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NeuGier

NeuGier

Titel: NeuGier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa McNight
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runterzukommen. Also nahm Kate, die sich inzwischen beruhigt hatte und das Warten nicht länger ertrug, allen Mut zusammen.
    Henrys fröhliches »Herein« ließ sie die Stirn runzeln. Ihre Verwunderung nahm nicht ab, als sie ihn vor der Staffelei sah. Noch immer trug er nicht mehr als eine Boxer-Shorts, doch in einer Hand hielt er nun die Palette und in der anderen einen Pinsel. Da er diesen nicht absetzte, sah er auch nicht auf, doch er lächelte.
    »Hey, wie geht’s?«, erkundigte er sich leichthin. »Ich wäre jeden Moment unten gewesen. Bin hier gleich fertig.«
    Kate trat hinter ihn und betrachte die Leinwand über seine Schulter hinweg. Das Bild war in Rottönen gehalten. Obwohl es nicht direkt etwas darstellte, sprühte es dennoch vor Erotik.
    »Eine rote Phase hattest du noch nicht«, stellte sie fest.
    »Nein, stimmt. Was hältst du davon?«
    Diese Frage konnte er ihr doch nicht allen Ernstes stellen! »Hm, nun ja …«, hob sie an und reagierte ehrlich. »Es sieht toll aus.«
    »Danke, Darling! Ich bin total glücklich damit.« Endlich wandte er sich zu ihr um. Er strahlte geradezu. »Ich bin sofort bei dir.«
    Kate nickte und ließ ihn wieder allein, schlich mit jäher Taubheit in den Gliedmaßen die Treppe hinunter und aus dem Haus. Auf der Veranda angelangt, setzte sie sich auf die Holzstufen und füllte ihre Lungen mit Sauerstoff.
    Es sah danach aus, als hätte Henry seine unkreative Phase überwunden – und er war glücklich darüber, natürlich war er das. Allerdings schien er vor lauter Euphorie vergessen oder verdrängt zu haben, was der Auslöser gewesen war. Am Auslöser gab es für Kate keinen Zweifel. Jill würde sich, egal was sie von Henry und seiner Kunst hielt, wahrscheinlich geehrt fühlen.
    Eine halbe Stunde später hörte sie Henry durchs Haus laufen. Die Eingangstür wurde geöffnet, seine Schritte brachten die Holzplanken zum Knarren.
    »Hier bist du.« Er setzte sich neben sie. Mit einem Seitenblick stellte Kate fest, dass er eine Jeans und ein Sweatshirt übergezogen hatte. Die Beine ausstreckend, mit den Zehen wackelnd, stützte er den Oberkörper auf den Armen ab und legte den Kopf in den Nacken. »Ich bin so froh, dass es vorbei ist«, sagte er und schickte ein Seufzen hinterher.
    Dahingegen hatte Kate das Gefühl, es habe gerade erst begonnen. Wie auch immer Es zu definieren war. Dass er mit Jill im Bett gewesen war, wollte sie eigentlich gar nicht ansprechen, konnte aber dazu auch nicht schweigen.
    Henry kam ihr zuvor. »Ach ja, und diese Sache mit Jill …«, begann er und klang schon weniger heiter. »Ich möchte nicht, dass du das überbewertest.«
    »Ich könnte es nur dann überbewerten«, antwortete Kate, »wenn ich es überhaupt bewerten würde. Da ich aber nicht weiß, was ich davon halten soll, macht es …«
    »Dann vergiss es einfach«, fiel Henry ihr ins Wort. »Ich habe es bereits vergessen.« Er rutschte hinter Kate, sodass sie zwischen seinen Beinen saß, schlang die Arme um sie und legte das Kinn auf ihrer Schulter ab. »Ich bin einfach nur froh, dass du da bist … dass du noch da bist, nach diesen ganzen Monaten. Danke, dass du mich erträgst in diesen Zeiten, als sei es selbstverständlich. Ich weiß, dass es das nicht ist.«
    Kate dehnte das Schweigen aus. Der Nachmittag wurde zum Abend, und der Mond, der gestern noch voll am Himmel gestanden hatte, verbarg seine heute nicht mehr ganz so runde Form hinter Wolken. Das Gestern war perfekt gewesen, kam es ihr in den Sinn, während das Heute einen außerordentlich kaputten Eindruck auf sie machte – egal aus welcher Perspektive und vor welchem Hintergrund man es betrachtete.
    »Es wird nicht das letzte Stimmungstief gewesen sein«, machte sie Henry bewusst. »Was, wenn es das nächste Mal eines ähnlichen Auslösers bedarf? Soll ich dann wieder so tun, als sei es nicht passiert?«
    »Wer weiß schon, was in Zukunft geschieht«, konterte er. »Solange wir wissen, wohin wir gehören und was wir aneinander haben, sollte uns derlei nicht aus der Bahn werfen.«
    »Henry, beinahe ein halbes Jahr hast du nicht gewusst, was du an mir hast, und du hast dich wenig darum bemüht, dich zu erinnern. Was ist, wenn ich mich in diesem halben Jahr verändert habe? Bin ich noch dieselbe Kate? Erkennst du mich noch?«
    Jetzt lachte er und zog sie an seine Brust. Seine Hände streichelten über ihre Unterarme. »Selbstverständlich erkenne ich dich, und natürlich bist du noch dieselbe Kate.« Er platzierte einen Kuss in ihrem

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