Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity
einem besorgten Ausdruck im Gesicht. Sein gut geschneiderter schwarzer Cutaway stand vorne offen und gab den Blick frei auf eine prächtige Weste aus Seidenbrokat, geschmückt mit einer schweren goldenen Uhrkette. Ein erfolgreicher Geschäftsmann, ein Pfeiler der Gesellschaft besagte jedes Detail seines Erscheinungsbildes. Ich starrte ihm kalt in die Augen. Das war also der Kerl, der dahintersteckte, dass die Dame meines Herzens auf das Land gefahren war, um sich mit Irren abzugeben.
»Ich habe heute Morgen einen Brief erhalten. Ich kenne die Namen der beiden Gentlemen«, sagte ich höflich. (Und was für ein Paar sie waren – einflussreiche Männer mit Beziehungen in alle Richtungen.) »Gehe ich recht in der Annahme, dass sich in Hampshire ein Unglück ereignet hat?«, fuhr ich fort.
Hinterher wunderte ich mich, wie ruhig ich äußerlich geblieben war. Innerlich wollte ich sie anbrüllen: Herrgott noch mal, will mir denn nicht endlich jemand verraten, was passiert ist?
»Ich hatte heute Morgen ebenfalls eine Nachricht«, erklärte Dunn und deutete auf ein Blatt Papier, das flach ausgebreitet auf seinem Schreibtisch lag. »Sie kommt von Superintendent Howard in Southampton, und darin informiert er mich, dass ein umherziehender Rattenfänger namens Jethro Brennan, auch Jed genannt, ermordet auf dem Gelände von Shore House gefunden wurde, dem Wohnsitz der Schwestern Christina und Phoebe Roche und ihrer Nichte Mrs. James Craven. Der Vorfall hat sich gestern Morgen gegen circa halb zwölf ereignet. Der Chief Constable hält die Angelegenheit für so wichtig, dass er mir diese Nachricht vermittels der elektrischen Telegraphengesellschaft hat zukommen lassen. Ich war ein wenig verblüfft, warum der Mord an einem Rattenfänger derart großen Staub aufwirbelt, selbst wenn er sich auf dem Gelände eines respektablen Hauses ereignet hat, ganz zu schweigen von den enormen Kosten einer Telegraphen-Nachricht. Doch Dr. Lefebre und Mr. Roche sind nun hergekommen, und ich habe detailliertere Informationen erhalten. Doktor?«
Er wandte sich an Lefebre und bedeutete ihm mit einem Nicken, mir zu berichten, was er auch schon Dunn erzählt hatte.
»Mrs. Craven wurde von Miss Martin, ihrer Gesellschafterin, in einem Zustand größter Erregung bei der Leiche angetroffen, Inspector«, sagte Lefebre an mich gewandt. »Sie müssen sich nicht sorgen, Sir, Miss Martin ist wohlauf.«
Ich war dankbar für die Neuigkeit und zugleich höchst irritiert angesichts der vertraulichen Art und Weise, wie er sie verkündete. Außerdem beunruhigte mich die Tatsache, dass er über meine Freundschaft mit Lizzie informiert war – andererseits war dies vermutlich der Grund, aus dem Dunn mich zu sich bestellt hatte.
»Dieser Brennan«, fuhr Lefebre fort, »war nach Shore House bestellt worden, um eine Ratte aufzuspüren, die zu mehreren Gelegenheiten im Salon gesehen worden war. Als er sie nicht finden konnte, ging er mit seinem Hund in den Garten, um dort nach einem Nest zu suchen. Der Dolchstoß traf ihn in den Hals und durchtrennte die Halsschlagader. Der Tod muss innerhalb kürzester Zeit eingetreten sein, beschleunigt ohne Zweifel durch die Panik des tödlich verwundeten Mannes. Bei der Waffe handelt es sich um einen Zierdolch von orientalischem Aussehen, der normalerweise auf dem Tisch in der Eingangshalle lag und als Brieföffner benutzt wurde. Miss Martin hat ebenjenen Dolch noch am Morgen vor dem Frühstück an seinem üblichen Platz gesehen.«
»Es muss eine Menge Blut am Tatort gewesen sein«, bemerkte ich. »Der Angreifer muss sich von oben bis unten besudelt haben.«
»Das sehe ich genauso«, stimmte Lefebre zu. »Das gilt für jeden in der Nähe des Leichnams. Mrs. Craven, die den Toten entdeckt hat, und Miss Martin, die Mrs. Craven bei der Leiche gefunden und sie von ihr weggezogen hat, waren beide mit Blut besudelt. Es gibt keinen offensichtlichen Tatverdächtigen. Mrs. Cravens Gesundheitszustand war in letzter Zeit einigermaßen besorgniserregend … ihre geistige Gesundheit, heißt das …«
Charles Roche regte sich. »Ich muss protestieren, Sir, gegen den Versuch, die Ermittlungen zu beeinflussen!«, sagte er. »Meine Nichteist eine schmächtige Person. Gütiger Gott, Lefebre! Was wollen Sie mit Ihren Worten andeuten?«
»Mein lieber Freund, ich will überhaupt nichts andeuten«, erwiderte Lefebre mit unerschütterlicher Gelassenheit. »Doch die Polizei muss informiert werden, und das kann genauso gut jetzt gleich
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