Neugier und Übermut (German Edition)
Dank«, antwortete ich.
»Thank you. So we finish in French!«
Sam begleitete uns zum Auto, den kleinen Pudel auf dem Arm. Als wir den Sunset Boulevard hinabfuhren, schob er den Rasenmäher in die Garage.
Der Künstler von Los Alamos
Vor Urzeiten schon haben in dieser Gegend von New Mexico Indianer gelebt und Bilder in Steine geritzt. So etwa 3500 ante dominum – würden wir Weißen sagen. Dargestellt wird auf den Felsen etwa die gefiederte Schlange Quetzal, Hüterin des Wassers und der heiligsten Quelle des Tewa-Volks. Die Schlange Quetzal wacht über Wasser und Land. Wenn sich die Menschen aber nicht genügend um Wasser und Land kümmern, wird die Schlange das Wasser zu Feuer verwandeln.
Umgeben von den Ruinen alter Pueblos liegt hier auf einer Mesa, einer Hochebene, Santa Fe, im indianischen Pueblo-Stil gebaut, heute eine der schönsten Städte Amerikas. Ein Ort, der Ruhe ausstrahlt und Künstler aus dem ganzen Land anzieht.
Canyons haben sich tief in die Hochebene gegraben. In den Wäldern äsen Herden von Elchen, Rehen und Hirschen. Bären reiben sich an den Bäumen. Am Himmel bilden Wolken abends oder morgens wechselnde Kulissen für prachtvolle Szenerien vor der mal zarten, mal knalligen Morgen- oder Abendröte.
Knapp eine Dreiviertelstunde fährt man mit dem Auto nach Los Alamos. Und es war noch derselbe Sommer, in dem ich Sam Cohen, den Erfinder der Neutronenbombe, in Beverly Hills besucht hatte. Hier im Nationallabor von Los Alamos half Sam, »Fat Man« zu bauen, wie sie die Atombombe nannten, die über Nagasaki abgeworfen wurde und mit einem Schlag 39 000 Menschenleben ausgelöscht hatte.
Während Sam Cohen sich freute, dass Präsident Ronald Reagan endlich seine Erfindung der Neutronenbombe in 700 Exemplaren bauen ließ, hatte der Künstler Tony Price in dem kleinen Ort El Rancho, von Santa Fe kommend, eine Viertelstunde vor Los Alamos, am Straßenrand riesige Skulpturen aus edlen Metallen aufgestellt, die wie neue Wesen wirkten zwischen den verwitterten roten Felsen. Nukleare Kachinas nannte er sie, indianische Göttergestalten des Atomzeitalters, hergestellt aus Material, das beim Verschrotten von Atom- und Wasserstoffbomben abfällt.
In New Mexico war der damals dreißigjährige Tony Price 1967 hängengeblieben, nachdem er als Künstler durch die Welt gezogen war.
In El Rancho besuchte er einen Freund und stieß auf einen legendären Ort. Hier steht heute noch das »El Rancho«-Hotel, in dem fast alle großen Schauspieler und Stars von Hollywood übernachtet haben, als in dieser Gegend noch Western gedreht wurden. Man kann in einem Ronald-Reagan-Zimmer übernachten mit zwei großen Holzrädern am Kopfende des riesigen Bettes und goldenen Wasserhähnen im Bad. Bilder von John Wayne, Burt Lancaster, Errol Flynn, Humphrey Bogart, Jane Fonda, Kirk Douglas, Katherine Hepburn, Rita Hayworth hängen neben Hunderten anderen Schauspielerporträts in der Eingangshalle. Alle haben sie im »El Rancho«-Hotel gewohnt, bis der alte Western Mitte der sechziger Jahre abgedankt hatte.
Tony Price baute sich ein eigenes Holzhaus. Und während er die Gegend erkundete, spürte er auf einem Schrottplatz ein paar Meilen hinter Los Alamos, wofür und wie er wirklich leben wollte: als »atomic artist« – Atom-Künstler.
Es war ein besonderer Schrottplatz, den er mir zeigte. Tony trug einen vergammelten Hut mit breiter Krempe, ein braunes Hemd und Jeans. Die riesige Sonnenbrille im Pilotenlook war so verspiegelt, dass ich seine Augen nicht sehen konnte. Um Rohmaterial für seine Figuren einzukaufen, fuhr er einmal in der Woche zum Altwarenhändler. Auf seiner Einkaufsreise durchquerte er den Geburtsort des Atomzeitalters, Los Alamos, ein Ort, der heute Touristen damit umwirbt, dass hier ein Golfclub liegt – und die Bombe von Hiroshima gebaut wurde.
In den Atomlabors wurden die schönsten Röhren, Schalen, Kugeln, Metalle, allerlei Formen für Forschung und Bau von Waffen benutzt, die wegen ihrer unglaublichen Zerstörungskraft das Denken der Menschheit verändert haben. Formen für Millionen von Dollar aus teuerstem Material hergestellt.
Das Ziel von Tony Price war der riesige Schrottplatz, auf dem die teuren Abfälle aus der Atomfabrik für ein paar Dollar verkauft wurden. Eine Stunde täglich war das Gelände geöffnet, und die etwa zwei Dutzend Einkäufer stehen regelmäßig schon vor der Zeit an, um die Konkurrenten auszustechen.
Um seine Figuren bauen zu können, suchte Tony Price nach besonders
Weitere Kostenlose Bücher