! Die G-Karte war nicht da, genau, Sie waren das!«
»Ja und?«
»Sie sind sich aber erstaunlich treu geblieben, was?«
»Wieso?«
»Weiß nicht, kommt mir so vor. Nur so. Dann gehen Sie mal. Und melden Sie sich bloß nicht ab, nicht bei mir, ich bin auch nur Wehrpflichtiger, mir ist das scheißegal. Schäfer, der ist Zeitsoldat, aber bei dem brauchen Sie sich nicht abzumelden, der ist bloß Obergefreiter.«
»Dann ist ja gut«, sagte Frank. »Tschüß dann.«
»Ja«, sagte der Arzt. »Tschüß
Weitere Kostenlose Bücher