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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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war wie vor den Kopf geschlagen. Hier also war die wahre Ursache seiner Anfälle. Diese irre Königin hatte Signale ausgeschickt, auf die sein Gehirn reagierte. Wegen einer Welle, die sie anbetete? Das lag jenseits aller Vernunft. Er konnte den Sinn nicht erkennen. Sie schien manchmal geistig wach zu sein, dann wieder im Wahn, aber aus irgendeinem Grund wusste er, dass sie auf etwas abzielte. Wenn er nur ihren Faden hätte finden können!
    Die Königin fuhr fort: »So kamst du, kamst du, musst aber noch kommen. Andere kamen, mit kleineren Krämpfen, ihre Wellen waren nah, doch keine wie deine, nur deine wie meine. Aber doch – was bedeutet diese saugende Welle, diese Gezeitenkraft? Nicht weniger als dies: Die rollenden Wellen, die Medulla-Wellen, die dein Winziggehirn erzeugt, sind eins mit denen, die ich sende, und daher, und daher ist dieser Teil des Gehirns von dir, dieser Kubikzentimeter Gehirn identisch mit seinem Gegenstück in mir, und so muss es ebenfalls durch das identische Gen kodiert werden! Es muss! Mein Schwester-Gen, lang getrennte Zwillinge, dein Bettler zu meinem Fürsten, der maskierte Doppelgänger des Regenten demaskiert. Du bist es! Du bist mein Sonnen-Gen, mein einzig Sonnen-Gen, du machst mich froh, wenn Graues schwarz genug, dass Nichtsein weniger die Frage als die Antwort ist. Aber nun bist du hier! Du bist hier!«
    Sie war wieder ins Schwitzen geraten und lachte jenes beunruhigende Gelächter am Abgrund.
    »Ich habe deine Wellen sorgfältig studiert, seitdem du hier bist, Joshua – integrierte Potentiale, Wellenberge und -täler, Rückkopplungsschleifen, Hertz – und ja, es gibt keinen Zweifel, unsere Wellen sind eins, wir sind von einer Art, von einem Geist, es gibt am Stamm deines Denkens eine wesentliche Wurzel, identisch mit der meinen. Wir müssen notwendigerweise diese Fetzen DNA verantwortlich teilen. Dort endet mit der Zeit die Ähnlichkeit, aber oh, die Übereingestimmtheit!«
    »Aber – wie weiter?« fragte Josh. Er verspürte mit dieser Wahnsinnigen keine besondere Verwandtschaft – nur vieldeutige Furcht, sexuelle Verspannung und Platzangst. Seine Augen zuckten hin und her, auf der Suche nach einer Tür.
    »Wie weiter?« wiederholte sie. »Weiter so. Jedes Kind unserer Vereinigung hat eine Chance von eins zu vier, für dieses Gen homozygotisch zu sein – dass dieses rezessive Merkmal also voll zur Geltung kommt. Denk daran, träum davon, nach der zweiten Befruchtung steigen die Chancen an, schwillt mein Bauch, ein Kind mit diesem transzendenten Merkmal zu gebären, dieser goldenen Macht, diesem …«
    »Wie meinst du, ein Kind gebären?« ächzte Josh. »Wovon sprichst du?«
    Ihr Körper bewegte sich ein wenig auf dem Thron.
    »Komm, liebe mich.«
    Bei dem Gedanken, diesen Körper zu berühren, empfand er gleichzeitig Erregung und physisches Entsetzen.
    »Nein«, stieß er hervor und wich zurück.
    »Du kannst dich nicht weigern«, flüsterte sie. »Meine Pheromone sind potent, ich erblühe, wie ich will … Und wir wissen wohl, dass deine Ur-Wellenformen den meinen synchron sind. Wie du siehst, sende ich sie jetzt, ich sende meine Wellen, meine Düfte, meine Brunst, mein Ich, meine Liebe, wie du siehst.«
    Ihre Beine spreizten sich, als sie tiefer glitt, das Gesäß flach auf der Thronkante. Die Bewegung nach unten ließ Mund und Nase unter dem Vorhang sichtbar werden. Der Mund war weich, vollippig, offen, feucht; die Nase herrscherlich.
    Josh trat einen Schritt vor, die Handflächen feucht. Er hatte noch nie einen so schönen Körper gesehen – wartend, ihn begehrend. Die Luft schien parfümiert zu sein, der Boden unter seinen nackten Sohlen war kühl wie Glas. Josh war aber nicht daran gewöhnt, sich so berauscht zu fühlen, und das machte ihn wirr, erschreckte ihn, krampfte seinen Magen zusammen wie nassen Bindfaden. Er trat näher.
    Ihre Lippen lächelten. Sie fuhr mit den Händen an ihrem Körper entlang und verwischte den Schweiß zu gleichmäßigem Glanz. Sein Verlangen wurde überwältigend, aber unter der Oberfläche lauerte doch Ekel vor der Situation, vor dem Zwang. Kurz hielt ihn seine Entschlossenheit noch zurück, dann trat er schnell heran.
    Als er einen Meter vom Podest entfernt war, konnte er unter den Vorhang blicken, bis zu ihren Augen hinauf. Große, runde Augen, violett, brennend, verführerisch, zerstörerisch. Zwingend. Bannend. Sie befeuchtete mit der Zunge die Lippen, streckte die Hände aus. Er stieg zum Thron hinauf. Er wollte bei ihr liegen,

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