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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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einfach der Eis-Wahn: Verdrängt von den vorrückenden Gletschern oder oft auch nur von dem Gedanken an sie, drängten sie sich in die Hafenstadt, berstend vor Hemmungslosigkeit, bizarr vor Angst. Nach uns die Sintflut. Jasmine beobachtete sie durch das Fenster, während sie darüber nachdachte, wie es weitergehen sollte.
    Von einem der Schiffe am Pier wurden Sklaven entladen. Zumeist Menschen und Zentauren, ein paar Mischlinge. Einer davon ergriff die Flucht, aber der Bewacher – ein Basilisk – stieß hinab und zerfetzte dem Gefangenen den Bauch, bevor er zehn Schritte weit gekommen war. Aasfresser schnupperten an den Eingeweiden, wichen zurück, eine Falle witternd, fassten Mut und zerrten den Kadaver in eine Gasse.
    Eine Gruppe von Jongleuren zog eine Weile eine Zuschauermenge an, warf sich brennende Fackeln zu. Ein Trupp lachender Piraten zog vorbei. Es fand eine Art Wettbewerb statt. Ein kleines Häuflein Musikanten wurde nach einem Streit, vermutlich um Geld, in den Hafen geworfen. Zwei Hermaphroditen sprachen einen Vampir an, und nach einer kurzen Diskussion ergriff er sie und flog mit ihnen hinaus zu einem Schiff in der Bucht.
    Jasmine verfolgte alles, während sie ihr Bier trank. Als sie das Gefühl hatte, die Atmosphäre hier erfasst zu haben, begann sie herumzugehen und Fragen zu stellen.
    Ob jemand einen dunkelhaarigen Menschen gesehen habe, der an Krämpfen litt? Der sich sonderbar benahm?
    »Alle Menschen benehmen sich sonderbar«, hieß es.
    »Zuckungen des Gewissens, vielleicht.«
    »Warum die Zeit damit vergeuden, Menschen zu beobachten?«
    »Ja, voriges Jahr war einer hier, nach Norden unterwegs.«
    »Ja, ich habe drei gesehen und sie alle miteinander getötet.«
    »Ja, aber das geht dich nichts an.«
    »Nein, aber Georgio hat von so etwas gesprochen. Er kommt nächsten Monat wieder.«
    »Ein dunkelhaariger Mensch mit Krämpfen? Wie amüsant!«
    Keine sonderlich fruchtbare Befragung, wie Jasmine feststellte. Menschen standen nicht in hoher Achtung, nicht einmal als Ware auf dem Sklavenmarkt.
    Jasmine machte sich auf die Suche nach Ollie. Sie wollte vorschlagen, dass sie sich mit Proviant versahen und Ma’Gas’ rasch verlassen würden. Nach ihrer Meinung würde hier nicht viel zu erfahren sein; sie vergeudeten nur ihre Zeit. Josh und Rose waren gewiss auf dem Weg zur Stadt ohne Namen, wenn sie dort nicht schon angekommen waren. Hier ließ sich wenig erreichen, außer Allgemeines in Erfahrung zu bringen, was ihr schon gelungen war – nämlich, dass die Königin der Stadt nach wie vor Höchstpreise für Menschen bezahlte, und dass niemand sonst, ausgenommen Vampire, sie für ihre Harems wollte. Es hieß, die Magierkönigin des wahnbesessenen Dschungelstammes pflanzte die Menschen in verzauberten Boden, wo sie zu Bäumen heranwuchsen, die das Stammeslager beschützten und alle Eindringlinge mit ihren gequälten, unbarmherzigen Ranken erdrosselten. Erst wenn ein Menschen-Baum tausend Angreifer verschlungen habe, so ging die Geschichte, erlaube Königin Rotmasque ihm, sich fortzupflanzen – denn die Blumen der Keime wüchsen dann zu Menschen heran, identisch mit jenem, den die Königin damals eingepflanzt hatte, und diese Blumen dürften frei herumlaufen oder in der Armee der Königin dienen, je nach ihrem Wunsch.
    Es belustigte Jasmine, solche erfundenen Geschichten über sich zu hören. In Wahrheit kaufte sie den Sklavenhändlern wirklich Menschen ab – um sie vom Markt zu nehmen. Sie ließ sie in ihren Bergwerken arbeiten und in einer eigenen unterirdischen Gemeinschaft leben, abseits vom Rest ihres Stammes, wo sie langsam eine einzigartige verborgene Kultur entwickelten. Trotzdem gefielen ihr die Geschichten, die sie in Ma’Gas’ hörte, gut; sie freute sich über die Gerüchte, die ihr kleiner Kult hervorzurufen begann.
    Niemand erriet, dass sie in Wirklichkeit die Zauberkönigin war. Sie trug bei dieser Reise ganz gewöhnliche Kleidung, hatte das rote Haar hinten zu einem Knoten gebunden und ging sogar ein wenig gebückt – während hier jedermann zu wissen schien, dass Königin Rotmasque wild gesträubtes, flammendes Haar und einen mächtigen, schimmernden Körper hatte, der keinerlei Gewänder duldete, ja diese sofort in Flammen aufgehen ließ, wenn sie ihre Haut berührten.
    Jasmine lachte im stillen über das reich ausgeschmückte Märchen ihrer Vergangenheit und die unerkennbare Gestalt ihrer Zukunft.
    Sie sagte sich, am besten sei es wohl, sich direkt zu ihrem Höhlenversteck

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