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Neuland

Neuland

Titel: Neuland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskhol Nevo
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du über den Markt gehst. Was dich interessiert, an welchen Ständen du stehen bleibst. Ich möchte, dass du dir deinen Vater vorstellst, wie er über den Markt geht, und dass du mir alles sagst, was dir dabei in den Kopf kommt.
    Wozu, verdammt noch mal, hast du mir dann das Fernglas gegeben?
    Hey, man … Alfredo zeigt wieder seinen Goldzahn, das war nur, damit du die Vorderseiten der Touristinnen besser betrachten kannst.
    Jetzt hör mir mal zu … Señor Alfredo – sagt Dori, verliert fast die Kontrolle, würde ihm am liebsten eine reinschlagen, dass dieser Zahn rausfliegt und noch ein paar andere dazu –, ich bin nicht hierhergekommen, um den Touristinnen auf den Busen zu gucken. Ich bin gekommen, um meinen Vater zu finden. Und ich versteh nicht, warum wir nicht, statt wie Idioten den Markt anzuglotzen, so etwas Einfaches machen wie in den Hotels nachfragen, ob er da geschlafen hat.
    Look , Dori – Alfredo klingt für einen Moment nachtragend –, ich werd dir etwas erzählen. Vor einem Jahr ist hier in den Wäldern ein Franzose verloren gegangen. Seine Eltern hatten eine dicke Brieftasche, und so haben sie einen ganzen Trupp von Leuten engagiert und einen Monat lang das ganze Gebiet abgesucht, Meter für Meter, und haben ihn nicht gefunden. Zum Schluss haben sie mich als Berater angeheuert. Ich bin da hingegangen und habe seine Leiche in zwei Tagen gefunden. Warum? Weil sie geordnet gesucht haben und ich versucht habe verloren zu gehen. Ich habe mir den Ort angeschaut, wo man ihn das letzte Mal gesehen hat, und habe dann versucht zu gehen wie einer, der nicht weiß, wohin er geht. Wie einer, der sich bemüht, auf den paar Zentimetern zwischen zwei Büschen einen Weg zu erkennen.
    Dieser Mann geht mir allmählich auf die Nerven mit seiner Scheißselbstgefälligkeit, denkt sich Dori und sagt: Okay, und dann?
    Die Welt ist nicht wirklich geordnet, Dori. Das erzählen wir uns nur selbst, damit wir weiterleben können. Die Welt ist ein großes quilombo. Meinst du wirklich, ich hätte keine Leute losgeschickt, um in den Hotels nachzufragen? Ich habe welche geschickt, und der Name deines Vaters taucht in den Gästelisten nicht auf, und trotzdem sage ich dir, er ist hier gewesen.
    Aber …
    Look , Dori. So arbeite ich eben. Wenn es dir nicht gefällt, wenn du mir nicht vertraust – dann sag es mir jetzt. Es gab noch drei andere Suchexpeditionen, die ich hätte übernehmen können, aber ich habe mich für euch entschieden, denn eure Geschichte … hat mich in der Seele berührt. Wenn du kein Interesse hast, musst du’s nur sagen, und ich packe hier an Ort und Stelle ein, mich und mein Büro, und verlange keinen Peso von dir.
    Hurensohn, denkt sich Dori und wartet einen Moment mit seiner Reaktion, obwohl er sie im Herzen schon kennt.
    Komm mit auf den Markt, Amigo, sagt Alfredo und legt ihm die Hand auf die Schulter. Komm, bevor die Preise hochgehn.
    Sie steigen hinunter auf den Platz und werden gleich mitten hinein gezogen, schieben sich durch die engen Durchgänge zwischen den Ständen. Dori probiert gelbe, ihm unbekannte Kerne, betastet Birnen in der Größe von Wassermelonen, beißt in Wassermelonen,die nach Birnen schmecken, drängt sich zwischen Indianern mit langen Zöpfen hindurch, riecht ihren Schweiß, riecht scharfe Gewürze, niest über einem Kürbis; er stellt sich für einen Moment vor, er wäre auf dem Markt in Jerusalem, und der Verkäufer würde gleich zu ihm sagen: Ja, abbale , und was willst du? Er kauft sich ein Paar Socken, ein weißes T-Shirt, auf das der Kalender der Inkas gedruckt ist, und einen Wollpullover mit einem Muster aus Rechtecken, alles zu einem lächerlichen Preis, und bleibt gebannt vor einem Stand mit Masken stehen, Dutzende von Masken in wilden Farben, aufgereiht auf Stöcken, wie in einem Theater, nur ohne Stück, Masken mit Hörnern, Masken, die die Zunge rausstrecken, rote, orangefarbene, hellblaue, fast kauft er eine für Neta, fürchtet aber, sie könnte ihm vielleicht Angst machen, und geht weiter zu einem Stand mit Stoffen. Die Verkäuferin breitet sie vor ihnen aus, und sie sind wirklich schön, Ze’ela mag solche Sachen, aber es passt irgendwie nicht, von so einer Reise Geschenke mitzubringen. Auf dem Markt ist es voll, aber noch ruhig; es ist eine Menge los, und doch ist alles noch schläfrig faul. Eine Reihe von Männern in Oberhemden sitzt hinter alten Schreibmaschinen unter beigen Sonnenschirmen, und Alfredo erklärt ihm, es handele sich um professionelle

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