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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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im Inneren des riesigen gefrorenen Ozeans ausgehöhlt, aus dem der Gletscherberg bestand. Sie waren mächtige, flammenförmige Räume, ausgeschmolzen durch die Feuerhöhlen, die es hier überall gab – vulkanische Löcher, brodelnd und zischend. Sie lieferten an Energie für die Generatoren alles, was die Stadt brauchte.
    Zur Zeit lebten hier dreißig oder vierzig Neuromenschen. Sie beschäftigten sich in der Hauptsache mit verschiedenen Experimenten auf den Gebieten Biotechnik, Altersforschung, Geophysik. Ollies Auftreten verwirrte sie ein wenig.
    Es gab hier nur wenige Besucher. An Jasmines Aufenthalt erinnerte man sich noch deutlich. Man hatte ihren Körper repariert und sich Geschichten erzählen lassen. Seitdem war niemand mehr zu Besuch gekommen. Ollies Auftreten mit der Agar-Gewebekultur und dem Codewort war Anlass für Besorgnis.
    Man rief sofort die ganze Stadt zusammen und forderte Ollie auf, ausführlich zu berichten, was er tat, nachdem er darauf bestanden hatte, die Roboter inzwischen hinauszuschicken und Beauty holen zu lassen. Das geschah.
    Als er zu Ende gekommen war, diskutierte und überlegte man eine Stunde lang und kam endlich zu dem Schluss, die Angelegenheit sei in der Tat dringend. Man nahm Ollie das Röhrchen ab und machte sich noch am selben Nachmittag im Labor an die Arbeit.
    Beauty wurde geholt, man richtete seine Beine ein und schiente sie. Danach blieb nichts anderes, als zu warten.
     
    Ollie erforschte eine Woche lang die Eisstadt. Wie man diese Kristallpaläste miteinander verbunden, erschlossen und durchtunnelt hatte, war ihm ein Rätsel. Alles hier schien aus Diamanten und Perlen zu bestehen. Und die Größe! Hier hätten Tausende leben können, statt der paar Dutzend, die dort hausten.
    Es gab einen gigantischen Hauptgenerator, angetrieben durch den unter hohem Druck stehenden Dampf, der hier in Feuer und Eis so reichhaltig zur Verfügung stand. Vier Riesendome gruppierten sich um die Energiestation, jeder ein Labor, für eine bestimmte Wissenschaft oder philosophische Disziplin gedacht. Im Boden jedes der Dome gab es eine knisternde Feuergrube, deren Flammen offenkundig die Aushöhlung des jeweiligen Gewölbes bewirkt hatten – denn alle Decken waren hochgewölbt und bogenförmig, manche in Flammenform, andere mit Kronen aus explodierenden Eiskugeln zwischen majestätischen Eisstalaktiten.
    In jedem Großdom gab es konzentrische Kreise kleinerer Räume. Diese Räumlichkeiten dienten vielerlei Zwecken, von Besprechungen über Glücksspiel und Meditation bis zum Schlafen.
    Ollie untersuchte alles mit der Neugier einer behutsam vorgehenden Katze. Er interessierte sich für alles, weil er stets an die Notwendigkeit dachte, sich behaupten zu müssen, und diese Umwelt hatte Ähnlichkeit mit gar nichts in seinem Erfahrungsschatz. Die Möbel bestanden größtenteils aus Eis – Tische, Sofas, Betten –, aller Schmuck war daraus gefertigt. Überall standen Eisskulpturen abstrakter wie figürlicher Art. Stalaktiten wurden fast überall sorgfältig gepflegt – oft zu phantastischen Formen, manchmal gefärbt wie exotische Edelsteine. Dicke Eisfenster gingen hinaus auf orangerote Lavagruben, in denen es gurgelte und brauste, als lebe dort die Seele des Planeten. Ollie sah sich von diesen Wunderdingen mit der Zeit verzaubert und ging nach ein, zwei Tagen sogar soweit, sein Staunen offen zu zeigen.
    Inzwischen erholte sich Beauty. Es ging langsam. Die Ärzte machten ihm klar, dass es Wochen dauern würde, bis er wieder gehen, Monate, bis er laufen konnte. Ollie hielt sich viel bei ihm auf, ebenso Leeds, der sich Geschichten über die Außenwelt, ihre Katastrophen und Kalamitäten, vortragen ließ. Wenn Ollie sich nach Fortschritten im Labor erkundigte, hieß es nur, man käme voran.
    Nach dem Ende der ersten Woche erschien Phé mit Nachrichten von Aba. Phé war Abas Schwester – eine riesige, vollbusige Vampirfrau mit strubbeligen, gelbblonden Haaren und dröhnendem Lachen.
    Sie berichtete, dass Abas Hilferufe gehört worden waren.
    »Von wem?« fragte Ollie.
    »Von mir selber«, rief sie donnernd und lachte, dass ihre mächtigen Brüste schwappten. »Der kleine Sire« – so pflegte sie ihren jüngeren Bruder zu nennen – »kam keine fünfzig Meter vor der Hintertür zu Lons Höhle herunter – möge sein Geist in Frieden ruhen. Ich und Herz-Sire rasten sofort hinaus und machten dem armen Unglücksfall den Garaus.« Wieder das dröhnende Lachen. Herz-Sire war ihr Name für den älteren

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