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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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zauberhaften Karibus, wir fahren nach Hause! Und noch etwas …«
    So brüllte er weiter, während der lange Zug sich nach Süden in Bewegung setzte, umtost von Wind und Schnee; ein mächtiger Kessel voll Bäreneintopf.
    Beauty und die anderen schauten ihm kurz nach, dann griffen sie nach ihren Sachen und gingen weiter in Richtung Osten. Das blinde Pony schloss sich ihnen wieder an. In wenigen Augenblicken verloren sich die sieben erstarrten Leichen im Schneegestöber hinter ihnen.
    Sie gingen eine Stunde lang stumm dahin, bis Michael unvermittelt stehen blieb.
    »Ich sterbe, wenn ich noch weiterlaufen muss!« brüllte er in den Wind hinein. Davids Tod hatte Michael die letzte Kraft geraubt. Er fühlte sich bis in die Seele hinein erstarrt.
    Beauty wählte seine Worte mit Bedacht.
    »Kannst du allein zurückgehen?« Sie mussten alle schreien, um sich verständlich zu machen.
    Ellen fuhr dazwischen.
    »Ich gehe mit. Gemeinsam schaffen wir es – außer, du brauchst mich hier.«
    Beauty schüttelte den Kopf.
    »Nein. Geht zurück. Wartet beim Boot auf uns. Wenn wir in zwei Wochen nicht zurück sind, fahrt ihr ohne uns ins Lager zurück.« Er verstummte und blickte auf das blinde Pony, das geduldig dabeistand, sah wieder die Bücher an. »Nehmt das Pony mit«, fuhr er fort. »Es kann euch moralisch unterstützen.«
    Das Pony legte fragend oder betroffen den Kopf auf die Seite, drehte sich ohne Hast herum und richtete den Kopf nach Westen. Michael und Ellen halfen sich gegenseitig auf, traten auf beiden Seiten an das Pony heran und hielten sich an dem schneebedeckten Pelz fest. Wortlos gingen die drei davon, zur Küste zurück, und ließen Ollie und Beauty allein.
     
    Es wurde rasch dunkel. Ollie und Beauty stapften mit grimmiger Entschlossenheit weiter, lange Steigungen hinauf, um Schluchten herum, über Ebenen. Immer weiter. Marschierten mühsam dahin, um zwei Meter zurückzulegen, noch einmal zwei, wieder einen. Und stets den Wind im Gesicht, schwarz und heulend.
    Unablässig stapften sie weiter, obwohl bei jedem Schritt der Wind heftiger zu werden schien, ihre Kraft immer mehr verfiel. Die Nacht hüllte sie ein wie ein Bahrtuch. Beauty schlug vor, eine Weile zu rasten, aber sie konnten keinen Unterschlupf finden. Wenn sie nicht erfrieren wollten, mussten sie weitergehen. Das taten sie.
    Ollie hörte es als erster: ein scharrendes Geräusch, über – oder vielmehr unter – dem Heulen des Windes. Ein rhythmisches Kratzen, das viele Sekunden lang dauerte, aufhörte, wieder anfing. Aus dem Norden. Ollie berührte Beauty an der Seite und zeigte mit dem Finger. Sie lauschten. Beauty legte einen Pfeil an die Bogensehne.
    Eiskristalle zerstachen ihnen die Gesichter, als sie dastanden, regungslos, die Köpfe geneigt. Plötzlich hörten sie ein fernes Grollen, das mit jeder Sekunde lauter wurde. Auf einmal hatte es sie erreicht.
    Bis sie im Dunkel etwas erkennen konnten, war das Untier noch zehn Meter entfernt und griff an. Ein riesiges Mammut, weiß, zottig, wutentbrannt. Groß wie ein Elefant, mit kürzerem Rüssel, spitzeren Stoßzähnen. Der kürzere Kopf verlieh ihm eine Art Bärenschnauze, das Gebiss war furchterregend. Diese Spezies hatte keine echten Gegner. Die einzige Kraft, die ihre Vermehrung in Grenzen hielt, war die heulende Wildheit dieser Winter und die Kargheit der Nahrung. Das Wesen, das sie auf sich zurasen sahen, war offenbar vor Hunger außer sich.
    Beauty blieb nur die Zeit, einen einzigen Pfeil abzufeuern. Er traf das Mammut genau an der Schnauze. Die Bestie heulte schmerzgepeinigt auf, verlor den Halt und stürzte auf die Vorderbeine des Zentauren. Sofort, als das Tier am Boden lag, sprang Ollie auf seinen Rücken, zog sich an dem verfilzten Haarpelz hoch. Das Untier raffte sich sofort wieder auf und warf brüllend den Kopf zurück, aber Ollie hielt sich auf dem Rücken des Mammuts verzweifelt fest. Er riss sein langes Messer heraus und stieß es am Übergang zum Schädel tief in den Nacken des Ungeheuers – immer wieder.
    Die Bestie bäumte sich in Zuckungen auf, schleuderte Ollie hoch empor, brach auf dem harten Boden zusammen und blieb regungslos liegen, vom Schneesturm umtost.
    Fünf Dinge, ein Still-Leben: Beauty, bewusstlos, die Beine mehrfach gebrochen; Ollie bewusstlos, mit dem Kopf nach unten an einem großen Felsblock liegend; das Mammut, einen Pfeil in der Schnauze, ein Messer im Nacken, noch atmend, regungslos auf der Seite liegend; der Wind, der neben den Figuren den Schnee aufhäufte;

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