Neugier und Übermut (German Edition)
eine zu nehmen, obwohl ich überhaupt nicht weiß, wie man eine Zigarre raucht. Geschweige denn, dass es mir Spaß machen würde. Ich habe den kubanischen Tabakstengel gleich nach dem Anzünden in einen Aschenbecher gelegt und dort vergessen, weil mir ein Schwenker mit uraltem Cognac gereicht wurde.
Ein paar Jahre später habe ich auch mit Gerhard Schröder ein Dreistundengespräch für Phoenix geführt, ein Jahr nachdem er abgewählt worden und seine Biographie erschienen war. Aber er wollte nach zwei Stunden Pause machen. Die dritte Stunde zeichneten wir einen Tag später auf. Schröder war von einem offensichtlich fröhlichen Mittagessen zur Aufzeichnung des ersten Teils unseres Gesprächs in das Studio von Phoenix am Pariser Platz gekommen. Zur Bewirtung waren in einem Nebenraum einige Getränke bereitgestellt worden, unter anderem auch eine gute Flasche gekühlten Weißweins. Die trank Gerhard Schröder nach der Aufzeichnung der ersten beiden Gesprächsstunden zu einem guten Teil aus und erzählte Dönekes, wie der Rheinländer heitere Geschichten nennt.
In seiner Biographie beklagt Schröder, dass der amerikanische Präsident George W. Bush sich stark von seinem Glauben habe lenken lassen. Das habe bei manchen zu Verwirrung geführt. Aber leider erzählte er das erst nach der Aufzeichnung der Sendung beim Wein.
Eines Tages sei der jordanische König Abdullah II., der Schröder sehr verehrte, nach Berlin gekommen und habe ihm erzählt, er sei in Washington bei Bush gewesen und der habe gesagt, Gott habe ihm im Gebet befohlen, den Krieg gegen den Irak zu führen. Das habe ihn verwirrt, und er wisse nicht, was er davon halten solle.
Schröder lachte und sagte: »Ich habe ihm einen guten Rat gegeben. Das nächste Mal, habe ich König Abdullah empfohlen, wenn Sie wieder nach Washington fahren, dann können Sie Bush berichten, Gott habe dem deutschen Bundeskanzler im Gebet etwas anderes gesagt.«
Schade, dachte ich, dass Schröder mir das nicht während der Sendung erzählt hat. Aber vielleicht wollte er diskret sein oder aber das Ganze sind wirklich nur Dönekes.
Nebenbei, auch das sollten wir nicht vergessen: Vor dem Irak- Abenteuer hat uns Bundeskanzler Gerhard Schröder bewahrt. Angela Merkel wollte sich an die Seite von George Bush stellen.
Als Schröder ins Amt kam, waren die Zeiten vorbei, die Helmut Kohl noch mit Adenauers Lehrspruch beschrieben hat, vor der französischen Tricolore müsse ein deutscher Kanzler sich dreimal verneigen, vor der deutschen Fahne nur einmal. Schröder verneigte sich nur einmal, denn seit der Einheit ist die These hinfällig, wonach Deutschland ein politischer Zwerg ist.
Deutschland ist, so sagte es Jacques Chirac bei seinem Staatsbesuch im Sommer 2000 vor dem Bundestag etwas übertreibend, eine Großmacht. Schröder verhielt sich jedoch nicht als Regierungschef einer Großmacht. Wer ihn im Umgang mit Bill Clinton oder Jacques Chirac erlebt hat, der hat einen bescheidenen Mann gesehen, der zuhört, der um Rat fragt, sich zurückhält. Er hat nicht den starken Mann dargestellt, der ein Volk von achtzig Millionen Menschen führt. Bei jenem Staatsbesuch von Jacques Chirac im Sommer 2000, hatte Schröder mich zum Mittagessen eingeladen und direkt rechts von der neben ihm sitzenden Bernadette Chirac platziert. Ich könne schließlich Französisch und Madame Chirac gut unterhalten. Bernadette Chirac ist eine scharfzüngige Frau. Sie fragte mich im Lauf des Essens, wie viele Kinder Schröder habe.
»Keines«, antwortete ich ihr.
»Aber ich habe doch ganz viele Fotos von ihm mit Kindern gesehen!«, sagte Madame Chirac.
»Ja, das waren immer die Kinder, die seine Frauen jeweils von anderen Männern hatten, bevor er sie geheiratet hat.«
»Dann muss er kurz vor der nächsten Wahl ein Baby bekommen«, sagte Madame Chirac, »und er wird gewinnen.«
»Das müssen Sie ihm sagen«, schlug ich ihr vor.
»Nein, das kann ich nicht.«
Ich beugte mich nach vorn, sagte: »Herr Bundeskanzler, Madame Chirac hat einen politischen Vorschlag der Ihre Wiederwahl garantiert.«
Schröder neigte sich ihr freundlich zu. Sie machte den Vorschlag.
Da sagte Schröder: »Ach wissen Sie, Madame, ich komme nicht dazu. Ich bin so viel auf Reisen.«
»Dafür braucht man nicht viel Zeit«, antwortete Bernadette Chirac trocken.
»Ich werde Sie als Erste anrufen«, sagte Schröder lachend, »wenn es so weit ist.«
Gerhard Schröder hat als Kanzler viel geleistet.
Die deutsche Öffentlichkeit aber
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