Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity
Mr. Jarvis!«, sagte ich, und Erleichterung durchflutete mich. »Ich habe bereits von Ihnen gehört!«
»Tatsächlich?«, fragte er erfreut und überrascht zugleich.
»Nun ja, Inspector Ross, das ist der Polizeibeamte, der aus London hergekommen ist … er hat uns – mir, heißt das – erzählt, Sie hätten die Kirche für ihn aufgesperrt.«
»Das habe ich, Ma’am. Möchten Sie die Kirche ebenfalls besichtigen?«
»Oh, ich sehe sie zweifellos am Sonntag«, antwortete ich hastig. »Ich bin Miss Martin, die neue Gesellschafterin von Mrs. Craven von Shore House.«
»So, so«, sagte Jarvis fröhlich. »Ich habe gehört, dass jemand eigens zu diesem Zweck hergekommen ist. Was ist denn nur, dass uns plötzlich so viele Leute aus London besuchen, alle auf einmal?«
Er blickte an mir vorbei und zu Boden. »Das hab ich gegraben«, sagte er im Plauderton.
»Gegraben?« Du gütiger Himmel – er meinte das Grab des Säuglings!
»Ich hab die meisten hier selbst gegraben, früher«, fuhr Jarvis fort und deutete mit einer besitzergreifenden Geste auf die Gräber ringsum. »Es war meine Aufgabe, bis mich das Rheuma schlimm erwischt hat. Heutzutage lasse ich meistens Walter Wilkes für mich graben. Nicht, dass seine Ecken je rechte Winkel wären, aber er kann nicht viel mehr als Löcher graben, also gebe ich ihm diese Arbeit.« Er musterte das Grab vor uns mit unverkennbarer Befriedigung. »Der Sarg von diesem Baby brauchte nur ein kleines Loch, das habe ich allein hinbekommen. Leute von gehobenem Stand wie die aus Shore House haben Anspruch auf anständige Ecken.«
Jarvis wandte sich würdevoll um und blickte zur Kirche. »Dann ist dieser Mann aus London immer noch drin?«, fragte er.
»Ja, Mr. Jarvis, Inspector Ross ist noch in der Kirche.«
»Er muss sich sehr stark für Denkmäler interessieren«, stellte der Küster fest. »Ich wage zu behaupten, dass es in London nicht viele derartige Kirchen gibt. Nun ja, ich lasse die Kirche dann noch offen. Ich gehe zurück und schneide das hohe Gras zu Ende, hinten, wo die alten Gräber sind. Dieses Gras wächst wie nichts Gutes. Einen schönen Tag wünsche ich noch, Ma’am.« Er tippte sich erneut an die Hutkrempe, schulterte seine Sense und trottete davon.
Ich stieß einen erleichterten Seufzer aus und hoffte sehr, dass ich keine weiteren unangenehmen Begegnungen haben würde, bevor Ben und Lucy mit ihrer Unterhaltung fertig waren.
Dann kamen sie endlich nach draußen. Lucy sah ruhig und entspannt aus, als hätte man ihr eine unsichtbare Last von den Schultern genommen.
»Gott sei Dank dafür!«, sagte ich laut.
18. KAPITEL
Inspector Benjamin Ross
Ich begleitete die Ladys bis zum Tor von Shore House und kehrte dann in den Gasthof zurück. Ich war gerade angekommen, als Hufgeklapper meine Aufmerksamkeit weckte und ich den Kopf hob. Zu meinem großen Erstaunen sah ich Morris rittlings auf dem verdreckten Pony sitzend, das zum Acorn gehörte, in den Hof reiten. Ich hatte das Tier auf der kleinen Koppel grasen sehen, und ich hätte mir nicht im Traum vorgestellt, dass Morris das Tier reiten könnte, auch wenn wir übereingekommen waren, dass er an jenem Morgen die Aufgabe hatte, Dr. Barton zu befragen.
Nicht, dass Dr. Barton mit den Ereignissen zum Zeitpunkt von Brennans Tod etwas zu schaffen gehabt hätte – nichtsdestotrotz war ich fest überzeugt, dass die Kette von Ereignissen, die letztendlich zum gewaltsamen Dahinscheiden des Rattenfängers geführt hatten, bereits geraume Zeit zuvor ihren Anfang genommen hatte. Alles, was sich in dem knappen Jahr abgespielt hatte, seit Lucy Craven bei ihren Tanten in Shore House eingezogen war, war von Interesse für mich. Der Mörder kannte sich im Haus aus, kannte seinen Inhalt (einschließlich des mörderischen Brieföffners), und er kannte das Gelände. Der Tod des Kindes stellte ein weiteres Rätsel dar, doch hier konnte Dr. Barton sicherlich helfen.
Die Person, die ich am dringendsten suchte, war natürlich Mrs. Brennan. Nicht nur, weil ich wissen wollte, ob sie in Sicherheit und unverletzt geblieben war, sondern auch, weil ich vermutete, dass sie den Grund kannte, aus dem ihr Mann getötet worden war … und wenn wir erst den Grund erfahren hatten, würden wir auch wissen, wer die Tatbegangen hatte. Doch der Verbleib der Witwe blieb ein Mysterium, obwohl wir Gosling mit einer gründlichen Suche beauftragt hatten. Seine schwerfällig geschriebenen Berichte bezüglich seiner Fortschritte, die er mir durch eine
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