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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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entspannte sich wider Willen.
    »Was willst du von mir?« fragte er.
    »Dass du offen und ruhig und bereit bist.«
    Die Waschung schien ihm Kraft zu verleihen, der süße Duft ihn zu erregen. Sie führte den voll gesogenen Schwamm an seine Lenden, wo ihre seidenzarten Finger Verspannungen wegwischten und Wärme hervorriefen.
    »Bereit wofür?« murmelte er. Es war lange her, seit er bei einer Frau gelegen hatte.
    »Für deine Zeit bei der Königin«, flüsterte sie. Ihr eigener Körper reagierte nun auch, hart und weich und blutdurchpulst.
    »Die Königin in dir?« sagte er. Er fühlte sich leichten Sinnes. Seine Hand war in die Silberschale gesunken. Er hob sie heraus und fuhr mit den Fingern über ihre Brüste, wog sie in der Handschale.
    Sie bebte.
    »Nein, die Königin außerhalb«, seufzte sie und wich zurück.
    »Warte«, flehte er, aber sie ging rückwärts zur Tür hinaus und war verschwunden.
    Er stand auf, um sie einzufangen, aber seine Knie schienen sich aufzulösen, und er sank zu Boden. Minutenlang saß er da und schluchzte.
    Als die Tür wieder aufging, stand Ugo, der Vampir, vor ihm.
    »Die Königin empfängt dich jetzt«, fauchte er, zog den jungen Mann hoch und half ihm zur Tür hinaus.
    Josh fürchtete schon, sein Blut sollte erneut abgezapft werden, aber dazu kam es nicht. Statt dessen wurde er von Ugo durch ein halbes Dutzend leere Korridore, dann zwei Treppen hinauf in ein Labor geführt. Hier beschien man ihn mit Lichtern verschiedener Wellenlängen, sein Körper wurde eingeseift, mit Dampf bestrahlt, geschrubbt und trocken geblasen; Schallwellenerzeuger betrommelten ihn mit ihren Schwingungen. Das war die Letzte Dekontamination.
    Er argwöhnte, dass das Ende nahe sei, und bereitete sich auf die Dunkle Reise vor.
    Er wurde durch einen rotbeleuchteten Gang geschickt; an seinem Ende befanden sich drei Türen: ›Vorbereitung‹, ›Nirwana‹, ›Vereinigung‹. Die Bezeichnungen rissen ihn aus seiner Halbtrance – hier war er schon einmal gewesen, vor fünf Jahren. Er versuchte umzukehren, aber die Tür hinter ihm war geschlossen. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als weiterzugehen, in seine Vergangenheit hinein.
    Er durchquerte den Flur, öffnete die Tür mit der Aufschrift ›Vereinigung‹ und trat ein. Was er sah, entsprach seinen Erinnerungen. Reihe um Reihe von menschlichen Wesen, regungslos, die Köpfe rasiert, aus denen die langen, schwarzen Kabel ragten, wie Schlangengedanken in den Gängen dahingeringelt, aus den Hirnen der ewigen Schläfer kriechend.
    Joshuas Magen krampfte sich zusammen. Er trat vor – um sie zu begreifen, wie er es schon einmal getan hatte –, wurde aber von einem Elektrogitter aufgehalten, das den Saal jetzt von dem Laufgang trennte. Im ersten Augenblick hatte er es nicht bemerkt, so sehr hatte seine Aufmerksamkeit den stillen Leibern gegolten, aber als er dagegen stieß, bekam er einen elektrischen Schlag, Funken zuckten, er sprang zurück.
    Am Ende des Saales gab es vier unbeschriftete Türen. Drei waren versperrt, eine stand einen Spalt offen. Er stieß sie auf und trat in den Nebenraum hinein.
    Der Raum war groß, dunkel, schallgedämpft. An einer Wand Regale und Schubfächer. In der Ecke an der Tür der große, zylindrische Behälter, von dem Josh wusste, dass sich dahinter ein senkrechter Schacht zu den unterirdischen Tunnels verbarg. In der hinteren Ecke wurde Joshs Blick von einem schwachen Lichtschein angezogen. Darunter schien ein großer Stuhl zu stehen, darauf eine Gestalt zu sitzen.
    Josh ging auf das Licht zu.
    Als er näher kam, sah er, dass der Stuhl in Wahrheit ein Thron war – sehr groß, aus Marmor und Teakholz, mit eingelegten Edelsteinen, goldgeädert, mit vielen Polsterkissen ausgestattet –, und die Gestalt, die dort ruhte, war eine Frau.
    Als er noch sechs Meter entfernt war, begann sie zu sprechen. Er blieb stehen.
    »Willkomm, Joshua, Mensch und Schreiber.«
    Sie war wunderschön, soviel konnte er sehen. Sie lag halb ausgestreckt auf dem Thron, von seidenen Schleiern nur wenig verhüllt, der blaßhäutige Körper war vielsagend erschlafft. Von der Decke, ein gutes Stück von der Wand entfernt, hing ein Brokatvorhang. Er endete fast zwei Meter über dem Boden, da er aber genau vor dem Thron hing, verdeckte er das Gesicht der Königin, ihren Kopf und die ganze Rückwand. Im schwach erhellten Raum hatte Josh das beunruhigende Gefühl, von einem kopflosen Gespenst angesprochen worden zu sein.
    Er trat noch zwei Schritte auf das Podest

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