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Neukölln ist überall (German Edition)

Neukölln ist überall (German Edition)

Titel: Neukölln ist überall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Buschkowsky
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auch BuT nicht – das Bildungs- und Teilhabepaket, das einen Teil der Kosten übernimmt.
    Aufgrund unserer Erfahrungen, dass kleine Schlampereien wie häufiges Zuspätkommen, beginnende Aggressivität gegenüber Lehrern und asoziales Verhalten gegenüber Mitschülern die Vorboten von schwerwiegenden Verhaltensauffälligkeiten sind, haben wir in Neukölln das System der Schulstationen immer weiter professionalisiert. Ursprünglich hatte der Senat dieses Projekt angestoßen. Als es dann darum ging, es zu verfestigen und auszubauen, versiegte der Geldstrom. Da die Schulstationen jedoch eine solch positive Wirkung erzielten, entschlossen wir uns, das Netz aus eigenen Mitteln weiter auszubauen. Im Jahre 2005 verfügten wir über vier Schulstationen, 2006 waren es schon sechs, und 2008 erweiterten wir das Angebot um zusätzliche zehn. 2013 kommen sieben Schulstationen hinzu, so dass dann 23 Grundschulen über diese aus Bezirksmitteln finanzierte Hilfestellung verfügen.
    Schulstationen sind bei uns ethnisch gemischte Sozialarbeiterteams, die auf Hinweis aus der Lehrerschaft die Betreuung einzelner Schülerinnen und Schüler schulbegleitend übernehmen. Sie machen präventive Angebote zur Vermeidung von Schuldistanz, beraten bei Konflikten und suchen Problemlösungsstrategien. Auch die Kontaktaufnahme zu den Eltern, Hausbesuche und die Stärkung des Selbstwertgefühls von Schülerinnen und Schülern gehören in das Aufgabenspektrum. Die Schulstationen stellen also eine Erweiterung der Professionalitäten und des Leistungsspektrums über das reine Lehrerkollegium hinaus dar. Sie übernehmen Einzelaufgaben, kümmern sich um Schulschwänzer, helfen Schülern bei der Bewältigung ihrer Probleme oder schlichten Konflikte zwischen den Kids. Das alles erfordert oftmals weit mehr Zeit, als eine Lehrkraft aufbringen könnte. Die Kosten pro Schulstation belaufen sich auf 75   000 Euro im Jahr.
    Beim Start hatten wir die Schulstationen organisatorisch dem Jugendamt zugeordnet. Das entsprach einer üblichen Regelung im Land Berlin. In der Praxis verschoben sich die Tätigkeitsfelder jedoch immer mehr in Richtung Jugendhilfe und allgemeine Jugendarbeit. Die Aufgaben der schulbegleitenden, insbesondere schulunterstützenden Arbeit traten in den Hintergrund. So war das aber nicht gedacht, denn nun entstand ein Konkurrenzdenken und Konkurrenzverhalten. Eigentlich die traditionelle Hassliebe zwischen Jugendarbeit und Wissensvermittlung oder Sozialpädagogik und Pädagogik. Jugendamt und Schulamt, Jugendeinrichtungen und Schulen mochten sich in Berlin noch nie. In Schulzentren eingelagerte Jugendclubs scheiterten. Additive Vorklassen in Kindertagesstätten scheiterten ebenfalls. Und sozialpädagogisches Personal hat sich stets vom pädagogischen schlecht behandelt gefühlt (und umgekehrt).
    Aus den im Alltag hinderlichen »Menscheleien« haben wir die Konsequenzen gezogen. Seit dem Schuljahr 2011/2012 sind die Schulstationen organisatorisch und personell den Schulen zugeordnet. Das gefällt natürlich dem Jugendwesen nicht, und so beschäftigen wir uns wieder mit uns selbst, statt uns unseren gesellschaftlichen Aufgaben zu widmen. Nichts ist so schön wie die Verwaltungsonanie und das Gerangel um Zuständigkeiten.
    Eigentlich beschränke ich mich in diesem Kapitel auf Dinge, die der Bezirk ins Leben gerufen hat, die also in der öffentlichen Hand liegen. Ich will bei zwei Initiativen davon abweichen, weil sie für das Gesamtthema wichtige Fingerzeige geben. Das eine ist das Projekt »Hürdenspringer«, das einen sehr positiven Verlauf nimmt. Das andere ist das Projekt »Hauptschüler in den Beruf« (HiB), mit dem wir gescheitert sind.
    Der Träger von »Hürdenspringer« ist das Unionhilfswerk. Nach einer Aufbauphase 2008 hat das Projekt 2009 seinen regulären Betrieb aufgenommen. »Hürdenspringer« ist ein Mentorenprojekt 1:1 für Schülerinnen und Schüler ab der 8. Klassenstufe. Derzeit sind zwei Neuköllner Sekundarschulen und ein Gymnasium einbezogen. Das Prinzip ist schnell erläutert. Ein ehrenamtlicher Erwachsener begleitet als Pate einen Jugendlichen aus prekären Familienverhältnissen bis zum Abschluss der 10. Klasse. Der Pate inspiriert das Freizeitverhalten, kümmert sich begleitend um den Schulbesuch und die Hausarbeiten, berät beim Berufswunsch, hilft bei der Praktikumssuche und ist einfach für seinen Jugendlichen immer da. Er ist Elternersatz. Über 150 Tandems gibt es inzwischen. Der Erfolg kann sich sehen lassen. Die

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