Neue Zeit und Welt
Gegen Abend landete er am Südrand vom Wald der Unglücksfälle, um zu rasten, ein Feuer anzuzünden und sich zu wärmen, denn in den letzten Stunden war es erbärmlich kalt geworden.
Den Boden bedeckte Eis in brüchigen Platten, die unter seinen Füßen knirschten, als er von Baum zu Baum ging und die trockeneren Äste abriss. Er fand Windschutz, machte sein Feuer an, aß etwas Schnee. Er wollte hier einige Stunden rasten und den Rest des Weges bei Nacht zurücklegen – denn da waren die roten Flammen der Feuerhöhlen am besten zu sehen. Es dauerte nicht lange, bis er einzudösen begann.
Lange schlief er nicht. Er wusste nicht genau, was ihn geweckt hatte, aber er war augenblicklich hellwach, voller Angst. Er kauerte in der Dunkelheit, die Flügel halb entfaltet, und lauschte. Er hörte sie im selben Augenblick, als sie auftauchten: eine Bande von Unglücksfällen, die aus vier Richtungen angriffen. Ohne eine Sekunde zu zögern, zeigte er das rituelle Kampfgrinsen und schoss mit Wucht auf das erste Untier zu. Er schlug zwei Krallen in das eine Auge des Wesens und schleuderte den Unglücksfall kopfüber auf zwei seiner Begleiter. Im Fallen gelang es dem Wesen noch, einen Flügel des Vampirs am Ende einzureißen.
Aba hetzte in die andere Richtung – halb laufend, halb mit dem beschädigten Flügel flatternd. Binnen weniger Sekunden jagten die drei restlichen Unglücksfälle hinter ihm her. Aba gewann zunächst einen Vorsprung. Er war schneller auf den Beinen; seine Flügel, obwohl auf einer Seite lahmend, verliehen ihm zusätzlichen Schub; er war von Verzweiflung erfüllt. Nach einer Weile geriet er außer Atem. Die Unglücksfälle dagegen waren berüchtigt für ihre Ausdauer. Sie liefen zwar langsam, aber sie konnten sich ewig auf den Beinen halten. Die Bäume standen nun auch dichter, und Aba hieb sich immer wieder die Flügelstreben an, brach sich die Knochen darin, als er die Flügel zu weit öffnete. Der eisige Wind fuhr ihm bei jedem Atemzug wie ein Messer in die Lungenflügel.
Er erreichte den Spiegelsee und vergrößerte seinen Vorsprung wieder, denn der See war beinhart gefroren, und als Aba mit weit geöffneten Schwingen hinaustrat, blies ihn der Wind wie ein Gespenst im Traum dahin.
Zwei von den Unglücksfällen rannten ihm nach, aber ihr gemeinsames Gewicht war zu groß. Das Eis brach, der See verschluckte sie und fror sofort wieder zu. Der letzte Unglücksfall stapfte unbeirrt am Seeufer dahin, auf der Spur des Vampirs.
Aba wurde viel langsamer. Er hatte Schmerzen und blutete. Geräusche und Gestank des Wesens, das ihn verfolgte, rückten näher. Aba wusste, dass für einen Kampf seine Kräfte nicht mehr ausreichten. Er stieß den Überschall-Laut aus, den nur Vampire erzeugen und hören konnten. Aber wer sollte ihn in dieser unwirtlichen Nacht hören? Er konnte nur hoffen, weil er wusste, dass nicht sehr weit von hier noch immer Freunde wohnen mochten. Das war der eigentliche Anlass für ihn gewesen, in den Wald zu laufen. Nun konnte er den Atem des Unglücksfalls beinahe schon im Nacken spüren. Als er über die Schulter blickte, griff die Bestie nach ihm.
Sie purzelten durch den Schnee, packten einander, hieben mit Krallen um sich. Der Unglücksfall war unglaublich stark. Er hatte drei Arme, aus dem Rücken wuchs ein Buckel, der aussah wie die Hälfte eines missgestalteten zweiten Kopfes. Bei dem Gestank des Wesens würgte es Aba.
Es gelang ihm, dem anderen ein Stück Holz in das Maul zu stoßen, bevor das Gebiss sein Handgelenk packen konnte, aber das verschaffte dem Untier Zeit. Der Unglücksfall traf Aba am Kopf und betäubte ihn, schlug ein zweites Mal zu.
Das letzte, was Aba sah, als es schwarz um ihn wurde, war das grausige Geschöpf, das rittlings auf ihm saß, aus dem Mutantengesicht blutend und sabbernd, und ihn mit Riesenfäusten bewusstlos schlug.
Ollie, Beauty, D’Ursu und die drei Buchleute kamen die ganze Nacht bis in den nächsten Tag hinein gut voran. Sie folgten zuerst der Küste und fuhren, als ihr Mut wuchs, weiter auf das Meer hinaus, Richtung Norden.
Die Steuerung übernahm meistens Michael – Josh hatte sowohl ihm als auch Ollie den Umgang mit dem Ruder beigebracht, aber Michael besaß eine besonders rasche Auffassungsgabe und beherrschte das Instrumentenbrett nach wenigen Stunden, vor sich Joshuas schriftliche Hinweise. Ollie und Beauty versuchten zu schlafen oder befassten sich mit unterschiedlichen Routen zu den Feuerhöhlen, während das kleine
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