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Neues Glück für Gisela

Neues Glück für Gisela

Titel: Neues Glück für Gisela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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sich oft angelehnt hatte, und er hatte zwei warme Hände, die zum Liebkosen geschaffen waren.
    Der Hunger nach Güte, nach Zärtlichkeit, nach einer Liebkosung übermannte sie. Sie brauchte es so nötig, jetzt, gerade jetzt, daß jemand ihr übers Haar streichen würde…
    Sie legte ihren Kopf auf Andreas’ Schulter, wie sie es früher so oft getan hatte. Er reagierte nicht. Gisela rückte näher. „Siehst du, wir können es ja noch nett zusammen haben, nicht wahr, Andreas… ich bin doch ein ganz flottes Mädchen – na, also Prost…“
    Gisela leerte ihr Glas. Es kippte um, als sie es wieder hinstellen wollte. Der süße Likör ergoß sich auf ihr Kleid.
    „Nun sag bloß, was dir über die Leber gelaufen ist, Andreas? Philosophierst du etwa über die Wirkung der Weltraumfahrt auf die Vermehrung der Hauskatzen – Prost! Ach, ich habe ja nichts im Glas, gieß mir doch etwas ein – sag mal, denkst du etwa dran, was dir das neue Jahr bringen wird?“
    „Das weiß ich schon.“
    „Was du nicht sagst! Bist du ein Hellseher?“ Ihre Stimme war noch die künstliche, forcierte, mit dem unechten Klang. „Ja, weißt du, ich habe vor… ich meine… ich werde Ostern heiraten.“ Gisela hob ihren Kopf von seiner Schulter, sah in sein Gesicht. „Ach, du wirst heiraten…“ Die Stimme klang fremd in ihren eigenen Ohren. „Ich gratuliere! Wen denn?“
    „Magdalene Borch-Jaeger.“
    „Ach die, ja, ich weiß…“ O wie war ihre Stimme munter. „Das ist doch wunderbar, Andreas. Ich erinnere mich gut an Magdalene aus der Schule, sie war reizend, und so hübsch. Aber warum ist sie denn nicht hier?“ Die Worte purzelten übereinander. „Sie ist in Deutschland, auf einer Haushaltungsschule.“
    „Ach so, Haushaltungsschule, ja natürlich, du mußt sie von mir grüßen, wenn du ihr schreibst – wenn es korrekt ist, der Verlobten seines früheren Verlobten einen Gruß zu schicken, ha, ha, ha…“ Giselas Lachen war schrill und unecht. Es entstand eine kleine Pause. „Was meinst du, wollen wir nicht aufbrechen?“ fragte Andreas. „Es ist spät.“
    „Ja“, sagte Gisela, und jetzt war ihre Stimme ganz farblos. „Es ist sehr spät.“
    Mit zitternden Händen zog sie ihr Apachen-Kostüm aus. Sie taumelte ins Bett, und dann kamen die Tränen, in tiefen, verzweifelten Stößen.
    In dem Schluchzen flüsterte sie einen Namen, flüsterte ihn aus ihrem wunden, verzweifelten, hilflosen Herzen.
    Aber Andreas’ Name war es nicht.

Zwei kurze Briefe
     
     
    Sie erwachte aus einem tiefen Schlaf. Ihr Bewußtsein kam nach und nach zurück. Sie versuchte weiterzuschlafen, es graute ihr vor dem Erwachen, vor der Rechenschaft, die sie sich selbst geben mußte. Schamgefühl brannte in ihr.
    Was hatte sie bloß getan? Sie hatte sich in eine künstliche Stimmung hineingesteigert, sich schamlos ihrem früheren Verlobten angeboten!
    Sie bohrte ihren Kopf in das Kissen, und Röte überflutete ihr Gesicht. Sie glaubte, Andreas nie mehr in die Augen sehen zu können.
    Sie ertrug nicht den Gedanken, ihm beim Frühstück zu begegnen, all das, was kommen mußte, ob es nun versteckte Vorwürfe waren oder Mitleid. Am allerwenigsten Mitleid.
    Nein, sie vermochte es nicht zu ertragen. Sie streckte die Hand nach dem Telefon auf dem Nachttisch aus und bat den Portier, ihr eine Fahrkarte für den Mittagszug zu besorgen. Sie hoffte, Andreas würde ausgegangen sein, wenn sie zum Frühstück erschien. Aber als sie den Speisesaal betrat, kam er ihr entgegen, lächelnd, als der sichere und ruhige Weltmann, der er war. „Guten Morgen, Siebenschläferin. Na, hast du einen Kater?“
    Er war doch wirklich ein Prachtkerl. Wie leicht er es für sie machte. „Doch, das habe ich wohl. Das war vielleicht ein Zechabend gestern! Aber jetzt ist auch Schluß, heute fahre ich nach Hause.“
    „Nach Ravensund?“
    „Nein, nach Hoyfoss, da ist doch jetzt mein Zuhause.“
    „Es war riesig nett, dich wiederzusehen, Gisela.“
    „Ganz meinerseits, Andreas…“ Ruhig und beherrscht saß Gisela am Frühstückstisch, ruhig und beherrscht nahm sie Abschied im Hotel.
    Dann rollte der Zug fort von dem, was Gisela für ihre Welt gehalten hatte. Über eines war sie sich nun klargeworden: Ihre Welt lag nicht in Granhammers Hochgebirgshotel, auch nicht in den wohlhabenden Kreisen von Ravensund.
    Ihre Welt war Siebeneichen.
    Dahin mußte sie zurück. Sie sehnte sich nach Siebeneichen. Sie mußte mit Willi wieder ins reine kommen. Sie konnte sich ein Leben ohne ihn und

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