Neugier und Übermut (German Edition)
Auswirkung auf den Geschmack des Käses.
Im Larzac kämpften die Bauern in den siebziger Jahren gegen die Ausdehnung eines Übungsgeländes für das Militär. Und zu den militanten Gegnern des Militärs gehörten auch die Girauds. Ihren modernen Schafstall haben sie mit Hilfe von Leuten nicht nur aus Frankreich, auch aus der Bundesrepublik und anderen Ländern illegal gebaut. In einem Dutzend Sprachen steht auf dem Giebelbalken, dass Waffen Instrumente der Barbarei seien, wie es General de Gaulle einmal gesagt hat. Und auf dem roten Schlussstein steht auf okzitanisch: »Obwohl gesetzwidrig gebaut, nahmen wir uns das Recht, hier zu leben.«
So hat mir mein Freund der Käsehändler Roland, der mir die Gebrüder Laur aus Roquefort vorstellte, tiefere Einblicke in sein Land ermöglicht, als sie manche Franzosen wahrnehmen. Und mit meinen Filmen über Käse und seine Legenden, wie den Roquefort, habe ich mich seiner Ansicht nach für den französischen Rohmilchkäse verdient gemacht.
Im Herbst 2011 kamen er und Claudine nach Hamburg, wo ein »chapitre« – eine Sitzung – der inzwischen »Internationalen« Guilde de Saint Uguzon stattfand.
Wieder stand ein gutes Dutzend Männer in alten Gewändern und merkwürdigen Kopfbedeckungen auf einem Podest. Wieder hielt Roland eine Laudatio auf mich, gab mir dreimal die Bise, überreichte mir eine Urkunde und hängte mir wieder ein breites grün-weiß-orangenes Band um den Hals, diesmal aber war die daran hängende Medaille vergoldet. Damit ernannte er mich zum ›maître honoris caseus‹. Ehrenkäsemeister. Höher kann ich in der Gilde nicht mehr steigen. Und außer mir trägt diesen Ehrentitel in Deutschland nur noch eine einzige andere Person: der deutsche Koch des Jahrhunderts, Eckart Witzigmann.
Ohne Krieg, ohne Hass – der Friedenssatellit
des Junior Torres de Castro
Die Teufelsinseln liegen in Sichtweite vor der Küste, dem Dschungel von Französisch Guyana. Zwei Stunden pflügte die Barkasse gegen den Wind durch die mehrere Meter hohen Wellen, bis sie die kurze Strecke geschafft hatte. Gut acht Seemeilen. Der Kapitän vollbrachte ein Kunststück. Immer wenn das kleine Fährboot auf dem Kamm einer Welle scheinbar zum Stillstand kam, stellte er die frei in der Luft hängende Schiffsschraube aus, weil sie sonst durchgedreht wäre. Wieder ins Wasser des Wellentals hinabgestürzt gab er Gas. Ich stand hinter dem Steuerhaus und hielt mich an einer Stange fest, sonst hätte die Sturzfahrt mich manches Mal von den Füßen gerissen.
Ein lauter Schrei drang aus der Kabine, in der Junior Torres de Castro zwischen den übrigen Passagieren saß. Eine Frau war von ihrem Sitz gerissen worden, gestürzt und hatte sich das Bein gebrochen. Sie wurde vorsichtig an der Mole der Île Royale von Bord getragen. Doch Hilfe gab es hier nicht. Notdürftig versorgt, würde sie am Nachmittag den Weg in den Hafen von Kourou mit demselben Boot nehmen müssen. Allerdings würde die Überfahrt mit dem Wind im Rücken ruhiger werden.
Eigentlich heißt nur der kleinste, im Norden liegende Felshaufen Île du diable –Teufelsinsel. Sie ist im Umfang gerade einmal einen Kilometer groß, und als die Franzosen hier noch das schrecklichste Zuchthaus der Welt betrieben, beherbergte sie die übelsten Verbrecher. Mit der Île Royale, der Hauptinsel, ist sie nur über ein Versorgungskabel verbunden. Wilde Wellen und starke Strömungen umtosen die drei Inseln. Als ich in das schäumende Meer schaute, wo angeblich auch Haifische schwammen, dachte ich, wer sich hier ins Wasser wagt, ersäuft unweigerlich. Nur Papillon hatte mit dem Floß entkommen können, und sein Bericht von der Flucht, später mit Steve McQueen verfilmt, hat den Ruf des grässlichen Inselgefängnisses, das schon wegen seines berühmtesten Insassen, dem unschuldig verurteilten Hauptmann Dreyfus berüchtigt war, noch gefestigt. Vergessen scheint ihr alter Name, nämlich Îles du salut – Inseln des Heils, den sie von Siedlern im 17. Jahrhundert erhielten, als die sich dorthin vor dem Gelbfieber, das auf dem Festland ausgebrochen war, retteten.
Junior Torres hatte mir am Abend zuvor diesen Ausflug vorgeschlagen, nachdem der Start der Ariane-Rakete wieder einmal wegen schlechten Wetters abgebrochen worden war.
Mitten im Dschungel von Französisch Guyana steht eine Telefonzelle.
An ihr lehnte nachts um zehn schon seit einer Stunde der kleine Mann mit dem Hörer in der Hand inmitten des Gequakes der Frösche, sprach laut portugiesisch
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