Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity
Mr. Roche an und bat ihn, seine Nichte zu entfernen. Ihr gewalttätiges Temperament war mehr, als die Schule vertragen konnte. Sie hatte tatsächlich eine andere Schülerin während eines albernen Streits körperlich angegriffen.«
Ich wollte ihr befehlen, den Mund zu halten, doch ich hörte mich selbst unwillkürlich fragen: »Angegriffen?«
Triumph blitzte in den hellbraunen Augen auf. Sie wusste, dass sie unsere kleine Auseinandersetzung gewonnen hatte. Ich hatte nach Informationen gefragt und mein Interesse bekundet.
»Das ist richtig, Fräulein Gesellschafterin. Sie packte eine Nähnadel und stieß sie dem anderen Mädchen in den Arm. Es war ein schrecklicher Skandal. Die Eltern des anderen Mädchens waren fest entschlossen, Ärger zu machen. Deswegen wurde Miss Lucy in Schande vom Internat genommen, und man bestach eine andere Schule, damit sie dort zugelassen wurde.«
Ich öffnete den Mund, doch ich brachte kein Wort über die Lippen.
Higgins nickte mir so liebenswürdig zu, als wären wir die besten Freundinnen. »Nun denn, Miss, ich muss meinen Auftrag erledigen, sonst gibt es diesen Winter keine Wollhandschuhe.«
Sie wandte sich ab und marschierte die Straße hinunter, und ich blieb schäumend vor Empörung zurück. Ich warf einen hastigen Blick zur Kirche. Ich hatte befürchtet, Ben und Lucy könnten herauskommen, während Higgins noch zu sehen war. Zumindest das war nicht geschehen.
Ich konnte nicht mehr still auf der Bank unter dem Friedhofstor sitzen. Ich musste mich bewegen, um meinem aufgestauten Ärger Luft zu verschaffen. Ich marschierte auf den schmalen Wegen zwischen den Gräbern hin und her, bis ich mich nach und nach ein wenig beruhigt hatte. Was heißt, dass ich die Kontrolle über mich zurückgewonnen hatte, auch wenn ich schwerlich sagen kann, dass ich ruhig geworden wäre. War es möglich? Hatte Lucy tatsächlich ein anderes Mädchen in der Schule angegriffen? Ich wollte laut hinausschreien, dass ich es nicht glaubte, doch ich hatte an dem zufriedenen Glanz in Higgins’ Augen gesehen, dass sich ihre Version bestätigen würde, wenn ich weitere Erkundigungen anstellte.
Ein gewalttätiges Verhalten wie dieses war unentschuldbar. Einem unglücklichen Waisenkind, das von Fremden großgezogen wurde, mochte man den einen oder anderen Koller verzeihen. Aber eine Nähnadel zu nehmen und sie einem anderen Kind in den Arm zu rammen? Ich musste daran denken, wie sie Steine aufgehoben hatte, um sie nach Dr. Lefebre zu werfen. Zweifel stiegen in mir auf, und ich erschauerte. Hatte Lucy mich tatsächlich »eingewickelt«, wie die Kammerzofe es genannt hatte?
Meine Schritte hatten mich zum Grab von Lucys Baby geführt. Ich blieb stehen und blickte auf den kleinen Hügel hinab. Der Anblick ernüchterte mich und ließ mich wieder zu klarem Verstand kommen. Lucy litt an Melancholie; selbst Dr. Lefebre hatte dies bestätigt. Sie war zuerst durch die Geburt und dann durch den tragischen Verlust des Babys hervorgerufen worden, ganz zu schweigen von der Abwesenheit ihres Mannes, an dem sie sehr hing trotz – oder gerade wegen – der schlechten Meinung, die andere von ihm hatten. Wenn sie sich merkwürdig verhielt, dann musste man sich darüber gar nicht wundern. Sie brauchte Zeit, sie brauchte Liebe, und sie brauchte Unterstützung.
Ich hörte Schritte; jemand näherte sich. Ich blickte auf in der Hoffnung, dass es nicht wieder Higgins war. Ich war nicht sicher, ob ichmein Temperament bei dieser Frau noch einmal im Zaum halten konnte. Doch es war eine ganz andere Gestalt.
Ich bin nicht abergläubisch, aber ich gestehe, dass ich bei ihrem Anblick einen Schreckensruf ausstieß. Nach der erst wenige Minuten zurückliegenden, aufwühlenden Unterhaltung mit der Kammerzofe und auf diesem stillen Kirchhof, umgeben von Toten, war der Anblick eines sich mir zielstrebig über die Gräber hinweg nähernden alten Mannes mit einer Sense über der Schulter so ziemlich das Letzte, was ich zu sehen erwartete. In seinen Gesichtszügen stand ein Eifer und eine tiefe Entschlossenheit, mich nicht entkommen zu lassen.
Der Alte blieb dicht vor mir stehen und stellte seine Sense ab, dann tippte er sich an die Krempe des zerbeulten Hutes. Es war eine beruhigende Geste – wie auch immer Gevatter Tod seine Opfer begrüßte, ich war sicher, dass er es nicht auf so servile Weise tat.
»Einen schönen Tag wünsche ich, Ma’am«, sagte der alte Mann. »Ich bin Jarvis, der Küster, und stehe zu Ihren Diensten.«
»Oh,
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